Physik: Bewegte Körper schrumpfen

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Hallo DariusJP,

also zunächst einmal der Fachbegriff: Dieses "Schrumpfen" ist die sogenannte Längenkontraktion in der Speziellen Relativitätstheorie.

Und immer, wenn es um die SRT geht, muss man darauf hinweisen, dass ihre Aussagen immer für 2 relativ zueinander bewegte Beobachter gelten. (Daher der Name).

Ein bewegter Körper "schrumpft" also nicht im absoluten Sinne, ok?

Gemeint ist vielmehr das Folgende:

Ein Beobachter, an dem ein Raumschiff mit gleichförmiger hoher Geschwingigkeit vorbeifliegt, der sieht dieses Raumschiff in Richtung der Bewegung gestaucht. Das bewegte Raumschiff sieht für den ruhenden Beobachter also verkürzt aus. Für den mitfliegenden Astronauten ist dagegen alles beim Alten geblieben: Er merkt nichts von einer Stauchung seines Raumschiffes.

Das ist eine ganz wesentliche Aussage der SRT: Raum und Zeit und wie sie uns erscheinen, hängt vom Bewegungszustand ab.

Ungefähr klar?

Wie stark diese Kontraktion, die der ruhende Beobachter sieht, ist, hängt von der Geschwindigkeit ab, mit der sich das Raumschiff bewegt. Der bestimmende Term in der Formel ist der sogenannte Lorentzfaktor, in dem das Verhältnis der Geschwindigkeit und der Lichtgeschwindigkeit c vorkommt.

Hier kannst Du diese Formel nachlesen:

http://www.leifiphysik.de/themenbereiche/spezielle-relativitaetstheorie#L%C3%A4ngenkontraktion

So, und weil ich noch Deinen Kommentar gelesen habe, beantworte ich die Frage darin auch noch:

Angenommen unsere Galaxie bewegt sich nahe an der Lichtgeschwindkeit, würde es auch unter dem Einfluss der Längenkontraktion stehen?

Aus dem eben erklärten ergibt sich: egal wie schnell sich die Milchstraße bewegt: weir selber merken nix von irgendeiner Längenkontraktion, nein.

Man darf hier aber nicht vergessen, dass man bei Geschwindigkeiten immer angeben muss "relativ zu was" ich mich bewege.

Das muss man sich erst einmal klar machen, denn auf der Erde hat man einen festen Erdboden, zu dem ich mich relativ mit einer bestimmten Geschwindigkeit bewege. Im Universum gibt es genau das nicht. Es gibt kein absolutes Bezugssystem, relativ zu dem sich etwas bewegt. Ein Astronaut beim Weltraumspaziergang neben der ISS - wie schnel ist der? Das kann man so nicht sagen: Relativ zur ISS ist er fast in Ruhe, relativ zur Erde bewegt er sich mit über 10000 km/h. Und da haben wir die Bewegung der Erde um die Sonne, die er ja auch mitmacht,noch nicht berücksichtigt.

Wir müssen in Universum also immer sagen, welche 2 Objekte und ihre Relativbewegung wir betrachten wollen.

Jetzt kommt Deine Frage vielleicht(?) daher, dass Du gehört hast, dass sich die entferntesten Galaxien von uns sehr, sehr schnell entfernen, sogar mit Überlichtgeschwindigkeit.

Tatsächlich ist damit aber keine Bewegung einer der beiden Galaxien durch den sie umgebenden Raum gemeint. Sowohl die Milchstraße als auch die entfernten Galaxien bewegen sich keineswegs mit Überlichtgeschwindigkeit durch den Raum. Dieser scheinbare Effekt entsteht durch die Entstehung neuen Raumes zwischen uns und den entfernten Galaxien - die sogenannte Expansion des Universums.

Du kannst Dir das vorstellen wie ein Metermaß aus Gummi. Wenn Du es dehnst, entfernt sich der 0 cm-Strich recht schnell vom 100 cm Strich, gänzlich ohne relativ zum 1 mm-Strich eine hohe Relativgeschwindigkeit zu haben.

Und weil diese Bewegung durch den Raum zwischen und und dort zustandekommt, kann sie auch mit Überlichtgeschwindigkeit erfolgen, ohne ein Verstoß gegen die SRT zu sein.

Grüße

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Diplom in Physik, Schwerpunkt Geo-/Astrophysik, FAU

DariusJP 
Beitragsersteller
 03.02.2015, 19:04

Vielen Dank, das ist mehr als ich erhofft hatte. Mich hat nur die Vorstellung, dass die anderen Galaxien sich nur scheinbar von uns entfernen, was sich anhand der Rotverschiebung ja beobachten lässt, weil die Milchstraße "schrumpfen" könnte, wie alle anderen Galaxien, fasziniert. Das ist offensichtlich nicht der Fall und das Universum expandiert. Bleibt trotzdem spannend!

Wenn aber Raum und Zeit wie wir es wahrnehmen relativ von der Geschwindigkeit abhängt, kann es doch theoretisch sein, dass Galaxien dem SRT unterliegen? Oder wo ist mein Denkfehler?

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DariusJP 
Beitragsersteller
 03.02.2015, 19:08
@DariusJP

PS: Ich habe ausversehen den traurigen Smiley eingeloggt, statt den sehr glücklichen. Nicht falsch verstehen, ich bin sehr dankbar über die ausführliche Antwort.

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Hallo DariusJP,

das "Schrumpfen" ist nach der Speziellen Relativitätstheorie eine Folge der Bewegung. Einstein hat postuliert, dass die Geschwindigkeit des Lichts in allen Bezugssystemen dieselbe ist. Daraus folgt auch, dass die Länge eines Körpers in Bewegungsrichtung kontrahiert, also verkürzt wird. Dies trifft aber nur auf die Länge in Bewegungsrichtung zu. Sollte sich zum Beispiel ein Kreis sehr schnell bewegen, so schrumpft er nicht etwa zu einem kleinen Kreis zusammen, er wird vielmehr zu einer Ellipse, da seine "Breite" immer noch gleich groß bleibt.

Diese Effekte werden wir im Alltag allerdings nicht bemerken. Die Lichtgeschwindigkeit ist außerordentlich groß und alles, was sich mit weniger als 10% der Lichtgeschwindigkeit bewegt, wird keine allzu große Längenänderung erfahren. Denn ein Körper, der sich mit 10% der Lichtgeschwindigkeit bewegt, wird lediglich um 0,6% kürzer.

LG, KosmoFreak.


DariusJP 
Beitragsersteller
 03.02.2015, 14:55

Angenommen unsere Galaxie bewegt sich nahe an der Lichtgeschwindkeit, würde es auch unter dem Einfluss der Längenkontraktion stehen?

Vielen Dank schonmal! Super erklärt.

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KosmoFreak  03.02.2015, 23:02
@DariusJP

Aus Sicht einer anderen Galaxie schon. Die Längenkontraktion wirkt auf alle Objekte, egal wie groß sie sind.

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Du meinst die Längenkontraktion, d.h. die bewegten Körper werden kürzer in die Richtung in die sie sich bewegen (relativ gesehen, also von einem unbewegten Intertialsystem aus gemessen, d.h. für den bewegten Körper, z.B. ein Raumschiff ist kein Unterschied messbar). Diese Effekt tritt erst bei Geschwindigkeiten in der Nähe der Lichtgeschwindigkeit ein.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Masterstudium Physik

Die Antworten waren fast richtig. Aber man beobachtet nicht ein vorbeifliegendes Raumschiff, sondern blickt ihm nach. Der Beobachter misst in seinem System die Zeiten, die das Licht bis zum Heck des Raumschiffs und bis zum Bug braucht. Aus diesen Laufzeiten berechnet er die Länge des Raumschiffs. Ein Insasse des Raumschiffs misst, wie lang Licht vom Heck zum Bug braucht. Da die Lichtgeschwindigkeit unabhängig vom Bezugssystem ist, misst und berechnet der Beobachter von außen eine andere Länge als ein Insasse.