ökologischer Imperativ

2 Antworten

Hans Jonas ergänzt damit den von Immanuel Kant dargelegten kategorischen Imperativ, wie er in einer auf den Menschen als Zweck an sich selbst bezogenen Fassung zum Ausdruck kommt.

Immanuel Kant, Grundlegung zur Metaphysik der Sitten (1785/1786). Zweiter Abschnitt. Übergang von der populären sittlichen Weltweisheit zur Metaphysik der Sitten. AA IV 429/BA 66 - 67:

„Der praktische Imperativ wird also folgender sein: Handle so, daß du die Menschheit, sowohl in deiner Person, als in der Person eines jeden anderen, jederzeit zugleich als Zweck, niemals bloß als Mittel brauchest.

Aufgrund einer inzwischen vorhandenen Möglichkeit zu Vernichtung einschließlich einer Selbstauslöschung und einer Zerstörung des Planeten Erde stellt Hans Jonas ein erstes Gebot der Ethik auf, das als Bezug auf die Zukunft und Überlebenschancen gedacht ist. Ein dauerhaftes Überleben der Menschheit ist nicht gesichert und keine Selbstverständlichkeit. Daher gehört zur Verantwortung, an ihre Erhaltung zu denken und dies bei Entscheidungen zu berücksichtigen.

Hans Jonas, Das Prinzip Verantwortung. Versuch einer Ethik für die technologische Zivilisation. 1. Auflage. Frankfurt am Main : Insel-Verlag, 1979, S. 36:

„Handle so, daß die Wirkungen deiner Handlung verträglich sind mit der Permanenz echten menschlichen Lebens auf Erden.“

Es soll vermieden werden, etwas zu tun, was das Überleben der Menschheit gefährdet. Für dieses Gebot der Existenz/des Erhaltens der Menschheit versucht Hans Jonas eine Begründung zu geben.

Der Gedankengang in seinen großen Schritten ist:

a) Versuch des Aufweisens einer objektiven Zweckhaftigkeit des Seins/der Natur in sich, unabhängig von menschlicher Deutung

b) Versuch, die Zweckhaftigkeit als ein Gut an sich zu zeigen

c) Ableitung einer kategorischen Pflicht zur Erhaltung dieses Gutes aus diesem Gut

Hans Jonas vertritt als Grundannahme die Auffassung, es gebe in der Natur die Erfüllung von Zweckhaftigkeit, eine Zielausrichtung auf die Selbsterhaltung und das Nutzen von Möglichkeiten zur Weiter- und Höherentwicklung, eine dem Ganzen innewohnende Selbstbejahung. Bei dem Zweck, wozu etwas da ist oder geschieht, sei der Sachverhalt der Zweckerfüllung unabhängig von subjektiver Setzung/Beurteilung/Überzeugung.

Werte werden von Zwecken abgeleitet. Der Wert bezeichnet die Tauglichkeit für das Erreichen von Zwecken. Das Bestehen von Zwecken ermöglicht die Unterscheidung von Gut (= Wert) und Übel. Erreichen des Zwecks ist ein Gut, Verhinderung des Zwecks ein Übel. Zwecke zu haben, ist ein Gut an sich und damit ein Wert an sich. Etwas an sich Gutes hat einen ihm innewohnende Anspruch auf seine Wirklichkeit (S. 153). Das Gute oder Wertvolle enthält seinem Begriff nach das, dessen Möglichkeit die Forderung nach seiner Wirklichkeit und damit zu einem Sollen wird, wenn ein Wille da ist, der diese Forderung vernehmen und in Handeln umsetzen kann (S. 157). In der vorbewußten Natur vorfindliche Zwecke haben nur hypothetischen Wert, sind nur hypothetisch (unter der Voraussetzung eines Zweck-Mittel-Verhältnisses) gut, nicht an sich gut. Sie begründen kein moralisch relevantes Sollen. Denn Zwecke, die sich nur in instinkt-und triebgesteuertem Verhalten zeigen, können keine moralische Verbindlichkeit beanspruchen.

Der Wert des Guten darin gründet letztlich darin, den Zweck als der Zwecklosigkeit überlegen zu verstehen, dem Sein Vorrang vor dem Nichts zu geben (Sein ist besser als Nichtsein). Diese Wahl könne nicht weiter ausgewiesen werden, sondern sei eine von sich selbst her einleuchtende unmittelbare Anschauung. Hinter diese Selbstevidenz könne schlechterdings nicht zurückgegangen werden.

S. 145: „In der Fähigkeit, überhaupt Zwecke zu haben, können wir ein Gut-an-sich sehen, von dem intuitiv gewiß ist, daß es aller Zwecklosigkeit des Seins überlegen ist.“

S. 156: „Daß es dem Sein um etwas geht, also mindestens um sich selbst, ist das erste, was wir aus der Anwesenheit von Zwecken in ihm über es lernen können.“

Es besteht nach Hans Jonas Auffassung eine unbedingte Pflicht der Menschheit zum Dasein, die nicht verwechselt werden darf mit der bedingten Pflicht jedes Einzelnen. Eine Selbsttötung steht in Gegensatz zu einer Selbsterhaltung des Seins, aber im Einzelfall können auch Gründe dafür vorgebracht werden und darüber läßt sich reden (Hans Jonas bestreitet ein individuelles Recht also nicht ganz und gar). Dagegen wird ein Recht der Menschheit insgesamt auf eine Selbstvernichtung von ihm verneint.


Albrecht  01.06.2013, 23:45

Das Gute/Wertvolle an sich (also in seiner Zweckhaftigkeit nicht abhängig von subjektiver Setzung/Beurteilung/Überzeugung) enthält in sich die Forderung seiner Verwirklichung („Zweck zu werden“, also von Möglichkeit zu Wirklichkeit zu gelangen).

Menschen haben Willensfreiheit. Der Zweck wird nicht automatisch und zwangsläufig in den Willen aufgenommen. Die Entscheidung kann für oder gegen das Gute ausfallen. Der Mensch ist verpflichtet, die Sollensforderung in seinen Willen aufzunehmen. Das Gute kann die Anerkennung auslösen, seine Umsetzung sei als Pflicht geboten. Der Mensch gehorcht nicht unbedingt dem, was innerlich als anzuerkennende Verpflichtung vernommen wird. Dies ruft dann Schuldgefühle hervor, dem Guten das, was ihm zusteht, nicht gegeben zu haben, eine Pflicht nicht erfüllt zu haben. Die Übernahme des Sollens wird durch das Verantwortungsgefühl des Menschen geleistet.

Im Vergleich mit dem anderen steht die Existenz der Menschheit an erster Stelle, gleichgültig ob dies nach den Handlungen/dem bisherigen Leben der Menschen und dem, was in Zukunft als Fortsetzung wahrscheinlich zu erwarten ist, verdient ist oder nicht. Die wichtigste Forderung an den Menschen richtet sich auf den Menschen, nämlich auf die (ontologische) Idee des Menschen.

Die Erfüllung der Pflicht ist der Idee der Menschheit geschuldet (S. 91): „So sind wir denn mit diesem ersten Imperativ gar nicht den zukünftigen Menschen verantwortlich, sondern der Idee des Menschen, die eine solche ist, daß sie die Anwesenheit ihrer Verkörperungen in der Welt fordert.“

Durch die Existenz der Menschheit wird eine auch in Zukunft bestehende, die augenblickliche Realität übersteigende Möglichkeit einer Verwirklichung von etwas, das ein Eigenwert ist, offengehalten. Aufgrund ihrer Innerlichkeit und Freiheit sind die Menschen zu Verantwortung fähig. Sie stehen damit innerhalb der Natur an der Spitze. Ohne Träger von Verantwortung kann es im Kosmos keine Verantwortung geben. Die Menschen sollen eine Bejahung des Seins in ihr eigenes Wollen als Treuhänder gegenüber dem, worüber sie Macht haben, übernehmen.

Die Möglichkeit der Existenz von Verantwortung ist Grundlage, Ursache und allem vorausliegende Bedingung für alles, was Gegenstand allgemeiner menschlicher Verantwortung werden kann.

Es gibt eine Ansprechbarkeit des jeweiligen subjektiven Wollens für das mögliche An-Sich-Gute in der Welt. Sie zeigt die Menschen als der Möglichkeit nach moralische Wesen. Ein Appell wird vom Gefühl der Verantwortlichkeit beantwortet, das dem Gebot subjektive Wirksamkeit verleiht.

Der Mensch ist das einzige Wesen, das Verantwortung übernehmen kann. Aus diesem Können folgt bei Hans Jonas ein Sollen. Die Menschheit ist zur Existenz und zu einer bestimmten Qualität des Lebens (Wohlergehen und Glück gehören dazu) verpflichtet. Die Menschen stehen in einem Treueverhältnis zur Welt. Träger von Verantwortung sind verpflichtet, das Dasein künftiger Verantwortungsträger zu ermöglichen

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man kann es so deuten, dass er dich in Richtung seines ökofaschismus beeinflußen möchte


BlackRainbow666  01.06.2013, 20:13

Man kann es so deuten, dass er beobachtet hat, dass es viele FDP-Wähler gibt.

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