Mögt ihr die Dunkelheit?

12 Antworten

Vom Beitragsersteller als hilfreich ausgezeichnet

Hallo, KitKat!

Licht und Dunkel haben beide ihre eigenen Reize, ihren eigenen Zauber. Sie zu erleben, von ihnen umgeben und durchdrungen zu werden sind fundamentale Lebens-Notwendigkeiten, für Körper, Seele und Geist. Der natürliche Wechsel von Tag und Nacht, der licht-hellen Frühlings- und Sommerzeit und der dunkel-schattigen Herbst-Winter-Jahreshälfte ist nicht nur tief verbunden mit den lebendig-dynamischen Rhythmen in Mensch, Tier und Pflanze, sondern zum Teil sogar in der toten Materie selbst - den Mineralien und Metallen, den flüssigen und gasigen Elementen - werden durch Licht- und Dunkelheitseinflüsse diverse physikalische und chemische Prozesse ausgelöst... -

Es leuchtet ein, dass jene beiden Ur-Elemente, die seit jeher das Werden, Sein und Vergehen der geschaffenen Welt und ihrer Geschöpfe prägen und mitbestimmen, im Wesentlichen über-physische, geistige Wirkkräfte bzw. Wirkprinzipien sind, denn es ist immer der Geist, der sowohl das Geistig-Seelische wie auch die Materie durchflutet, bildet und formt. Dies ist sehr wichtig um zu verstehen, wie Licht und Finsternis auf das beseelte Geist-Wesen Mensch wirken, worauf sich sein jeweiliges Bedürfnis nach dem Einen oder Anderen begründet und inwieweit ein einseitiger oder übertriebener Einfluss oder Hang danach auf der physischen, seelischen und/oder geistigen Ebene normal und gesund oder anormal und krankhaft sein kann.

Nun geht aus Deiner Aussage nicht klar hervor, auf welcher jener drei Ebenen Du Dich in der Dunkelheit besonders wohl fühlst. Natürlich kann man sein Befinden nicht immer eindeutig auf ein bestimmtes Gebiet beziehen; sehr oft schlagen sich geistige und seelische Befindlichkeiten auf den Körper nieder und verursachen demgemäß Gesundheit und Wohlbefinden oder Krankheit und Unwohlsein. In Deinem Falle aber, da Du nicht näher definierst, wirst Du Dein besonderes Wohlbefinden in der Dunkelheit wohl ganz allgemein benennen wollen. Dass Du allerdings dieses Phänomen unbewusst instinktiv als etwas Einzigartiges, jetzt im neutralen Sinne "un-normales" betrachtest, könnte schon ein Hinweis auf eine in der Tat außer-gewöhnliche, extreme Situation hinweisen - auf allen drei Ebenen... -

Das natürliche Bedürfnis nach Dunkelheit ist mit dem Verlangen nach Ruhe, Entspannung und Schlaf verbunden. Geisteswissenschaftlich gesprochen: Das Seelisch-Geistige des Menschen, sein Selbst-Bewusstsein, will sich seiner physischen Körperlichkeit entledigen, sie momentan oder dauerhaft nicht als an die Erden-Schwere bindendes Gefängnis empfinden und sich aus ihr befreien. Durch den Einschlaf-Prozess in der Nacht kann sich dieser Vorgang optimal vollziehen. Bedenken wir nun, dass die bewusste Seele, indem sie beim Einschlafen aus den physischen Körper herausschlüpft und sich hinausbreitet in die Sternensphäre, um von der belebenden und erfrischenden Himmels-Energie und göttliche Welten-Weisheit zu schöpfen, dann kann Dein besonderes Wohlbefinden in der Dunkelheit ein im grenzwertigen Maße unerfülltes Suchen und Sehnen nach wahrer Erkenntnis und Weisheit sein, nach Antwort auf die tiefsten und schmerzlichsten Fragen um den Sinn des Lebens; und damit bist Du ganz gewiss kein extremer Einzelfall, sondern ein Tropfen in dem riesigen Meer unzähliger anderer junger Seelen, die in dieser unglückseligen Zeit gerade danach dürsten, wonach sie zu begehren voll berechtigt sind, was aber die "Großen" und "Weisen" dieser Welt ihnen sträflich vorenthalten. Sie fühlen und spüren, dass bloßes Wissen und Moral-Propaganda wohl ihre Gehirne, nicht aber ihre Herzen bereichern. Mit einem Wort: Sie sehnen sich nach nichts anderem als nach echter und wahrer Menschlichkeit. -

Es ist bezeichnend, dass insbesondere die gegenwärtige Jugend einen merkwürdigen Hang zum Dunklen und Finsteren aufweist, nicht nur äußerlich, wie etwa durch ihre meist schwarze Kleidung, schwarzen Haare, schwarzfarbigen Schmuck oder Wohnstil. Die sogenannte "Goth-Szene" und die (selbsternannte) "Satanisten-Gemeinde" führen geradezu einen Kult um das Dunkle, sowohl auf der materiellen wie auf der seelisch-geistigen Ebene, und auch diese werden - was nun nicht mehr verwundern sollte - nahezu ausschließlich von der spirituell suchenden und im Finstern tappenden Jugend beherrscht. (In meinem Bekanntenkreis gibt es zwei Neffen (17 und 19 Jahre), die sich den "Satanisten" zugehörig wähnen, und in dessen einem Appartement die Fenster des Wohn-Schlaf-Raumes mit schwarzer transparenter Folie überzogen sind...) -

Das ist es, was mir zu Deiner Aussage eingefallen ist. Ich persönlich pflege von klein an bis heute ein ausgewogenes Liebesverhältnis zum Tag und zur Nacht, zum Licht und zur Finsternis, was sicher auf meine behütete, moralisch durchwärmte Kindheit zurückzuführen ist - weshalb es mich aber - leider! - nicht überraschen würde, wenn nicht wenige Schreiber hier Deine Sympathie teilten... -

Ich würde mich freuen, wenn Dir, liebe KitKat, das Verlangen nach dem Tag und dem Sommer nicht gänzlich abgeht, dass die belebenden, erhellenden und er-leuchtenden Wunderkräfte des Lichts Dich weiterhin durchglühen und Dich mit ihrer freude- und hoffnungsspendenden Magie erfüllen!

Meint wohlmeinend Dein

Geheymrath


KitKat152 
Beitragsersteller
 24.10.2021, 16:03

Vielen lieben Dank für die sehr sehr lange und ausführliche Antwort

0

https://www.youtube.com/watch?v=MclLF473XtA

 Die "Liebe zur Dunkelheit",KitKat152, steht ja oft im Zusammenhang mit einer Neigung zu einer melancholischen Lebenseinstellung. Sie kann leider auch in einen leidvollen Zustand übergehen, der als „Depression“ bezeichnet wird.

"Depression" wird auch als „The Dark Night of the Soul“ bezeichnet.

Spirituell begabte Menschen kann diese „Liebe zur Dunkelheit“ aber kreativ werden lassen.

Ein historische Beispiel ist der spanische Mystiker Juan de la Cruz, der 1579 das berühmtes Gedicht „NOCHE OSCURA“ (Dunkle Nacht) schrieb.

Hier eine Übersetzung, die mir nicht besonders gut gefällt und die für dich zum Teil gar unverständlich sein mag. Aber vielleicht gefällt dir ja die englische Version, interpretiert von Loreena McKennitt.

  JOHANNES VOM KREUZ
(1542–1591)
Die dunkle Nacht der Seele
In dunkler Nacht
In Nacht an Sternen bloß,
von Liebesdrang glühend zum Ziel gerichtet –
o wunderseliges Los! –
entging ich ungesichtet,
mein Haus in Stille lassend, tiefbeschwichtet.
Tief in des Dunkels Schoß,
verborgene Stufen längs, vermummt, umdichtet –
o wunderseliges Los! –
nachts, jedem Blick vernichtet,
mein Haus in Stille lassend, tiefbeschwichtet!
Geheim, in Zauberringen
der Dunkelheit, wo mich kein Blick erkannte,
wo ich nichts sah von Dingen
und nichts mir Strahlen sandte
als jenes Leitlicht, das im Herzen brannte!
Das lenkte mich, das brachte
mich besser als der Tag, der grell durchblaute,
zum Ziel, wo meiner harrte
er, der zutiefst Vertraute –
zum Ziel, wo ich nichts Scheinbares erschaute.
O Nacht, du holdgesinnte,
o Nacht, die holder als das Frührot wachte:
o Nacht, die mich Geminnte
zu dem Geminnten brachte,
die mich Geminnte zum Geminnten machte!

Na, und was mich betrifft: Ich genieße es, beim Kerzenschein abends auf meinem Kissen zu hocken ;-)


KitKat152 
Beitragsersteller
 24.10.2021, 13:23

Vielen Dank für diese sehr ausführliche Antwort ;-)

2

Ich mag es gern hell am Tag und in der Nacht natürlich möglichst dunkel. :-)

Ich ziehe Sie der Helligkeit nicht vor, aber schätze sie genauso.

Für die Augen ist es beruhigend, wenn es ab und an Mal "Lichtlos" ist, so dürfen auch sie mal ruhen.

Im Dunkeln, mit den Händen "sehen" macht auch Spaß und trainiert sie.

Viel Spaß

Woher ich das weiß:Hobby

Ja. Weniger Stress für die Augen, meistens auch für die Ohren. Wenn ich nicht gesehen werden will, sieht man mich nicht und ich kann prima Leuten ausweichen, wenn ich kein Bock auf Menschen hab.

Tagsüber wird es schwierig mit dem unsichtbar werden.