Lügen beim Vorstellungsgespräch?

5 Antworten

"wie ich trotz des Abischnittes überhaupt einen Studienplatz bekam."

Ich kann dir versichern: Das interessiert die nicht. Und sonst sagst du halt "Wohl Glück gehabt"


Gast9778 
Fragesteller
 12.07.2021, 19:54

Danke für deine Antwort.

Wenn sie schon fragen sollten, denke ich kaum, dass "Wohl Glück gehabt" eine zufriedenstellende Antwort wäre.

Viele Grüße

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Niemand wird sich bei einer Bewerbung für deinen Abischnitt und deine Zulassung für einen Studiengang interessieren. Man wird dich fragen, warum Du das Studium abgebrochen hast und warum Du dich jetzt für ein duales Studium bewirbst. Da solltest Du eine brauchbare Erklärung liefern können. Deine Ängste in der Zulassungsfrage sind völlig unwichtig und unnötig.

Mit einer Lüge beim Vorstellungsgespräch kannst du bestimmt fristlos gekündigt werden. Außerdem wird in der heutigen Bürokratie alles festgehalten. Wäre mir zu unsicher, dass das nicht sonst raus kommt.

Die Frage ist nun, ob es besser ist, ihnen die Wahrheit ohne große Ausführungen zu erzählen oder mir eine Lüge auszudenken, dass ich zb an einem Eignungstest für das Studienfach teilgenommen und dadurch den Platz bekommen hätte.

Wenn du schon lügst, dann würde ich besser lügen, denn recherchieren, ob es da einen entsprechenden Eignungstest gibt kann im Endeffekt jeder. Ich wäre einfach ehrlich von wegen 'Härtefallantrag'.

Wenn das Studium nicht passt, dann passt es nicht und gut ist. Dafür musst du dich nicht rechtfertigen. Gut wäre es natürlich zu sagen 'Ich habe dies und das gemacht und xy hat mich BESONDERS interessiert worauf ich hier bei Ihnen aufbauen möchte' oder sowas. Also dass du den abgebrochenen Studiengang quasi als Chance verkaufst.

Deine Sorgen darüber, was die Personaler denken mögen ist in meinen Augen relativ unbegründet. Da wäre ich persönlich einfach komplett ehrlich. Wenn der zwanghaft irgendein Problem finden will, dann hat er das im Endeffekt schon mit dem abgebrochenen Studium. Wichtiger wäre in meinen Augen einen guten Grund zu präsentieren WARUM du abgebrochen hast


Gast9778 
Fragesteller
 12.07.2021, 19:51

Danke sehr für deine Antwort.

Mit der Ehrlichkeit hast du wohl ziemlich recht und so werde ich das höchst wahrscheinlich auch machen.

Noch eine kurze Nachfrage zu dem Thema:

Beim der abgebrochenen Studienrichtung handelt es sich um Medizin.

Würde dich folgende Begründung für den Abbruch überzeugen, wenn du ein Personaler wärst(es geht um die Bewerbung für duale Studienplätze im wirtschaftlichen Bereich) :

-Feststellung, dass der naturwissenschaftliche Bereich doch nicht der richtige ist

-zu theoretisch, zu wenig Praxis

-das Leid der Menschen zu persönlich genommen

(Das sind die wahren Gründe für meinen Abbruch zusammen mit ein paar weiteren, die vermutlich zu persönlich sind)

Ich würde mich sehr über deine Antwort freuen.

Viele Grüße

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BeviBaby  12.07.2021, 20:06
@Gast9778

Es kommt drauf an was du jetzt für einen Studiengang machen möchtest. Im Endeffekt musst du schlicht vermitteln: Das ist es, was ich will und das meine ich auch ernst.

Bei jemandem, der gerade erst in die Arbeitswelt einsteigt, also frisch von der Schule kommt ist es im Endeffekt normal, dass du noch nicht so ganz weißt was ist und dich erstmal orientieren musst. Das ist auch soweit nichts verwerfliches und vollkommen okay.

Die Frage, die man sich als Personaler jetzt allerdings stellt ist folgende: Wenn er das jetzt schon abgebrochen hat, in diesem Bereich... wie ernst meint er es dann mit uns?

Und da musst du einfach reinhauen mit deiner Argumentation.

Bei mir war das eine relativ klare Sache: Ich hatte in meinem ersten dualen Studium was mit Recht gemacht, ich wollte dann wieder was in Richtung Recht machen, alles soweit klarer Fall, ich hab davon erzählt, wie ich als kleines Kind das BGB meines Vaters durchgeblättert habe und wie ich damals im Sozialkundeunterricht bei einer Gerichtsverhandlung war und wie cool ich das fand und habe mein erstes duales Studium damit begründet, dass ich noch nicht wusste, was ich GENAU machen wollte, aber eben die grobe Richtung 'Recht' hatte und die haben mir als erste zugesagt.

Bei dir könnte es, je nach Studiengang, etwas schwieriger sein. Wenn es was mit dem Thema zu tun hat, dann würde ich nicht den kompletten Bereich ausschließen, denn damit schneidest du dir ja im Endeffekt ins eigene Fleisch.

Zu sagen 'zu viel Theorie, zu wenig Praxis' ist ein Grund dafür, warum du ein DUALES Studium vom Grundsatz her toll findest... zieht aber in erster Linie nur, wenn du wirklich auch was in dem Bereich hast, wo du im Endeffekt auf das aufbaust, was du studiert hast.

Mir geht das Leid der Menschen zu Nahe... ist sehr nachvollziehbar, aber erstens bist du zu Anfang ja im Theorieteil des Studiums, sodass du das per se noch nicht rausfinden konntest... und wenn du das zuvor gewusst hast, warum hast du das dann studiert?

Kurzum... die haben alle ihre Schwächen und ziehen Folgefragen mit sich.

Die Frage nun ist: Was war deine Motivation GENAU DAS Studieren zu wollen, WARUM hast du das studiert? Und WARUM möchtest du jetzt was anderes, nämlich genau das, was sie anbieten, studieren.

Da kommt es sehr drauf an, was das nun genau ist worauf du dich bewirbst.

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BeviBaby  12.07.2021, 20:14
@Gast9778

Eine Möglichkeit zur Argumentation kann auch sein, dass du deine Jugend und unerfahrenheit mit ins Spiel bringst. Auch Personaler sind Menschen und verstehen es, wenn du aufgeregt bist, ein wenig nervös, ein wenig unsicher und vor allem wenn du von der Schule bzw. vom Abitur kamst und noch nicht so ganz wusstest, was du wolltest.

Hier kann es, wenn etwas oder jemand dir zu Medizin einen sehr starken Impuls gegeben hat, sinnig sein, dass dieser Impuls alles andere irgendwie überwogen hat, sodass du dir erst mit der Zeit darüber klargeworden bist, was du eigentlich wolltest und warum

Härtefallantrag sind immer persönliche Härten und in der Regel geht es um Krankheit. Wenn das bei einem Familienmitglied der Fall war, z.B. wenn deine Mutter oder ein Geschwisterkind sein Leben lang sehr sehr krank war und pflegebedürftig wurde, dann ist es durchaus sinnig, dass du einen Beruf in diese Richtung anstrebst. Dann hast du durch die Pflege und die ständige Konfrontation mit der ganzen Sache (oder auch mit der eigenen Krankheit) durchaus einen gewissen Ehrgeiz in diese Richtung, eine persönliche Motivation, dass du quasi aus Liebe und in gewisser Weise auch Pflichtgefühl zu deiner Familie in Richtung Medizin gegangen bist.

Und dann hast du IRGENDWANN gemerkt, dass du da an deine Grenzen stößt, dass naturwissenschaften nicht deins sind, dass das, was dir bei deinem Verwandten, der gepflegt wurde leichter erschien, weil es eben er war, bei fremden Menschen, bei Patienten und dann auch noch in großer Anzahl etwas ganz anderes ist und dass du damit halt eben NICHT so klarkommst wie du dachtest. Und daraus hat sich dann langsam herauskristallisiert, dass du, trotz allem, was du dafür gemacht hast und auch wenn du der Uni sehr dankbar für die Chance bist, dafür einfach nicht gemacht bist.

Und dann kannst du wieder mit einer ganz neuen Motivation für den Studiengang ankommen, den du dir nun ausgesucht hast, ggf. hier aber halt eher etwas, was auch DICH und nur auf DICH bezogen und zugeschnitten ist.

Natürlich ist die Geschichte da oben etwas überdramatisch und dementsprechend natürlich auch nicht 1:1 auswendig zu lernen... aber in eine ähnliche Richtung kannst du durchaus gehen.

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Gast9778 
Fragesteller
 12.07.2021, 21:23
@BeviBaby

Erstmal vielen lieben Dank für die Zeit, die du dir für die Antworten genommen hast!

Das Fach, das ich jetzt studieren möchte (BWL), hat ziemlich wenig mit Medizin zu tun, weshalb es ziemlich schwierig ist, eine überzeugende Argumentation dafür zu finden, warum ich unbedingt in diesen Bereich möchte.

Im Rahmen des Medizinstudiums habe ich eib Praktikum (2 Monate) im Krankenhaus absolviert, in dessen Rahmen mir der Punkt mit dem Leid zu Herzen nehmen bewusst wurde.

Warum ich ausgerechnet Medizin studiert habe, ist auch so eine Sache für sich...

Wie du sagtest spielte es auf jeden Fall eine ziemlich große Rolle, dass ich noch nicht wirklich wusste, wohin ich will und mich deswegen einfach für Medizin entschieden habe, um die Chance wenigstens genutzt zu haben, die ich später vermutlich nie mehr erhalten hatte. Außerdem wollte ich irgendwas machen, bei dem ich anderen helfen kann...und vor Anfang des Studiums bzw während Schulzeiten haben mich Naturwissenschaften schon interessiert, auch wenn meine Hauptinteressse eher den Gesellschaftswissenschaften galt...

Der Grund, wieso ich nun BWL studieren möchte, ist dass ich mich für Gesellschaftswissenschaften schon immer mehr begeistern konnte als für alle anderen Fächer...(und weil mich kaum ein anderes Studienfach wirklich interessiert).

Wenn ich all diese Gründe so vollkommen ehrlich und unverblümt im Vorstellungsgespräch erzählen würde, ist mir die Absage sogut wie sicher...

Ich weiß einfach beim besten Willen nicht, wie ich all das so formulieren soll, dass es noch der Wahrheit entspricht, aber trotzdem mich nicht ins negative Licht stellt...

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Gast9778 
Fragesteller
 12.07.2021, 21:31
@BeviBaby

Danke für den Erklärungsvorschlag bezüglich des Härtefalles, aber in meinem Fall hatte es leider rein gar nichts mit Gesundheit zu tun, sondern mit körperlicher Gewalt und damit verbundenem Frauenhausaufenthalt usw.

Daher würde ich beim Vorstellungsgespräch, wenn sie nach meinem Abischnitt fragen sollten, auch gar nicht erst auf die Gründe des Härtefallantrages eingehen wollen.

Sonst würde ich nur meine "Leidensgeschichte" vortragen, die echt nicht jeder wissen muss.

Oder wie siehst du das?

Bezüglich des starken Impulses...fällt mir nur ein, dass eine Freundin von mir schon lange Medizin studiert...und ich sagen könnte, dass ich mich durch das Gespräch mit ihr für die Fachrichting begeistern konnte...aber vermutlich ist auch diese Argumentation zu schwach...

Naja, das Vorstellungsgespräch ist schon morgen und ich frage mich echt, wie das gut gehen soll...

Ich danke dir jedenfalls nochmal und wünsche dir einen angenehmen Abend

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BeviBaby  12.07.2021, 21:51
@Gast9778
und vor Anfang des Studiums bzw während Schulzeiten haben mich Naturwissenschaften schon interessiert, auch wenn meine Hauptinteressse eher den Gesellschaftswissenschaften galt...

Also sowas von wegen 'es hat mich interessiert' ist in meinen Augen immer eher kritisch. Auch wenn dein Hauptinteressen gesellschaftswissenschaftlicher Art war... das ist klassischerweise in der Schule sowas wie Erdkunde, Sozialkunde und Geschichte. Das geht nicht ZWANGSWEISE in Richtung BWL.

Kurzum... mit Interesse lässt sich ohnehin wenig reißen und hier denke ich auch nicht so wirklich. Zu sagen 'ich möchte BWL studieren, weil mich nichts anderes interessiert' wäre auch eher was, womit du an die Uni gehen solltest.

Wie gesagt, ich will dir nicht zu Nahe treten, doch wäre ich jetzt der Personaler würde ich mir denken 'hm... ja, es interessiert sie... medizin hat sie auch mal interessiert...'

Kurzum... es ist halt schwierig und Interesse an sich reicht halt eben nicht aus, da muss man schon etwas mehr dahinterstehen haben. Ich saß tatsächlich da und hatte mir schon den Lehrplan der Hochschule angeschaut. Ich kannte mich in dem Bereich ja auch schon ein wenig aus und konnte punkten, indem ich sagte 'das gefällt mir besonders gut' oder auch 'hm... da weiß ich, dass es etwas kompliziert wird'.

Es geht bei Dualen Studiengängen nicht zwangsweise darum PERFEKT zu erscheinen, sondern wir jemand zu erscheinen, in den es sich lohnt zu investieren. Und da ist Einsicht, Teamfähigkeit, die Fähigkeit Fehler zuzugeben, durchaus auch eine Option, würde ich sagen.
Doch grade sowas wie 'es interessiert mich', nachdem dich Medizin halt eben AUCH interessiert hat, kommt, denke ich, nicht gut.

Denn wie gesagt... die geben sehr viel Geld für dein duales Studium aus. Das ist ja nicht nur eine Frage der Bezahlung, sondern auch eine der Ausbildung etc. Deswegen wollen sie sichergehen, dass du zu ihnen und dem Job passt.

Und dafür solltest du auf jeden Fall begeistert wirken und eine gewisse Motivation haben, irgendeinen Anhaltspunkt, an dem man sowas festmachen kann, ggf. außer 'das klingt ganz nett und ich mag Gesellschaftswissenschaften', denn auch wenn das bei meinem ersten Versuch durchaus geklappt hat (was ich inzwischen bereue wie nichts gutes, denn deswegen habe ich mich drei Jahre durch ein duales Studium gequält, das mir nicht lag) würde ich inzwischen nie mehr auf die Idee kommen allein damit zu argumentieren 'Mich interessiert Recht', sondern GANZ GENAU zu schauen, was für ein Teilbereich mich interessiert und ggf. da dann auch wirklich reinlesen und sich reindenken oder eine gewisse Erfahrung z.B. durch ein Praktikum haben.

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BeviBaby  12.07.2021, 21:58
@Gast9778
Daher würde ich beim Vorstellungsgespräch, wenn sie nach meinem Abischnitt fragen sollten, auch gar nicht erst auf die Gründe des Härtefallantrages eingehen wollen.

Naja, die Sache in allen Ehren, aber du möchtest nicht sagen was mit dem Abitschnitt ist, du möchtest nicht sagen warum du das Medizinstudium genau wolltest, du möchtest nicht sagen, warum du es abgebrochen hast...

Ich kann dich super verstehen und das soll auch nicht extrem ausarten... ABER du darfst ruhig sagen, dass du in der Zeit deines Abiturs große Probleme zu Hause hattest und dementsprechend wurde dann auch der Härtefallantrag genehmigt, weswegen du in das Studium gekommen bist.

Das ist knallhart, damit hast du quasi schon alles ausgeräumt und thats it... das ist die Wahrheit. Und bei einem Härtefallantrag wird vermutlich auch niemand nachfragen, denn das sind halt klassische private oder Gesundheitliche Probleme. ggf. darfst du dann nochmal bestätigen, dass du aber fit bist... und damit hat sich die Sache.

Du musst dein Leiden nicht komplett ausbreiten und das ist auch nichts, wo tendentiell bis ultimo nachgebohrt wird.

Ansonsten... es muss doch einen Grund gehabt haben warum du Medizin studieren wolltest. Das kann doch nicht so ein Ding gewesen sein von wegen 'ich versuche es jetzt mal und schau was rauskommt', oder?

Oh, wenn das schon Morgen ist... dann Hals und Beinbruch. Du kannst mir ja morgen schreiben wie es war, wenn du möchtest.

Und du packst das ganz sicher :) Im Notfall bleibst du einfach ehrlich und du selbst und wenn es nichts wird, dann wird es nichts und das ist dann doof, ja, aber das packst du auch. Wenn du einen Härtefallantrag bewilligt bekommen hast, dann hast du schon wesentlich schlimmeres durchgemacht und überstanden ;)

Viel Erfolg!

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Gast9778 
Fragesteller
 12.07.2021, 22:12
@BeviBaby

Du hast Recht, dass die Begründung, dass mich Gesellschaftswissenschaften interessieren würden, nicht sonderlich überzeugend rüberkommt.

Ich werde mich wohl auch nochmal mit dem Lehrplan des Studiums auseinandersetzen.

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Gast9778 
Fragesteller
 12.07.2021, 22:17
@BeviBaby

Also denkst du , dass es Sinn macht, den Punkt mit dem "Stress zu Hause" kurz anzureißen?

Der Hauptgrund, warum ich Medizin studieren wollte ist wie gesagt, dass ich etwas machen wollte, bei dem ich Menschen helfen kann.

Danke für deine Glückwünsche...ich wünsch dir auch alles Gute für die Zukunft:)

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Mir ist bewusst, dass es böse enden würde, wenn jemand merkt, dass ich gelogen habe...

richtig, das kann u.U. sogar zum Rausschmiss führen.

Ehrlichkeit währet am längsten