literarische motive

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Das Gilgamesch-Epos, das vor etwa 2000 Jahre vor Christus aus Babylonien überliefert ist, beklagt, dass eigentlich alle Motive bereits abgenutzt sind – und mit dieser Klage beginnt (!) die Weltliteratur!!!

Es gibt – sieht man hieraus – dass die Grundmotive immer wieder neu interpretiert werden können. Das Motiv "David gegen Goliath", also der Schwache besiegt den eigentlich Stärkeren, ist z.B. die Grundlage aller "Stirb langsam" Filme mit Bruce Willis. Das Motiv "Das Schicksal kann Liebende am Ende nicht trennen" ist das Grundmotiv von 95% aller Liebesfilme.

Das Motiv "Eine herausragende Persönlichkeit wäre in der Kindheit fast einer tödlichen Gefahr zum Opfer gefallen, wurde aber als einziger wie durch ein Wunder gerettet" ist die Grundlage für die Geschichte, dass Jesus dem (angeblichen) Kindermord entgangen ist, dass viele römischen Kaiser als Kind angeblich als einzige einer Brandkatastrophe entkommen sind oder das der in eine Körbchen auf das Wasser ausgesetzte Moses doch wie durch ein Wunde durchgekommen ist.

Weitere Motive sind "Die Frau, die den Mann durch Sinnlichkeit betört", "Die Götter, die den Guten freundlich gesinnt sind", "Die Mutter, die ihr Kind bis in den Tod beschützt" usw.

Weitere Grundmotive sind z.B. "Gut besiegt böse", "Ehrlichkeit siegt", "Liebe ist stärker als Hass" oder "Nach dem Tod wartet das Paradies auf uns". Es zeigt sich, dass Motive meistens nicht die Realität abbilden, sondern uns im Gegenteil die Hoffnung geben sollen, dass wir die Realität überwinden können. Motive sind also oft kollektives Wunschdenken.

P.S. Ich bin sicher, dass ich viueles vergessen habe, und ich habe die Hoffnung, dass Du Dich auch selber mal durch Lektüre um das Thema kümmerst. Das wäre jetzt mein Motiv für dieses Posting ;-).

Motive sind kleinere Einheiten, die das Handlungsgeschehen auf etwas Allgemeines beziehen (oder, wenn man von dem Begriff „movere“ = bewegen ausgeht, von dem das Wort stammt: die das Geschehen auf etwas Allgemeines hin „bewegen“). Es gibt feststehende Motive, die in der Literatur immer wieder auftauchen, z.B. Mann zwischen zwei Frauen oder Frau zwischen zwei Männern. Andere feststehende Motive sind von "mychrissie" genannt worden. Daneben gibt es auch freie Motive, vor allem im Gedicht. Am ergiebigsten sind hier die romantischen Motive. Allgemeines Prinzip in der Romantik ist der Hass auf die Philister (Spießer) oder das gefahrvolle Leben des romantischen Helden oder der Drang nach dem Unendlichen, dem Vollkommenheit, dem Unerreichbaren. Diesen allgemeinen Grundsätzen und Zielen sind bestimmte Motive zugeordnet: z.B. das Wandermotiv (der Romantiker ist ständig unterwegs zu seinen Zielen, die er nie erreicht), oder das Motiv der Gefahr (von den zwei Gesellen – Gedicht von Eichendorff – kommt einer „unter die Räder“, er verfällt gefährlichen Frauen, die ihn zu Grunde richten; der andere wird zum Familienvater, alles bekommt er in den Schoß gelegt: Haus von den Schwiegereltern, hübsche Frau; dann sitzt er am Fenster, guckt aufs Feld = Spießermotiv. Oder das Sehnsuchtsmotiv: der „Taugenichts“ (Eichendorff-Novelle) bricht, nachdem er seine Geliebte bekommen hat, sofort wieder auf nach Italien; die „Sehnsucht“ nach der Ferne hat ihn erfasst. Im realistischen Gedicht gibt es das Motiv des Sich-abfindens, des Resignierens, weil die gesellschaftlichen Mächte (Adel, Standesdenken) übermächtig sind. Schwierig ist die Abgrenzung vom „Thema“ und vom „Symbol“. Die Rose kann ein Symbol der Liebe sein. Das Motiv ist allgemeiner. Z.B. das Eichendorffgedicht „Die zwei Gesellen“: „....Verlockend Sirenen und zogen ihn in der buhlenden Wogen farbig klingenden Schlund.“ Sirenen, buhlende Wogen, Schlund sind symbolische (Einzel-) Bilder, das Verb „ziehen“ ist ein symbolischer Vorgang. Sie alle symbolisieren Gefahr, Absturz, Untergang. Der allgemeine Vorgang, der hier geschildert wird, ist das Motiv, d. h. das Motiv der Gefahr. Die Übergänge sind fließend. Das Thema z.B. ist eine umfassende Kennzeichnung eines Geschehens, das Motiv umschreibt kleinere Einheiten. „Mann zwischen zwei Frauen“ kann als Motiv eine kleinere Einheit eines Romans beschreiben, aber auch das grundlegende Geschehen eines Romans sein, dann wird das Motiv zum Thema.