Laufen in Deutschland Mörder draußen frei rum?

14 Antworten

Eine gute Frage. Da gibt es sogar ganz verschiedene Kategorien:

Zur Klarstellung muss ich vorwegschicken, dass Morde eine ganz spezielle Kategorie von Tötungen sind. Damit eine Tötung ein Mord ist, muss ein sogenanntes Mordmerkmal erfüllt sein. Zum Beispiel Habgier. Deshalb müssen die Täter nicht weniger gefährlich sein und die Opfer eines Totschlags sind auch nicht weniger tot als die eines Mordes. Aber du hast nach Mord gefragt, deshalb lassen wir die anderen Tötungen raus. Außerdem lassen wir versuchte Morde auch raus - auch wenn der Fehlschlag der Tötung den Täter nicht weniger gefährlich macht.

Erstens laufen natürlich die Mörder "draußen" herum, deren Tat nicht entdeckt wird. Schätzungen zufolge wird in Deutschland nur jeder zweite Mord als solcher erkannt. Bei 299 erfassten Mordopfern 2023 sind das also etwa 300 (Mehrfachtäter unterschlagen wir mal) Mörder pro Jahr, die wir überhaupt nicht kennen.

Dann die Mörder, von deren Morden wir wissen, die wir aber nicht als Täter identifiziert haben. Die Aufklärungsquote bei vollendeten Morden (Opfer tot) lag 2023 bei 96 %. Also ist die Quote der Täter, die wir nicht identifizieren, kaum der Rede wert.

Von diesen Tätern entziehen sich einige der Strafverfolgung durch die Flucht. Auf der Fahndungsliste des BKA kannst du mal schauen, ob du jemanden erkennst.

Dann haben wir die Täter, die ihre Gefängnisstrafe verbüßt haben. Lebenslang, sagt das Gesetz. Der Medianwert liegt gerade einmal bei etwa 17 1/2 Jahren. Das bedeutet, dass die Hälfte aller verurteilter Mörder nach 17 1/2 Jahren wieder auf freien Fuß gesetzt wird. Mit einer entsprechend guten Prognose, dass sie es nicht wieder tun werden. Da drückt man die Daumen. De gute Nachricht: Die Rückfallquote von Mördern und Totschlägern ist wirklich sehr gering. Die Gründe dafür sind ganz unterschiedlich.

Und dann kommen wir zur gruseligsten Kategorie. Verurteilte Mörder, die ihre Strafe aktuell noch verbüßen. Aber die sitzen doch im Knast, oder? Oder spreche ich hier von Ausbrechern? Nein, ich spreche von Häftlingen, die auf der Straße herumspazieren. Einerseits gibt es den Hafturlaub (schon der Begriff klingt komisch), bei dem auch verurteilte Mörder nach 10 verbüßten Haftjahren bis zu 21 Tage einfach aus der JVA herausspazieren dürfen und man hofft, dass sie den Weg zurückfinden, § 13 StVollzG. Und dann haben wir Sicherungsverwahrte - also verurteilte Täter, bei denen die Richter gesagt haben: Der ist so gefährlich, den lasst ihr erst wieder raus, wenn ihr sicher seid, dass er nicht mehr gefährlich ist. Aber sogar die werden rausgelassen, bevor endgültig darüber entschieden wurde, ob man sie wieder auf die Gesellschaft loslassen kann. "Vollzugsöffnende Maßnahme" nennt sich das, (bspw. § 54 BaySvVollzG). Das wird gemacht, weil grundsätzlich jeder Gefangene auf das "Leben draußen" vorbereitet werden soll.

Abschließen möchte ich meine Ausführungen mit den Worten des Gefängnisdirektors einer JVA, der von einem ehemaligen Insassen berichtete. Weiß nicht mehr, ob der wegen Mordes verurteilt war, aber der hatte ein ganz paar Jahre zu brummen. Der Häftling hatte sich während der Haft wie ein Wilder benommen, war gewalttätig und musste oft auch in Einzelhaft gesteckt werden (das wird nicht mal eben so gemacht). Der Gefängnisdirektor meinte: Als der Entlassungstag kam und wir den auf die Straße setzen konnten, waren wir richtig froh. Aber ganz wohl war uns bei dem Gedanken, dass der jetzt wieder draußen ist, auch nicht.

Gute Nacht!

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – berufsmäßiger Jurist

Nicht nur in Deutschland. In jedem Land wird es Menschen geben, die aus Mangel an Beweisen freigesprochen wurden, oder gar nicht erst erwischt wurden.

Ja, klar, z. B. wenn sie ihre Strafe abgesessen haben.

Das trifft für fast jeden Straftäter zu.

Ich wüsste nicht, wo sonst sie frei rumlaufen könnten.


VanLorry  07.07.2024, 19:12

drinnen

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Ja.

Sowohl welche die nach einem Mord nicht gefunden wurden und unbekannt sind oder noch gesucht werden und auch Mörder, welche aus der Haft entlassen wurden und nun versuchen ein normales Leben zu leben.