Kann mir jemand bitte gründe gegen eine wahlpflicht (politik) nennen, mir fallen keine ein :(?

11 Antworten

Hallo FragDochMalDen,

meiner Ansicht nach gibt es da einen ganz einfachen Grund:

Freie Meinung!

Wenn ich keine der zur Wahl aufgestellten Partein mag oder mich mit deren Programm anfreunden kann, sollte ich auch nicht gezwungen sein, eine von ihnen dann zu wählen. Deshalb wurde auch die Wehrpflicht abgeschafft, man kann in einem "angeblich freien" Deutschland keinen Menschen zur Wahl zwingen, weil man dadurch versuchen würde, ihm einen Meinung aufzuwingen, nämlich die der Partei, für die er sich zwangsweise entscheiden müsste. Und laut Grundgesetz haben wir Meinungsfreiheit.

Hoffe, das hilft dir.

LG, Tac

Widerspruch zum Naturrecht, was damals Aristoteles schon thematisiert hatte.

Die von Gott gegebene Selbstbestimmung eines Menschen nach Vernunft.

Gründe gegen eine Wahlpflicht

Ich reduziere es auf die folgenden zwei abstrakten Punkte. Jeder hat zahlreiche Auswirkungen und Aspekte:

1. In einer "Vertretungs-Demokratie" erfordert "Wahl" auch "Auswahl". 

Solange man "Vertreter" als Vormund wählen muss; noch dazu auf Gedeih und Verderb - also ohne weitere Einflussnahme - für die Dauer von 4+ Jahren, ist Wahl auch zwingend mit ausreichender Auswahl verbunden. Um es kurz zu halten, nur ein einfaches Beispiel: Ein passionierter Fleischesser wird in einem veganen Geschäft höchstens "Not-Entscheidungen" treffen können.

Eine Wahlpflicht wäre also entsprechend: Zwar würde der Fleisch-Esser sich irgendwie entscheiden müssen; aber er könnte keine Wahl treffen, mit der er seine Absichten vertreten sähe. 

2. Wahl setzt politische Bildung voraus.

Wahlen ohne politische Bildung sind nichts anderes als "Gesichter- bzw. Parteifarben-Bingo". Man hat keine Ahnung, wen man wählt; warum man ihn wählt, und was da so passiert. Man macht's, weil es sich so gehört. Und man macht das Kreuz da, wo man am wenigsten Denken muss.

Das ist jedoch DIAMETRAL zur fundamentalen Absicht der Wahl, nämlich eine RICHTUNGS-ENTSCHEIDUNG des Souveräns offenzulegen. 

--------------------

Solange nicht mindestens diese beiden Punkte gegeben sind, ist eine Wahlpflicht nur Makulatur.

-------------------

Abhilfe und Beleg

Beide oben genannten Punkte sind sehr radikal. Es gäbe einfachere Mittel als eine Wahlpflicht.

= Anerkennung der Nicht-Wähler: Statt einer Wahl-Pflicht müsste man nur die Nicht-Wähler und ihre "passive Stimmabgabe" anerkennen. Das könnte so gestaltet werden, dass die "Nicht-Wähler" wie Wähler einer "Nicht-Partei" behandelt werden.

Beispiel Bundestagswahl 2013:

  • Wahlbeteiligung 71,5 %
  • 631 Sitze im Parlament

Ergo:

  • 28,5 Prozent wählten die "Nicht-Partei"
  • 180 Sitze im Bundestag bleiben leer und repräsentieren die Nicht-Wähler. 
  • Gleichzeitig sinkt die "Stimm-Kraft" der verbleibenden Abgeordneten um den Differenz-Betrag; also um 28,5 Prozent.
  • Erforderliche Mehrheiten bleiben ebenso bestehen, wie alle anderen Rechte und Pflichten der Vertreter.

Der Haken? 

  • Beispiel Bayern: Die Wahlbeteiligung lag hier bei 70,2 Prozent. Damit wäre die CSU knapp an der 5-Prozent-Hürde gescheitert. 
  • Beispiel Bundesregierung: Die Bundesregierung (Schwarz/Rot) behauptet, die Bevölkerung mit fast 70 Prozent - und damit eine große Mehrheit - zu vertreten. Tatsächlich vertritt sie aber nur mit 48 Prozent eine (große) Minderheit.

Die Parteien könnten nicht so weitermachen, wie sie es bisher getan haben. Und da sie die Einzigen sind, die etwas derartiges einführen könnten, wird es nicht kommen. 

------------------------

Eine "Wahl-Pflicht" würde den Parteien in ihrem "parteilichen Egozentralismus" hingegen weniger schaden. Deshalb ist es wohl wahrscheinlicher, dass es eher eine "Wahl-Pflicht" samt Strafandrohungen von Geld- und/oder Gefängnisstrafen, als wirklich sinnvolle Maßnahmen zur Rettung der Demokratie geben wird. 

In Australien gibt es die Wahlpflicht mit einem Bußgeld, wenn man dieser nicht nachkommt. Wie hoch das Bußgeld ist, weiß ich zwar nicht, aber wenn es gering ist, lacht man eh nur drüber, wenn es hoch ist, sind ärmere Leute benachteiligt. Soviel ich weiß haben die Stimmenauszähler in Australien nach Wahlen immer mit ungültigen Stimmen zu kämpfen, denn manche Wahlpflichtgegner tuen ihren Unmut über die Wahlpflicht dadurch kund, dass sie den Stimmzettel durch fehlerhaftes Ankreuzen oder Schmierereien ungültig machen.

Also, Gründe gegen die Wahlpflicht: Wenn sie mit Bußgeldern durchgesetzt wird, ist dies ärmeren Leuten gegenüber ungerecht. Und wenn man bei der Wahl den Stimmzettel ungültig macht, nützt das für ein Wahlergebnis auch nichts.



Unsinkable2  31.08.2015, 22:51

In Australien gibt es die Wahlpflicht mit einem Bußgeld, wenn man dieser nicht nachkommt. Wie hoch das Bußgeld ist, weiß ich zwar nicht ...

Die Strafe beträgt dort 20 Dollar. Wiederholtes Fernbleiben kann mit Gefängnisstrafen geahndet werden. (In Bolivien kann der Pass entzogen und bei wiederholtem Fernbleiben auch das Konto gesperrt werden.)

Australien hat damit übrigens gute Erfahrungen gemacht: Die Wahlbeteiligung lag m. W. nie unter 92 Prozent. (Zum Vergleich: Deutschland kämpft auf kommunaler Ebene schon mit der 50-Prozent-Quote; und auch auf Bundesebene ist man mit 70 Prozent nicht wirklich souverän dabei.)

Soviel ich weiß haben die Stimmenauszähler in Australien nach Wahlen immer mit ungültigen Stimmen zu kämpfen, denn manche Wahlpflichtgegner tuen ihren Unmut über die Wahlpflicht dadurch kund, dass sie den Stimmzettel durch fehlerhaftes Ankreuzen oder Schmierereien ungültig machen.

Es ist die EINZIGE Option, mitzuteilen, dass das Angebot nicht dem Wunsch entspricht. Mithin ist es kein "Kampf", sondern "demokratisches Fundament".

-------------------------------

Also, Gründe gegen die Wahlpflicht: Wenn sie mit Bußgeldern durchgesetzt wird, ist dies ärmeren Leuten gegenüber ungerecht. Und wenn man bei der Wahl den Stimmzettel ungültig macht, nützt das für ein Wahlergebnis auch nichts.

Weder. Noch.

Wenn sie mit Bußgeldern durchgesetzt wird, ist dies ärmeren Leuten gegenüber ungerecht.

  1. In einer Demokratie ist Beteiligung zentrales Element. 
  2. Ohne Beteiligung keine Demokratie.
  3. Wahlen sind - mittlerweile - so breiten Rahmen ausgesetzt, dass JEDER die Möglichkeit hat, sie zu nutzen.

Und wenn man bei der Wahl den Stimmzettel ungültig macht, nützt das für ein Wahlergebnis auch nichts.

Im Gegenteil. Da unsere Wahlgesetze (das betrifft praktisch den gesamten Westen) so ausgelegt sind, dass "Ich will keinen der von euch Ausgesuchten wählen. Gebt mir einen andere Auswahl!" nicht ankreuzbar ist, bildet die "ungültige Stimme" genau diesen Ausdruck.

In einer "Vertretungs-Demokratie", in der bei Wahlen sehr viele ungültige Stimmen zusammenkommen, hat also die Vertretung versagt; nicht der Wähler...

0
Gaiasduhter  31.08.2015, 23:24
@Unsinkable2

Ich bin zwar aktives Mitglied einer Partei und beteilige mich deshalb an jeder Wahl, nicht nur mit Kreuzchen machen, sondern im Vorfeld Plakate kleben und Infostanddienst schieben, dennoch bin ich der Meinung, dass es auch zu einer Demokratie gehört auszuhalten, wenn Leute sich nicht an einer Wahl beteiligen wollen. Eine Wahlpflicht mit Bußgeld und Strafandrohung ist Wahlzwang und dieser sollte in einer Demokratie nichts zu suchen haben. Diktaturen wie Nordkorea brüsten sich mit nahezu 100%iger Wahlbeteiligung.

Ein Wahlergebnis wird durch das fehlerhafte Ankreuzen eines Wahlzettels nicht besser oder schlechter gegenüber einem Wahlergebnis, welches mit Fernbleiben von der Wahl zustande gekommen ist. Auch das Nichterscheinen zur Wahl ist eine Aussage. Wie Watzlawick so schön sagte: "Man kann nicht nicht kommunizieren.". Man kommuniziert eben auch etwas, wenn man nicht zur Wahl geht. Was macht es für einen Unterschied, ob eine Einzelperson der Wahl fern bleibt oder gleiche Einzelperson aus Unmut, weil er zu einer Wahl gezwungen wurde, den Stimmzettel ungültig macht?

0
Unsinkable2  01.09.2015, 09:29
@Gaiasduhter

... dennoch bin ich der Meinung, dass es auch zu einer Demokratie gehört auszuhalten, wenn Leute sich nicht an einer Wahl beteiligen wollen.

... leider mit den falschen Argumenten.

Es ist absolut opportun, auch Nicht-Wähler zuzulassen. Doch nicht durch "Streichung", sondern durch "Berücksichtigung", denn auch "Nicht-Wahl" IST STIMM-ABGABE

Folglich ist das Nicht-Berücksichtigen einer unerwünschten Stimm-Abgabe ... Was? ... Genau! Diktatur!

Eine Wahlpflicht mit Bußgeld und Strafandrohung ist Wahlzwang und dieser sollte in einer Demokratie nichts zu suchen haben.

Einfaches Gegenargument: Demokratie kann nur existieren, wo Beteiligung existiert. Damit sind "Nicht-Wähler" - zumindest nach geltendem Wahlrecht - Demokratie-Feinde. 

Sie zerstören die Demokratie. Ob sie sich dessen bewusst sind oder nicht, spielt dabei keine Rolle.

Diktaturen wie Nordkorea brüsten sich mit nahezu 100%iger Wahlbeteiligung.

Dort zahlen auch 100% aller Menschen ihre Steuern. Trotzdem würde dir hoffentlich nicht einfallen, nun das Steuern-Zahlen in angeblichen Nicht-Diktaturen freizustellen, oder?!

Man kommuniziert eben auch etwas, wenn man nicht zur Wahl geht. Was macht es für einen Unterschied, ob eine Einzelperson der Wahl fern bleibt oder gleiche Einzelperson aus Unmut, weil er zu einer Wahl gezwungen wurde, den Stimmzettel ungültig macht?

Nach geltendem Recht existieren Nicht-Wähler nicht. "Ungültige" hingegen zumindest noch teilweise. Insofern gibt es nur zwei Optionen, wenn man die Demokratie retten will ("43 - 71 Prozent Wahlbeteiligung" sind bereits tödlich für jede Demokratie und verfestigen die Parteien-Diktatur, die letztlich nicht anders als in Nordkorea funktioniert).

  1. Man ändert die Menschen.
  2. Man ändert die Gesetze.

Im ersten Fall ist es die Wahl-Pflicht. Im zweiten Fall ist es das Einbeziehen der "Nicht-Wahl" als Stimmabgabe. 

... "Wählen Sie weise!"

0
Gaiasduhter  01.09.2015, 10:46
@Unsinkable2

Du hast Deine Meinung, ich habe meine. Du wirst von Deiner Meinung nicht abrücken, ich von meiner ebenfalls nicht. Also lassen wir besser die weitere Diskussion, da sie ohnehin nichts bringt.

0
  • Eine lebendige Demokratie lebt von innerer Überzeugung, nicht von äußerem Zwang.
  • Laut Grundgesetz muss eine Wahl allgemein, unmittelbar, frei und geheim sein, was mit einer Wahlpflicht in Bezug auf das „frei" nicht vereinen ließe, denn man zwingt einen zum Wählen. 
  • Auch das Wahlgeheimnis würde mit einer Wahlpflicht entfallen. Denn man müsste jede einzelne Stimme kontrollieren und prüfen, ob wirklich ein Kreuz bei einer Partei gemacht wurde. 
  • Das wiederum würde zu höheren Kosten führen. 

Grundsätzlich steht eine Wahlpflicht überhaupt nicht zur Debatte, da sie verfassungswidrig wäre (Art. 38, Abs. 1 S.1 GG). Die Wahlpflicht hat aus meiner Sicht keine sinnvolle Funktion. Im Übrigen hatte Belgien noch bis vor kurzem eine Wahlpflicht – die aber aufgrund der Nutzlosigkeit abgeschafft wurde.