Kann man in der deutschen Sprache von Sprachverfall sprechen?

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Ab wann verfällt eine Sprache? Wo ist der Unterschied zwischen Wandel und Verfall?

Wenn Du die Großeltern fragst, haben die Telefon noch ph geschrieben und Portmonee in französischer Schreibweise Portemonnaie.

Ist das Verfall, wenn wir alles immer einfacher machen?

Oder ist es Verfall, wenn man, wie in der sogenannten Kanackspraak sämtliche Artikel weglässt? Alder, ich bin Gymnasium!

Wenn Du also den Verfall beschreiben willst, musst Du ihn erstmal definieren.


Kanzelparagraph  02.09.2015, 17:25

Erstens kann man zu Portemonnaie auch einfach Geldbörse sagen (ist ohnehin kürzer), zweitens schreiben 80 Prozent der Deutschen das P.-Wort vermutlich falsch und drittens spielt bei der Verwendung fremdsprachiger Begriffe auch jede Menge Dünkel mit: Ich kann's, und Du nicht.

Soziologen nennen sowas auf soziologisch (auch eine Dünkelsprache) "Distinktionsmerkmal", ich nenne es Angeberei. 

Wenn ich am nächsten Kiosk vorbeigehe, finde ich Dutzende Zeitschriften mit solch seltsamen Namen wie "Fit for Fun", "Technology Review", "Connect", "Men's Health" oder (mittlerweile eingestellt) "Financial Times Deutschland" - allesamt in deutsch, oder was die jeweiligen Schreiber dafür halten. Leute aus den englischsprachigen Ländern bringt das jedesmal zum Staunen - und zum Lästern.

Dazu kommt noch, dass ich jede Wette eingehe, dass nicht einmal zwei Prozent der Deutschen einen Titel wie "Men's Health" fehlerfrei aussprechen können.

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Abi2018 
Beitragsersteller
 08.09.2015, 15:57

Könntest Du es definieren?

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catweazle01  08.09.2015, 18:14

Hallo Abi 2018, sorry, dass ich mich erst jetzt melde.

Wie definiert man den Verfall? Laut Duden heißt Verfall "Niedergang". In diesem Sinne verfällt die deutsche Sprache meiner Meinung, wenn man kaum noch etwas von ihr erkennt. Wenn es mehr Anglizismen als deutsche Worte gäbe. Aber die Vereinfachung (Telefon statt Telephon o.ä.) gehört meines Erachtens nicht dazu. Sehr wohl dazu gehört, wenn Fehler, die nahezu regelhaft gemacht werden (Nutzung des Dativs statt des Genitivs), in den Status "richtig" gehoben werden und Eingang in den Duden als korrekte Grammatik finden.

Es gibt sicher noch mehr Bereiche, die man anreißen müsste, aber Du wolltest sicher keine Ausarbeitung von mir lesen?!

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Eindeutig ja - da braucht man sich nur mal die Fragen und die Antworten hier bei gf anzusehen. Viele Nutzer kriegen hier doch keinen geraden Satz hin, und das liegt keinesfalls nur an der Schnelligkeit des Netzes und an Tippfehlern (die natürlich auch mir passieren).

Aber der Sprachverfall zeigt sich auch sonst, z. B. an den dümmlichen Anglizismen, die sich bei uns eingeschlichen haben und die man kaum noch vermeiden kann.

In diesem Zusammenhang erinnere ich mich z. B. an ein Interview mit Michael Douglas im Fernsehen. Die Interviewerin fragte ihn nach seiner Patchwork-Familie - er verstand die Frage nicht. Kein Wunder: den Begriff kennt man im Englischen nicht, ebensowenig wie z. B. Handy. Und Begriffe wie Shooting Star oder Public Viewing kennt man zwar, versteht aber etwas aganz anderes darunter.

Ich persönlich verstehe ja nicht, warum wir uns des Dummdeutschen bedienen sollen und mache mir z. B. bei "Coffee to go" regelmäßig einen Spass daraus, indem ich es erstens deutsch ausspreche und zweitens nach einem Kaffee aus Kamerun oder dem Kongo (statt aus Togo) verlange, weil der mir angeblich besser schmeckt und auch qualitativ höherwertig ist. Wenn dann so eine dumme Ziege mir mit einem überlegenen Lächeln deutlich macht, wie dumm und zurückgeblieben ich doch bin, mache ich mich auf Englisch über sie lustig, was sie natürlich nur rudimentär versteht, und sage ihr das dann anschließend auch auf Deutsch.

Worte wie z. B. Corned Beef lasse ich ja gerade noch gelten, weil wir da kein passendes deutsches Wort haben, aber z. B. Bacon? Da haben wir doch was besseres. Und statt Computer kann man ebensogut Rechner sagen oder zumindest ab und zu wechseln, damit man nicht immer die gleichen Wörter benutzt.


Ufosein  03.09.2015, 17:31

Dann mußt du mal in Lüneburg an einen bestimmten Kiosk gehen. Die haben da "Coffee to go, jetzt auch zum mitnehmen".

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Den größten Zerfall unserer Sprache, kann man dieser Tage an der Verstümmelung - oder sollte man es sinngemäß dem Kastrieren nennen ? - durch das ideologische Gendern erkennen. Ein Vorgang, der von oben politisch übergestülpt und diktiert wird, obwohl es vom überwiegenden Teil des deutschsprachigen Volkes ( ich glaube, es waren fast 90 % in den offiziellen Umfragen) nicht gewollt ist.

Auch die sog. Anglezismen wurden etabliert, um uns immer mehr von unserer Sprache und wahren Identität zu trennen.

Viele alte Begriffe verschwanden klammheimlich aus dem Wortschatz und dem alltäglichen Gebrauch.

Den slawischen Völkern ließ man z. B. ihr Kyrillisch.

Uns dagegen hat man Fraktur genommen.

Wer kann heute schon noch von den Jüngeren fließend Fraktur lesen und den dort benutzen Wortschatz noch verstehen?

Durch diesen Umstand wurde und wird es immer einfacher, Geschichtsfälschungen zu begehen. Kaum jemand ist heute noch in der Lage, anhand alter Zeitungen oder Verträge und Gesetze, der Wahrheit auf die Spur zu kommen.

Neben der vermeintlichen Vereinfachung unserer Sprache, wurde uns zudem noch das komplexe Denken geraubt. Ich sage nur: Metaphern.

Es ist ein trauriges Thema......

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

Gezielte Sprach Zersetzung gesteuert von den Medien .. in angloamerikanischen Interesse.Davon ist auch unsere Kultur betroffen. Irgend ein Zeitgeist hat da seine Finger im Spiel und die Regierung findet das alles OK.


earnest  03.09.2015, 06:50

Watt denn nu? Wer hat den nun Schuld? Die bösen Amis? Die bösen Medien? Der bitterböse Zeitgeist? 

Nöh - alle zusammen! Es ist eine gigantische Verschwörung. Gegen die kann nicht einmal die Sprachpolizei der Regierung vorgehen.

Alles sehr traurig. 

;-)

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Nur bedingt. 


Abi2018 
Beitragsersteller
 01.09.2015, 17:21

Könntest du es bisschen detaillierter erklären?

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