Kann der Name Goldenstern auch ein NICHT-jüdischer Nachname sein?
Meine Oma hieß mit Nachnamen Goldenstern, und viele Leute sagen dass dies 100% ein Jüdischer Name währe. Allerdings habe ich mich erkundigt und herausgefunden, dass diese typischen Namen erst um 1800 aufkamen, aber da hieß mein Ur-Urgroßvater schon min. in der 2 Generation Goldenstern. Also schon vor der Zeit in der Juden einen Nachnamennamen annehmen mussten. Kann dieser Name trotzdem auf eine Jüdische Herkunft deuten oder kann er auch anderen Ursprungs sein?
4 Antworten
Der Name kann sowohl jüdischer als auch nichtjüdischer Herkunft sein. Er ist zwar von seinen Bestandteilen her "typisch“ jüdisch, aber nicht notwendig. Theoretisch können die typisch jüdischen deutschen Namen auch einfach deutsche Namen sein. :-) Es kann natürlich auch sein, dass du einen einzigen jüdischen männlichen Vorfahren hast unter 1024 der letzten 10 Generationen. Ich bezweifle, dass du damit in der jüdischen Gemeinde als jüdisch durchgehst ... Trotzdem natürlich nett zu wissen.
Sichergehen kannst du eigentlich nur bei Nachnamen wie Levi oder Cohen, die auf jüdische „Kasten“ (Leviten, die Kinder des Stammes Levi; ursprünglich die Nachfahren Levis, denen bestimmte Aufgaben beim Gottesdienst anvertraut waren; Kohanim eine spezielle Gruppe daraus, die Nachfahren Aarons) verweisen und im eigentlichen Sinne Berufsnamen bzw. Stammesnamen sind. Wer so heißt, muss selbst kein Jude sein und sich auch nicht in der Tradition sehen (was ich aber irgendwie komisch fände), hat aber definitiv jüdische Vorfahren.
Andere deutsche typisch jüdische Nachnamen werden auch bei nichtjüdischen Deutschen verwendet. Es gibt ein paar Universalien der (Nach-)Namensgebung, die es bei allen Völkern gibt. Der Nachname ist demnach abgeleitet aus:
- Vornamen, Taufnamen; patronyme, matronyme: Freerksen, Nilsson, Dierks, Samuelson ...
- Herkunftsnamen – nach Stammeszugehörigkeit, Land, Landschaft oder Ortschaft: Sachs, Wiener, Hildesheimer, Österreicher, Nemeč/Németh (tschechisch/ungarisch für „Deutscher“)*, Roth, Cassel, de Vries, Ashkenazy ...
- Namen nach der Wohnstätte, Hofnamen: Löw (vom Löwenhof) ...
- Namen nach Stand und Beruf: Müller, Bauer, Martell, Schächter ...
- Namen nach körperlichen oder geistigen Eigenschaften, Tages- und Monatsnamen, Jahreszeiten, Naturnamen ...: Weiss, Roth, Grün(baum), Klein, Ehrlich, Wolf(f), Adler, Grienspan, Mandel stam(m), Blum; Rosenberg (ein Name, der auch „typisch jüdisch“ ist, aber auch die Sängerin Marianne Rosenberg heißt so und der Rassenideologe der Nazis Alfred Rosenberg) ...
Dem unterliegen sowohl jüdische als auch deutsche, italienische, somalische oder peruanische Namen. Es lässt sich daraus schließen, dass die meisten dieser Namen nicht so spezifisch sind. Ausnahmen sind natürlich klassisch jüdische Stammesnamen oder Tätigkeiten: Rubin, Levi, Schächter ... Natürlich ist jemand, der Nathanson heißt, mit hoher Wahrschenlichkeit jüdisch, aber biblische Namen sind ja auch bei Nichtjuden verbreitet. Ich komme zum Beispiel aus Friesland, da herrschten noch stärker als im Jüdischen patronymische Namen vor, bis die Franzosen 1811 eine Anordnung wie in Preußen durchsetzten, feste Nachnamen einzuführen. (Bei sieben Freerk Janssens pro Ortschaft war das Land schwer zu verwalten. :D ) Nun waren dort aber auch biblische Namen verbreitet. Wenn der Vater meines Vorfahren 1811 mit Vornamen Samuel geheißen hätte, hätte mein Vorfahr Samuelsen mit Nachnamen geheißen und ich jetzt auch.
Spezifischer ist die Sprache, aus der du dann schließen kannst, dass jemand italienische oder russische Vorfahren hat oder dass du es mit einer jiddischen oder osteuropäischen Variante eines deutschen Namens zu tun hast. Tedesco ist zum Beispiel ein italienischer Name. Wenn du jemandem begegnest, der so heißt und akzentfrei Südhessisch spricht, weißt du, dass dein deutscher Mitbürger italienische Vorfahren hat (deren Vorfahren wiederum aus Deutschland stammen, denn „Tedesco“ ist italienisch für „Deutsch“ ...)
Was nun deinen Namen betrifft:
Deine zeitliche Einordnung kann man hinterfragen, da das von Land zu Land verschieden war. In Österreich verpflichtete Josef der ΙΙ. die Juden Österreichs mit dem Gesetz von 1787, deutsche Namensformen anzunehmen. Die althebräischen Namen erklärte er für ungültig. Das ist eine Generation vor deiner Angabe, sofern du das sogenannte "Preußische Judenedikt" vom 11. März 1812 meinst, mit dem Juden in Preußen Christen gleichgestellt wurden, aber einen festen Familiennamen nach preußischer Verwaltungslogik annehmen mussten. Vorher hatten viele Juden patronymische „Nachnamen“. Der Sohn von Nathan Samuelson hieß dann nicht mehr wie vorher Samuel Nathanson, sondern nun Samuel Samuelson. Damit hätte er auch mein Vetter sein können ...
Danke für diese super Antwort(en)! Ich denke dass sicherste wird einfach sein, ein wenig Ahnenforschung in dieser Richtung zu betreiben. Falls es wirklich Jüdische Vorfahren sein sollten, müsste dass ja von den Generatoinen her bald ans Licht kommen...
Tipp: Mein Vetter hat sich mal durch die Kirchenbücher gearbeitet und ist immerhin bis 1708 gekommen. War aber nicht leicht, weil in Friesland die Nachnamen vor Napoleon ja stündlich wechselten. :D
Ich habe auch ein wenig Erfahrung, aber die habe ich eher im Internet gesammelt. So konnte ich (mütterlicherseits) bis in das das 13 Jahrhundert zurück kommen, was ich nie für möglich gehalten hätte! :)
Meine uroma hieß rosenthal und war definitiv nachweislich deutsch. Gab robleme im 2.weltkrieg. aaaber... solche namen können nicht-jüdisch sein.
ja, das kann auch ein nichtjüdischer Name sein. Die meisten "typisch jüdischen" namen sind nicht so eindeutig und existieren auch bei Nichtjuden...
Und gerade "Goldenstern" habe ich, ehrlich gesagt, unter Juden noch nie gehört...
Vor 60 Jahren hat das Berliner Kammergericht den Vornamen Esther für nichtjüdische Mädchen verboten. Der "typisch jüdische Name" sei mit dem "gesunden Volksempfinden" nicht in Einklang zu bringen, so die Richter.
Meine Schwester heißt Esther und wir haben dieses Buch gelesen und uns sehr gewundert.
Wir wußten, dass unser Nachname häufig auch von Juden getragen wurde. Jüdisch waren wir nicht. Väterlicherseits gab es überhaupt keine Hinweise auf das Judentum in der Familie. Sämtliche Unterlagen und Informationen waren von Angehörigen versteckt. Warum wohl?
Mütterlicherseits gab es den David Salomon in der Ahnenreihe. Wir nehmen an, die NAZIS haben die Nase gerümpft. Aufgrund der Regelungen in den Nürnberger Rassengesetzen waren Vorfahren haarscharf an der Deffinition „teilweise jüdischer Abstammung“ vorbeigeschlittert.
Tatzächlich habe ich mich auch manchmal gefragt, ob die Nazis nicht auch aufgehorcht haben, als meine Oma sich mit den Nachnamen Goldenstern vorstellte...
Nach kurzem Suchen im Netz habe ich einige Hotels mit dem Namen „Goldener Stern“ und einen Ort Goldenstern (Zlatá Hvězda) in Tschechien gefunden. Häufig werden Leute, die aus ihrem Heimatort fortgezogen sind, in ihrer neuen Heimat nach ihrem Herkunftsort benannt. Möglich wäre es dass deine Vorfahren von dort kommen oder vor Jahrhunderten einen Gasthof Zum Goldenen Stern betrieben haben. Der goldene Stern war aber offensichtlich auch ein Symbol, unter anderem für den Polarstern, auf das sich diese Hotelnamen beziehen. Eventuell bezieht sich der Name also auf jemanden, der auf Schiffen für die Navigation (nach dem Polarstern) zuständig war oder etwas Ähnliches. Dazu bräuchtest du jemanden, der sich in Symbolik auskennt.
In Shakespeares "Hamlet" taucht übrigens schon die Figur Güldenstern auf, die ziemlich sicher nicht jüdisch ist. Das Stück ist von 1603, da gab es den Nachnamen also schon.
PS: Ich bin bei der Recherche im Internet unter dem Stichwort “Judennamen“ (hatte ich analog zu "Friesennamen" gebildet, wobei ich auf Pferdezuchtseiten gelandet bin o_O ) auf einige ganz widerliche Seiten gestoßen ... Man fragt sich, ob man mit solchen Fragestellungen den Rassisten nicht direkt in die Hand spielt. Andererseits ist die Frage nach den eigenen Wurzeln, und seien sie nur biologisch, offenbar eine elementare, die vielen Menschen ein Bedürfnis ist. Ich hoffe, dass die biologistischen „Rassenlehren“ irgendwann nur mehr ein kuriose, wenn auch tragische Randnotiz in der Geschichte sein werden.