Ist Uni anders als Schule?

14 Antworten

Das Studium stellt Anforderungen die sich von dem unterscheiden, was Du von der Schule gewohnt bist. Je nach Disziplin können sich diese Anforderungen unterschiedlich sein, wie Du damit zurecht kommst hängt letztendlich von Dir und Deinen Ansprüchen und Zielen ab. Ganz grundsätzlich ist mehr Eigenverantwortung gefragt, ohne eine gewisse Motivation geht das nicht, weil eben vieles selbst organisiert werden muss.

Kurse und Veranstaltungen: Du hast die weitgehende Freiheit Dir Deine Kurse aussuchen zu dürfen, zu Vorlesungen zu gehen oder auch nicht, oft (aber nicht immer) ganz wie es Dir passt. Allerdings wird niemand Dir das Zeug mehr nachtragen. Wenn Du etwas nicht verstehst oder etwas verpasst hast, dann ist es Deine Aufgabe Dir Informationen zu beschaffen bis Du es kannst. Viele Vorlesungen sind freiwillig, aber das heißt nicht, dass Du die Inhalte nicht trotzdem können musst und die alle in den Klausuren drankommen können. Wenn Du Dich entscheidest zB nicht zur Vorlesung zu gehen und dann Deine Prüfungen versemmelst, dann ist das ganz allein Dein Problem. Niemand sagt Dir in der Vorlesung was Du mitschreiben sollst, im Prinzip kann alles wichtig sein. Man schreibt also ziemlich viel mit (bzw kommentiert in den Folien) und macht sich Notizen und Randnotizen zu Dingen, die man nochmal nachschauen muss. Das Tempo und das Niveau sind wesentlich höher, eine Vorlesung umfasst deutlich mehr Stoff (den Du teilweise dann noch nachbereiten musst um ihn zu verstehen) als eine Schulstunde. Dazu kommt, dass die Themen, je nach Fach, nicht unbedingt aufeinander aufbauen. Während eine Woche ein Thema besprochen wird, kann in der kommenden auch ein ganz anderes dran sein.

Wissenschaftliches Arbeiten: Jede Disziplin hat eigene Methoden und Herangehensweisen, die Du lernen und dann befolgen musst. Nicht jedem liegt die akademische Arbeitsweise. Du musst wesentlich strukturierter Argumentationsketten aufbauen unter Beachtung wissenschaftlicher Vorgehensweisen Deiner Disziplin.

Eigenständiges Nach - und Mitdenken: In der Schule wird oft der Lösungsweg zu einer Aufgabe ausführlich behandelt, Übungsaufgaben besprochen und Fragen gestellt, die Dir beibringen sollen über verschiedene Aspekte der Thematik nachzudenken. An der Uni werden oft nur Thesen und Ergebnisse präsentiert, die kritische Auseinandersetzung damit, das Hinterfragen, das Üben von Beispielen, die Beleuchtung in anderen Kontexten - das ist Aufgabe der Studenten. Du sollst ja lernen Inhalte Deines Fachs zu verstehen und bewerten zu können. Oft muss man sich erstmal einlesen um die Problematik Aufgabe zu verstehen.

Dozenten: Dozenten sind dafür da die Informationen anzubieten und bei Fragen zur Verfügung zu stehen. Anders als Lehrer fühlen sie sich aber nicht für die Entscheidungen ihrer Studenten verantwortlich. Ob Du da bist oder nicht, ab Du mitarbeitest - das ist Deine eigene Verantwortung, Du musst aber auch mit den Konsequenzen leben. Dozenten sind auch nicht dazu da Dir weiterführende Informationen oder Materialien zu beschaffen, das machst Du selbst zB in der Bibliothek. Oft gibt es zB eine Liste mit Literaturhinweisen, diese zu beschaffen und zu lesen ist aber Deine Aufgabe. Fachschaften sammeln manchmal Altklausuren, aber Du musst schauen wie Du an die drankommst usw.

Arbeit außerhalb der Veranstaltungen: Meistens hast Du aber nicht mehr als drei Veranstaltungen pro Tag. Das heißt allerdings nicht, dass Du den Rest der Zeit frei hast. Du wirst Referate und Hausarbeiten vorbereiten müssen (das ist viel Arbeit), Vorlesungen nachbereiten und dann natürlich auf die Prüfungen lernen.

Prüfungen: Prüfungen sind nicht das selbe wie Klassenarbeiten, der Inhalt der Seminare und Vorlesungen gibt die Grundlagen vor, um wirklich gute Noten zu bekommen sind aber ein wirkliches Verständnis dieser Themen gefragt sowie Transferleistungen, die Du oft nur durch die Lektüre weiterer Quellen erreichen kannst. Du musst nicht nur wissen wie etwas ist, sondern auch was es bedeutet Es kann sein, dass in der Klausur ein ganz anderes Thema drankommt als in der Vorlesung und Du Gelerntes auf die neuen Zusammenhänge übertragen musst. Diese Informationen muss man oft in Fachzeitschriften und Büchern nachlesen. Außerdem deckt der Stoff ein gesamtes Semester ab und nicht nur ein paar Wochen.

Formales und Fristen: Zwar weisen nette Dozenten vielleicht auf Fristen und formale Dinge hin, aber diese einzuhalten oder Dich darüber zu informieren ist Deine Sache. Das gilt zB auch für die Planung des kommenden Semesters, Dein Stundenplan kommt nicht automatisch, sondern Du musst Dich gerade für die Seminare selbst anmelden und ggf hoffen, dass Du einen Platz bekommst. Auch wenn Du z.B. eine Klausur nicht mitschreiben kannst ist das Deine Aufgabe Dich abzumelden, sonst wird das als "nicht bestanden" gewertet.

Allgemeine Organisation: Wie so Vieles: Deine Aufgabe. Woher bekomme ich ein Semesterticket? Wo ist Hörsaal 3? Wieviel kostet Kaffee im Fachschaftsraum? Woher bekomme ich Vorlesungsskripte? Wann ist Sprechstunde? Brauche ich da ein Attest?... Oft gibt es schon Stellen an die man sich mit Fragen wenden kann, aber auch die muss man erstmal selber finden. Kommilitonen sind oft die ersten Ansprechpartner, nicht die Dozenten.

Insgesamt wird im Studium ein Interesse für Dein Fach angenommen, das Dich motiviert mehr über die Inhalte wissen zu wollen. Du bist freiwillig an der Uni und hast die Chance Dir soviel Wissen anzueignen wie Du möchtest. Das ist dann auch das was ein Studium so spannend und gewinnbringend macht. Klar hat man Verantwortung, aber man hat eben auch so viel Freiheiten und darf sich mit Dingen beschäftigen, die einen wirklich interessieren.

Wesentlich intensiver und viel mehr Eigenverantwortung.

Keiner der den Eltern schreibt, wenn du nicht lernst. ;) Du bist völlig alleine für dein Weiterkommen verantwortlich. Auch alles drumherum mußt du alleine bewältigen.

Und trotzdem war es die schönste Zeit in meinem Leben.


snensaddict  28.07.2021, 21:27

Eine Frage (nicht schlimm wenn du sie nicht beantworten kannst): Ist es schwer nach psychischer Erkrankung einfach zu studieren oder wäre das eine zu große Belastung? Gruß

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sirigel  28.07.2021, 21:35
@snensaddict

Kann ich nichts genaues zu sagen. Ist von der Art der psy. Belastung abhängig. Im Studium wird große Selbstdisziplin verlangt. Du alleine bist verantwortlich wie, was und wieviel du lernst. Du stellst dir deinen Stundenplan ja selbst zusammen.

Ich habe bei Vorlesungen möglichst ein Diktafon mitlaufen lassen und zu Hause dann neu ausgearbeitet. So konnte ich mich meist auf den Dozenten konzentrieren und war nicht vom Mitschreiben abgelenkt.

Andererseits habe ich auch meine Freizeit genossen, in den Semesterferien gearbeitet und Reisen unternommen.

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snensaddict  28.07.2021, 21:36
@sirigel

Danke für die Antwort :) was genau hat diese Zeit zur schönsten deines Lebens gemacht?

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LilaRose73  28.07.2021, 21:44
@snensaddict

Das kommt darauf an. Ich schaffe es und habe aktiv psychische Probleme. Das kommt aber auf die Person drauf an. Tendenziell würde ich sagen, dass es in manchen Punkten gegenüber Kommilitonen schwieriger ist. Aber man sollte sich nicht entmutigen lassen bevor man es probiert hat.

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sirigel  28.07.2021, 21:45
@snensaddict

Ich habe Anfang der 70er Kunsttherapie und freie Kunst studiert (7 Semester)

Relativ unbeschwert zu sein, sich mit Kommilitonen auszutauschen, viel miteinander zu machen, einfach zu spüren wie toll das Leben ist, alles ist vorstellbar. Man ist frei, jung und wird erwachsen. Du wirst immer mehr Verantwortung für dich übernehmen, bist für alles verantwortlich was du machst oder nicht machst. Es gab tolle Partys, Mädels und mal schlafen bis in die Puppen.

Im Radio gab es damals die tägliche Ansage Mo - Fr.:

"Guten Tag meine Damen und Herren, Guten Morgen liebe Studenten, es ist 12 Uhr Mittags, es folgen die Nachrichten."

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snensaddict  28.07.2021, 21:46
@LilaRose73

Ok danke...ich denke nur gerade daran, dass meine Jugend durch eine Psychose geprägt war, bin jetzt eigentlich wieder fit und alles nur denke ich manchmal ich würde auch gern noch meine Jugend leben (bin 20)..weil wenn ich studier will ich mich ganz drauf einlassen und da hab ich Angst dass meine Jugend dann irgendwann einfach weg ist

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Anders auf jeden Fall, ob es einem damit besser oder schlechter geht, ist von Person zu Person abhängig.

Mir gefällt die Uni besser als die Schule. Das liegt vor allem daran, dass ich mich dafür selbst entschieden habe. In der Schule war alles Zwang. In der Uni bin ich jeden Tag im Wissen, dass ich nichts davon machen muss. Klar, es gibt einige Leistungen, die man erbringen muss, aber man hat sich eigenständig und aus freiem Willen dazu entschieden.

Der Preis dafür ist aber hoch. Als ich noch in der Schule war, hatte ich mal den Satz gehört: "Uni ist wie halbjährig Abi schreiben" und das ist völlig untertrieben.

Hängt natürlich auch davon ab, was man studiert. Aber das Abi hat man mir praktisch hinterhergeworfen, die Uni erfordert permanentes Arbeiten. Den Mythos über Studenten, die nur Freizeit haben, kann ich aus eigener Erfahrung nicht bestätigen. Das mag vielleicht im ersten oder zweiten Semester noch passen, danach werden sie gnadenlos rausgeprüft.

Unabhängig davon, dass der Stoff einen viel größeren Umfang hat, ist das Arbeiten und Organisieren einzig dir überlassen. Du hast dafür zu sagen, dass du weißt, was du machen musst, wann und in welchem Umfang. Dafür, dass du einen Stundenplan hast, dass du die Veranstaltungen besuchst, zu den Prüfungen zugelassen und angemeldet bist. Usw. Deswegen ist es sehr ratsam, sich schnell jemanden zu suchen, der das gemeinsam mit einem durchzieht.

Es ist in gewisser Weise anonymer, was mir persönlich sehr gefällt. Mich muss nicht jeder Dozent beim Namen kennen, jemand anderen mag das vielleicht stören.

Hm... gibt so vieles....einfach selbst erleben.


ichbinanonym572 
Beitragsersteller
 29.07.2021, 00:09

Ich habe immer gelesen dass besonders die ersten zwei Semester hart sind und du sagst genau umgekehrt 🤔

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Noone3141592  29.07.2021, 09:30
@ichbinanonym572

Da habe ich mich vielleicht schlecht ausgedrückt. Die ersten Semester sind insofern schwieriger, als dass man sich an die Umstellung von Schule auf Uni erst einmal gewöhnen muss. Stofflich sind sie selbstredend nicht so anspruchsvoll wie die späteren Semester.

Worauf ich hinaus wollte, war, dass man, wenn man in den ersten Semestern dieses "Studenten-Party-Leben" lebt, wie viele glauben, dass es ist, dann mag das mit viel Müh' und Not in den ersten Semestern noch funktionieren. Aber die Prüfungen werden nicht leichter und wenn man nie gelernt hat, sich vernünftig darauf vorzubereiten, sondern nur saufen war, dann kann es durchaus passieren, dass man die Anforderungen nicht mehr schafft.

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Ja, ziemlich anders. Man muss sich um Vieles selbst kümmern, z.B. um den Stundenplan. Man ist selbst dafür verantwortlich, sich rechtzeitig für Übungen, Seminare, Klausuren usw. anzumelden.

Außerdem ist die Geschwindigkeit in den Vorlesungen schneller als im Unterricht der Schule. Und eine Vorlesung ist i.d.R. 90 Minuten Frontalunterricht, nicht wie in der Schule.

gar nicht vergleichbar. Oftmals gibts keine Anwesenheitspflicht und es juckt niemanden ob du da bist oder nicht. Solange du am ende ne Prüfungsleistung ablegst ist egal was du den rest der zeit machst