Ist jeder Mensch zu mind. 1% bisexuell?

3 Antworten

Die sexuelle Orientierung ist fließend und kann daher eigentlich gar nicht in einer Prozentzahl ausgedrückt werden. Trotzdem scheint am bekannten Spruch "ein bisschen bi schadet nie" etwas dran zu sein, denn wirklich ausschließlich hetero- bzw. homosexuell sind nur die wenigsten Menschen. Die meisten befinden sich tatsächlich irgendwo dazwischen und gehören damit streng genommen zum breiten bisexuellen Spektrum - als bisexuell bezeichnen sich aber nur die wenigsten von ihnen. Hier spielt auch maßgeblich eine Rolle, wie man den Begriff Bisexualität definieren will. Für manche bedeutet bi zu sein, sowohl Männer als auch Frauen sexuell anziehend zu finden. Für andere schließt der Begriff auch romantische Anziehung zu Frauen und Männern ein. Es gibt daher viele, die zwar sexuell auf beides stehen, sich aber nicht in Menschen des gleichen Geschlechts verlieben können und sich deshalb trotzdem als heterosexuell bezeichnen. Andere Begriffe, die in diesem Zusammenhang oft gebraucht werden, sind z. B. heteroflexibel, bi-interessiert oder bi-neugierig.

Bei Frauen deuten einige wissenschaftliche Studien an, dass sie möglicherweise grundsätzlich bisexuell oder lesbisch sind, aber nur selten ausschließlich hetero. Eine der ersten Studien dieser Art war eine Untersuchung zur sexuellen Erregung bei Frauen von Gerulf Rieger an der Universität von Essex. Rieger und sein Team entwickelten ein Verfahren, mit dem durch Messung der Pupillenweite die sexuelle Erregung gemessen werden kann. Weil die Pupillenweite vom vegetativen Nervensystem gesteuert wird, kann sie nicht willentlich beeinflusst werden und ist damit sozusagen "fälschungssicher". Dabei kam heraus, dass in dem Versuch die Frauen, die sich als hetero und bi einstuften, auf Bildmaterial, das wechselnd Männer bzw. Frauen zeigte, gleichermaßen reagierten - sowohl bei den Darstellungen mit Männern als auch jenen mit Frauen reagierten sie mit Erregung. Nur Frauen, die sich selbst als lesbisch bezeichneten, reagierten anders, nämlich nur beim Betrachten von Bildmaterial mit Frauen. Die Rieger-Studie war in dem Sinn bahnbrechend, dass sie eine objektive Messmethode einführte; zuvor musste man sich auf die Angaben von Fragebögen verlassen. Kritik musste sich die Studie aber für den nicht ganz unberechtigten Einwand anhören, dass von sexueller Erregung nicht zwangsläufig auf die sexuelle Orientierung geschlossen werden kann. Inzwischen gibt es aber weitere, unabhängige Studien, die ganz ähnliche Resultate erzielten. Man hat z. B. auch mit Hilfe funktioneller Magnetresonanztomographie (fMRI) die Gehirnaktivitäten untersucht, auch hier unterschieden sich hetero- und bisexuelle Frauen nicht signifikant voneinander, sondern reagierten sowohl beim Betrachten weiblicher wie auch männlicher Darstellungen. Das alles heißt nicht, dass es heterosexuelle Frauen gar nicht gibt - es zeigt aber, dass Bisexualität sehr viel weiter verbreitet ist und Menschen, was ihre sexuelle Orientierung betrifft, viel flexibler als angenommen sind.

Es gibt auch verhaltensbiologische Gründe, die dafür sprechen, dass der Mensch grundsätzlich eine bisexuelle Spezies ist. Hier lohnt sich ein Vergleich mit dem Sozial- und Sexualverhalten mit unseren nächsten Verwandten, den Schimpansen.

Es gibt zwei Arten von Schimpansen, den Gemeinen Schimpansen (Pan troglodytes) und den Bonobo (Pan paniscus). Beiden gemeinsam ist, dass sie in sozialen Gruppen leben. Jedes Individuum ist für sein eigenes Überleben auf die anderen Gruppenmitglieder angewiesen. Wo immer eine Tierart in einem Sozialverband lebt, kann es aber innerhalb der Gruppe auch zu Streitigkeiten kommen. Das Zusammenleben in der Gruppe bedarf deshalb einer Möglichkeit, wie Konflikte gelöst, verhindert und ausgesöhnt werden können. Die Wege, die Schimpansen und Bonobos bei ihrer Versöhnungs- und Entspannungspolitik gegangen sind, sind völlig verschieden. Schimpansen lösen Konflikte häufig durch aggressives Verhalten, durch körperliche Auseinandersetzungen. Bonobos haben hingegen die Sexualität als Mittel der Wahl gewählt. Weil sie quasi dem Motto "Make love, not war" folgen, werden sie umgangssprachlich scherzhaft auch Hippie-Affen genannt. Sex dient in der Bonobogruppe dem Abbau sozialer Spannungen. Außerdem wird Sex nach einem ausgetragenen Konflikt auch als Mittel zur Versöhnung eingesetzt. Dabei sind Bonobos prinzipiell nicht auf ein Geschlecht festgelegt. Heterosexuelle Kontakte werden bei ihnen ebenso oft beobachtet wie homosexuelle. Bekannt ist z. B. das genito-genitale Reiben ("Scherenstellung") zwischen Weibchen. Eine ähnliche Form findet als sog. Penisfechten auch zwischen Männchen statt. Darüber hinaus finden auch verschiedene andere Praktiken wie Oral- und sogar Analverkehr Anwendung. Die Bonobos sind also vollständig bisexuell. Das ergibt ja auch Sinn, denn Konflikte können in einer Gruppe nicht nur zwischen Männchen und Weibchen, sondern auch zwischen Männchen und Männchen oder Weibchen und Weibchen entstehen. Es ist deshalb von Vorteil, wenn ein Individuum sich grundsätzlich mit verschieden- wie gleichgeschlechtlichen Artgenossen versöhnen kann.

Möglicherweise hat bei unseren frühen Vorfahren Sex auf eine ganz ähnliche Weise als Werkzeug zur Entspannung und Versöhnung gedient. Denn auch unsere Vorfahren waren (und wir sind es noch immer) ebenfalls vom Überleben der sozialen Gruppe abhängig. In diesem Fall wäre es auch für unsere Vorfahren ein Vorteil gewesen, wenn sie bi gewesen wären und das könnte sich bis heute erhalten haben. Wie können wir aber sicher sein, dass unsere Vorfahren Konflikte wie Bonobos durch Sex beigelegt haben und nicht durch Prügeleien wie Schimpansen? Die Antwort ist, weil unser Sexualverhalten einfach dem der Bonobos viel stärker ähnelt. Beispielsweise paaren Bonobos sich genau wie Menschen bevorzugt in der "Missionarsstellung", also so, dass direkter Blickkontakt beim Sex möglich ist. Schimpansen paaren sich hingegen wie alle anderen Affen, fast ausschließlich in der "Hündchenstellung". Hinzu kommt, dass Bonobos den Sex weitgehend vom Eisprung des Weibchens abgekoppelt haben, sie paaren sich also auch dann, wenn das Weibchen gerade gar nicht fruchtbar ist. Die Ovulationswahrscheinlichkeit (nicht jedoch den Eisprung selbst) zeigen sowohl Schimpansen- als auch Bonoboweibchen durch eine auffällige Brunstschwellung an. Bei Bonobos erstreckt sich diese Schwellung aber über einen viel längeren Zeitpunkt, wodurch der Eisprung für Männchen viel schwieriger zu entdecken ist. Man spricht deshalb auch von einem verdeckten Eisprung. Genau das ist, sogar in noch stärkerem Maß, auch beim Menschen der Fall. Ein Mann kann von außen gar nicht erkennen, ob eine Frau gerade ovuliert oder nicht. Die meisten Frauen wissen, wenn sie nicht gerade einen Kalender führen oder Obvukationstests nutzen, selbst gar nicht, an welchem Tag genau sie ihre Ovulation haben. Das heißt, dass auch wir Sex unabhängig davon miteinander haben, ob die Frau schwanger werden kann oder nicht. Wir tun sogar durch den Einsatz von Verhütungsmitteln alles dafür, Nachwuchs gezielt zu verhindern. Genau wie bei Bonobos hat sich Sex bei unserer Art von der ursprünglichen Fortpflanzungsfunktion abgelöst und eine wichtige soziale Funktion übernommen. All diese Übereinstimmungen sprechen dafür, dass wir Sex daher auch ähnlich wie Bonobos zur Konfliktlösung eingesetzt haben und damit ursprünglich ebenfalls als bisexuell angelegt sind.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Ich bin bisexuell. 💕💜💙

tobi09942 
Beitragsersteller
 10.10.2022, 14:35

ahh okaaaayyyy vieeellenn daaank :)))))
ja, begriffe wie "heteroflexibel, bi-interessiert oder bi-neugierig" könnten zutreffen auf meine frage

auf solche studien hab ich gewartet
jzt weiß ich bestens bescheid danke :DD

Wahrscheinlich schon, Sexualität scheint von Natur aus ungerichtet zu sein. Wie sie sich entwickelt bzw. ausprägt ist aber völlig ungeklärt und Jeder der behauptet die Antwort zu wissen beweist damit nur seine Wissenslücken. Sexualität ist aktuellen Erkenntnissen zu Folge weder angeboren noch anerzogen.


tobi09942 
Beitragsersteller
 09.10.2022, 20:40

ja da hast du echt recht :)

Wenn Du das Küssen oder auch bereits das Umarmen 2er gleichgeschlechtlicher Personen schon zu 1% der Notwendigkeit einer Bi oder 2% der Homosexualität zählst, unter Ausblendung, möglicher anderer Faktoren: Ja, nahezu JEDE/R.


tobi09942 
Beitragsersteller
 09.10.2022, 20:37

okay danke, sehr verwirrender text xD

Wiesel  09.10.2022, 20:44
@tobi09942

Wenn Du nicht in der Lage bist, etwas anspruchsvollere, seperiendere Antworten zu erhalten, dann stelle die Frage konkreter.

tobi09942 
Beitragsersteller
 09.10.2022, 20:46
@Wiesel

es sind nur nicht alltägliche wörter und so weiter verwendet worden
aber gute satzstruktur, respekt

Wiesel  09.10.2022, 21:02
@tobi09942

Ok, ich versuche es einfacher.

Schubst Du bereits einfachste, erotische Handlungen (Umarmen, links und rechts Mal Küsse, Arbeitskollegen aus Respekt ein anerkenndender Klopfer auf die Schulter) bereits potentiell in die Homosexuelle Schiene, wenn beide desselben Geschlechts sind, lautet meine Antwort eindeutig JA!

tobi09942 
Beitragsersteller
 09.10.2022, 21:58
@Wiesel

okay auf die schulter klopfen nicht und so...
ich meine wo man mindestens ein wenig denkt bei gleichgeschlechtlichen das sie attraktiv sind, oder dass man bei gle.-gesch. "schmetterlinge" im bauch bekommt oder durch gle.-gesch. erregt wird
nagut das ist mit 1% zu viel. aber wenn man ein ganz kleines bisschen sich hingezogen fühlt, auch wenn es so minimal ist, dass man es nicht wirklich merkt
sry besser kann ich es ned ausdrücken haha

Wiesel  09.10.2022, 22:32
@tobi09942

Du bringst schon wieder 2 meilenweit entfernte Widersprüche.

Einerseits nennst Du Optik als "attraktiv" was ich als völlig normal ansehe, andererseits als "Ständervorlage", was mMn etwas ABSOLUT anderes ist.

tobi09942 
Beitragsersteller
 10.10.2022, 14:32
@Wiesel

ich meine das geringste was geht (zB man denkt iwie attraktiv aber der gedanke verfliegt nach ein paar sekunden) > erregung ist was anderes das meine ich nicht, du hast recht