Ist das Architektenhonorar für unseren Umbau und Anbau üblich?
Hallo zusammen,
wir planen aktuell einen Umbau mit Anbau an unserem Mehrfamilienhaus (Baujahr 1989) in der Nähe von Stuttgart. Dabei sollen aus drei Wohnungen zwei gemacht werden, ein kleiner Anbau erfolgen und das Haus modernisiert werden. Das geplante Bauvolumen liegt bei ca. 500.000 € netto.
Wir haben schon mit mehreren Architekten gesprochen und jetzt ein Angebot für die Leistungsphasen 1–8 gemäß HOAI 2021 vorliegen:
- Berechnungsgrundlage: § 35 Abs. 1 Gebäude, KG 300 und 400
- Honorarzone: III
- Basishonorarsatz
- Umbauzuschlag: 20 %
- Nebenkosten: 3 %
Das Angebot beläuft sich auf ca. 90.600 € brutto bei den 500.000€ netto Bauvolumen. Das erscheint uns recht hoch, aber in unserem Umfeld gibt es niemanden mit Erfahrung in diesem Bereich.
Daher folgende Fragen:
- Ist diese Honorarberechnung für unser Vorhaben und die Region Stuttgart üblich?
- Wie wird die passende Honorarzone bestimmt? Ist Honorarzone III für unser Projekt plausibel?
- Sind 20 % Umbauzuschlag gängig für einen Umbau/Anbau in unserer Region?
- Was genau umfassen die Nebenkosten und sind 3 % dafür realistisch?
- Kann man hier prinzipiell verhandeln oder ist das eher unüblich?
Mir ist bewusst, dass ohne detailliertere Angaben keine genaue Einschätzung möglich ist. Trotzdem bin ich für jeden Hinweis oder Erfahrungswert dankbar und ob das grob in die richtige Richtung geht oder ob wir hier zu gutmütig sind.
Vielen Dank vorab für eure Antworten! 😊
2 Antworten
Ist diese Honorarberechnung für unser Vorhaben und die Region Stuttgart üblich?
Die Größenordnung passt gut laut HOAI. Kann man auch selbst nachrechnen lassen: https://www.hoai.de/hoai/rechner
Wie wird die passende Honorarzone bestimmt? Ist Honorarzone III für unser Projekt plausibel?
Honorarzone III sind "durchschnittliche Anforderungen". Als Beispiele werden laut HOAI genannt Wohnhäuser, Wohnheime und Heime mit durchschnittlicher Ausstattung. Zone III Basissatz ist für so ein Projekt eigentlich schon das Mindeste.
https://www.lexsoft.de/cgi-bin/lexsoft/justizportal_nrw.cgi?xid=3812042,60
Sind 20 % Umbauzuschlag gängig für einen Umbau/Anbau in unserer Region?
Das ist keine Frage der Region, sondern in der HOAI vorgesehen. Er darf sogar höher sein.
§ 36 Umbauten und Modernisierungen von Gebäuden und Innenräumen
(1) Für Umbauten und Modernisierungen von Gebäuden kann bei einem durchschnittlichen Schwierigkeitsgrad ein Zuschlag gemäß § 6 Absatz 2 Satz 3 bis 33 Prozent auf das ermittelte Honorar in Textform vereinbart werden.
(2) Für Umbauten und Modernisierungen von Innenräumen in Gebäuden kann bei einem durchschnittlichen Schwierigkeitsgrad ein Zuschlag gemäß § 6 Absatz 2 Satz 3 bis 50 Prozent auf das ermittelte Honorar in Textform vereinbart werden.
Was genau umfassen die Nebenkosten und sind 3 % dafür realistisch?
Fahrtkosten, Druckkosten, Gebühren usw. Die Höhe ist OK, wir haben auch schon 5 % berechnet.
Kann man hier prinzipiell verhandeln oder ist das eher unüblich?
In gewissem Umfang ja, aber der Preis ist OK. So ein Projekt zieht sich viele Monate hin und Umbauten stecken oft voller Überraschungen. Solche kleineren Um- und Anbauten im Wohnungsbau sind deshalb nach HOAI-Berechnungen oft schon kaum auskömmlich für die Planer.
Alternativ könnte man die Planer mal fragen, ob sie auch eine Abrechnung nach Stunden anbieten würden. Dann ist die Honorierung übersichtlicher und passt sich immer dem realen Aufwand an.
Sind in den genannten 3 % Nebenkosten auch Leistungen wie die eines Statikers oder Energieberaters enthalten
Die Kosten für die Fachplaner kommen immer extra dazu.
Sie erwähnen, dass der Umbauzuschlag bis zu 33 % (bzw. 50 % bei Innenräumen) betragen kann. Wird dieser Zahl tatsächlich nur grob geschätzt vom Architekten nach einer ersten Besichtigung?
Es ist nur eine Schätzung aus Erfahrung.
Bzw. kann es passieren dass diese nachträglich hoch oder runter kalkuliert wird nach tatsächlichen Mehraufwand, oder wird dieser Prozentsatz einmalig am Anfang festgelegt?
HOAI-Angebote sind pauschal. Das wird am Anfang auf das Honorar aufgeschlagen und es bleibt dann später dabei. Nachlässe wären reine Kulanz. Spätere Änderungen am Endpreis gibt es in der Regel nur, wenn der Umfang des Auftrages nachträglich geändert wird.
Anders gesagt: Der Planer schuldet nach HOAI für sein Pauschalhonorar das beauftragte Ergebnis. Wieviel Aufwand er für das Ergebnis braucht, ist allein seine Sache, bzw. eine Frage seiner internen betriebswirtschaftlichen Kalkulation.
An welcher Stelle wird normalerweise verhandelt wenn nach HOAI abgerechnet wird? An den Nebenkosten oder am Umbauzuschlag?
Spielt keine Rolle. Auf welcher sachlichen Grundlage wollten Sie das auch verhandeln? Sie können das als Laie nicht gegenrechnen. Wenn Ihnen das Gesamthonorar zu teuer ist, kann man den Architekten darauf ansprechen. Dann macht er vielleicht Vorschläge zur Reduzierung oder man wird sich halt nicht einig.
Falls die Planer eine Abrechnung nach Stunden anbieten, gibt es hier übliche Stundensätze oder Erfahrungswerte, mit denen man rechnen kann?
Es gibt offizielle Empfehlungen von Ministerien und Architektenkammern.
Inhaber*in/Abteilungsleiter*in: 153 Euro (netto)
Projektleiter*in: 128 Euro (netto)
Projektingenieur*in: 94 Euro (netto)
Techniker*in/Zeichner*in/sonstige MA: 66 Euro (netto)
Aus Sicht der Kammern stellen die v.g. Stundensätze ein tragfähiges und die Zukunft der Berufsstände absicherndes Mindestmaß dar.
https://www.aknw.de/aktuelles/news/details/news/empfehlungen-fuer-stundensaetze
https://www.byak.de/data/pdfs/Recht/Merkblaetter/HOAI_2023_M2_Stundensaetze.pdf
HOAI-Angebote sind pauschal. Das wird am Anfang auf das Honorar aufgeschlagen und es bleibt dann später dabei. Nachlässe wären reine Kulanz. Spätere Änderungen am Endpreis gibt es in der Regel nur, wenn der Umfang des Auftrages nachträglich geändert wird.
Anders gesagt: Der Planer schuldet nach HOAI für sein Pauschalhonorar das beauftragte Ergebnis. Wieviel Aufwand er für das Ergebnis braucht, ist allein seine Sache, bzw. eine Frage seiner internen betriebswirtschaftlichen Kalkulation.
Das Honorar wird demnach nicht automatisch angepasst, wenn die tatsächlichen Nettokosten im Nachhinein die Marke von 500.000 € überschreiten, beispielsweise aufgrund gestiegener Materialkosten? Eine Erhöhung des Honorars erfolgt nur, wenn während des Projekts Änderungen am Leistungsumfang vorgenommen werden, wie etwa durch den Wunsch, zusätzliche Wände einzufügen?
Das Honorar ist - bundesweit - in der Honorarordnung HOAI als Zahl festgelegt mit 61.642 € (98% ohne die Leistungsphase 9 für die Bausumme).Für den Wohnbau ist Zone III völlig in Ordnung. Bei der Beschreibung erscheinen 20% (12.328 €) Umbauzuschlag sogar niedrig angesetzt. Die Nebenkosten (2.219 €) würden in aller Regel bei ca. 5% liegen, sie hier aufzuschlüsseln würde den Rahmen sprengen. Auf alles kommt die Mwst. (= 90.652,11 €). Der Architekt hat einen Spielraum, der Verhandlung zulassen würde, gäbe es irgendwo einen deutlich niedrigeren Schwierigkeitsgrad (Tendenz zu Zone II). Es hat aber nach den vorliegenden Zahlen eine absolut angemessene Honorarberechnung gemacht. Ihr könnt den "HOAI-Rechner" googlen + es nachrechnen, aber bitte auch Zuschlag + Nebenkosten beim Ausfüllen nicht vergessen.
Gute Antwort!
Bei einem Umbau wir es immer teuer. Stuttgart ist dazu auch nicht das günstigste Pflaster. Ich finde 90.000€ für einen Umbau über 500.000 € auch in Ordnung.
Verhandeln tun viele Architekten auch im Nachhinein noch. Ein paar Prozent könnt ihr da vielleicht noch rausholen.
Die Aussage kann ich nicht einordnen. Was meinst du damit, dass du nichts baust?
Vielen Dank für die ausführliche und hilfreiche Antwort!
Ich hätte noch ein paar Rückfragen:
Nebenkosten:
Sind in den genannten 3 % Nebenkosten auch Leistungen wie die eines Statikers oder Energieberaters enthalten, oder kommen diese zusätzlich zum HOAI-Honorar?
Umbauzuschlag:
Sie erwähnen, dass der Umbauzuschlag bis zu 33 % (bzw. 50 % bei Innenräumen) betragen kann. Wird dieser Zahl tatsächlich nur grob geschätzt vom Architekten nach einer ersten Besichtigung? Bzw. kann es passieren dass diese nachträglich hoch oder runter kalkuliert wird nach tatsächlichen Mehraufwand, oder wird dieser Prozentsatz einmalig am Anfang festgelegt?
Verhandlungen:
An welcher Stelle wird normalerweise verhandelt wenn nach HOAI abgerechnet wird? An den Nebenkosten oder am Umbauzuschlag?
Stundenabrechnung:
Falls die Planer eine Abrechnung nach Stunden anbieten, gibt es hier übliche Stundensätze oder Erfahrungswerte, mit denen man rechnen kann?
Vielen Dank nochmals für die Unterstützung!