Ist das "Aiwanger-Flugblatt" antisemitisch?

3 Antworten

Nein, das Flugblatt ist nicht direkt "antisemitisch". Es fällt dennoch vermutlich unter die §130(3) und (4), denn als "satirisch überspitzt" kann man diese Bezüge auf Volksverräter, Konzentrationslager und insbesondere Ausschwitz und Dachau nicht mehr bezeichnen. Damit ist es eine Verharmlosung oder gar (unter dem "Volksverräter" Aspekt) eine Rechtfertigung. Nebenbei kommt ein indirekter antisemitischer Bezug durch das explizite Erwähnen von Ausschwitz mit dazu, denn dort wurden vornehmlich Jüdinnen und Juden umgebracht.

https://de.wikipedia.org/wiki/Opferzahlen_der_Konzentrationslager_Auschwitz

Der Inhalt erfüllt den Straftatbestand von Paragraf 130 StGB.

Wir haben es hier mit einer Verharmlosung und Rechtfertigung der NS-Verbrechen zu tun.

Die Aussage "Vergnügungsviertel Auschwitz" ist klar antisemitisch.

P.S. Die 25 Antworten lassen meiner Meinung nach Zweifel daran aufkommen, ob Aiwanger heute wesentlich anders denkt.


rumar 
Beitragsersteller
 04.09.2023, 12:18

"Wir haben es hier mit einer Verharmlosung und Rechtfertigung der NS-Verbrechen zu tun"

Das glaube ich nicht. Um die eigentlichen Beweggründe der damaligen jugendlichen Autoren zu eruieren, müsste man aber eine Zeitreise zurück in die späten 1980er Jahre machen, um sich mit einigen Jugendlichen zu unterhalten. Das können wir offensichtlich nicht. Meiner Meinung nach wollte der Autor den Deutschen (und insbesondere den Bayern) auf sarkastische Weise einen Spiegel vorhalten und ihnen unter die Nase reiben, dass eigentlich sie die Schuldigen am Jahrhundertverbrechen des Holocaust waren.

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verreisterNutzer  04.09.2023, 12:29
@rumar

Am selben Abend veröffentlichte das TV-Magazin report München des Bayerischen Rundfunks (BR) ein Interview eines ehemaligen Mitschülers. Ihm zufolge habe Aiwanger beim „Betreten des vollbesetzten Klassenzimmers“ gelegentlich den Hitlergruß gezeigt und vor Schülern „oft Hitler-Reden imitiert“. Außerdem habe er „Witze über Juden und das KZ Auschwitz“ erzählt. Er wurde von vielen Mitschülern „als Spinner abgetan“, der in einer pubertären Phase gewesen sei.[61][62] Am darauffolgenden Tag veröffentlichte der BR weitere Aussagen eines anderen Mitschülers, der zusammen mit Aiwanger 1990 das Abitur gemacht hatte. Demnach habe Aiwanger in der 10. Klasse während einer Klassenfahrt zu einer KZ-Gedenkstätte in der DDR einen „judenfeindlichen Witz“ geäußert, der dem ehemaligen Mitschüler bis heute in Erinnerung geblieben sei. Aiwangers politische Haltung während seiner Schulzeit sei „von nationalsozialistischem Gedankengut geprägt“ gewesen, dies sei auch von weiteren Mitschülern bestätigt. Er habe auch mehrfach abwertend über Türken , dunkelhäutige Menschen und Homosexuelle geredet.[63]

Das Flugblatt hat nichts mit Sarkasmus zu tun. Es ist einfach nur primitiv, abstossend, widerlich, und wäre, damals wie heute verfasst, strafbar nach Paragraf 130 StGB. Aiwanger hat Glück, dass es verjährt ist.

Charlotte Knobloch hält die Flugblatt-Affäre mit Söders Entscheidung noch nicht für beendet. Aiwanger müsse nun „Vertrauen wiederherstellen und deutlich machen, dass seine Aktionen demokratisch und rechtlich gefestigt“ seien.

Da hat sie Recht.

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rumar 
Beitragsersteller
 04.09.2023, 13:31
@verreisterNutzer

Ich kenne und kannte Aiwanger nicht und ich will ihn auch nicht verteidigen. Meiner Meinung nach ist aber die Geschichte mit dem Flugblatt allein nicht geeignet, ihn z.B. des Antisemitismus zu bezichtigen und daraus eine Staatsaffäre zu machen. Aber das müssen jetzt halt die Bayern ausmachen.

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Nein, ist es nicht. Aber das war der politischen Opposition und den Medien scheinbar egal. Hauptsache, man kann einen weiteren rechtsbürgerlichen Politiker als böse Nazisau da stehen lassen.

Woher ich das weiß:Hobby – Ich interessiere mich sehr für (nationale) Politik