Inhalt und Aussagekraft des Bildes?

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Versuch einer Interpretation:

Ein sehr schönes, beeindruckendes Gemälde von Erich Ernst Heilmann. Dem Maler gelingt es, eine zu Herzen gehende Trauer in den Blick des Mädchens zu legen. Das Mädchen, eventuell eine Braut, worauf das weiße Kleid hindeuten könnte, sitzt auf einem Sessel. Sein Gesicht ist hübsch, hat wohlgebildete Gesichtszüge, die angenehm miteinander harmonieren. Die Farbe des Gesichtes enthält einen leichten, kaum merklichen blass-bräunlichen Teint. Die Nase ist denkbar edel geformt und hat an der Nasenspitze einen unmerklichen Zug nach unten. Der Mund ist klein, fällt aber durch eine intensive Rotfärbung auf. Der Hals des Mädchens ist schmal und gut geformt, d.h. er ist weder zu lang noch zu kurz. Die schwarzen Haare sind bemerkenswert dicht; von einem Mittelscheitel aus liegen sie zunächst relativ streng gekämmt am Kopf, allerdings ist dessen Hauptteil durch einen breitkrempigen, gelben Strohhut verdeckt. Zur rechten Seite hin fließen die Haare jedoch unter dem Hut in einem langen, lockeren Pferdeschwanz bis weit über die Schulter hinunter. Auffällig und zur Interpretation anregend erscheinen das weiße Kleid und die rechte Hand, die auf einem Poesiealbum liegt, wobei der Zeigefinger deshalb gespreizt ist, weil der Daumen offenbar in einer geöffneten Seite des Albums steckt. Außerdem fallen noch die roten Rosen auf, die oberhalb der breiten Krempe sich befinden und wahrscheinlich rund um die Gesamtkrempe des Hutes liegen. Das weiße Kleid hat eine eigenartige Form: es ist bis zum Hals hochgeschlossen, nur am linken Ärmel, wohl auch am rechten, zeigen sich Bänderstrukturen; auch ist der Ärmel offenbar etwas durchsichtig, und die Unterarme sind entblößt.

Die genannten Strukturen des Bildes reizen - wie gesagt - zu einer Interpretation. Das weiße Kleid symbolisiert die Unschuld des Mädchens (eventuell der Braut) am Ende der Kindheit bzw. des Jugendalters. Das Poesiealbum deutet auf die Neigung vieler Mädchen hin, sich viele poetische Spruchweisheiten hineinschreiben zu lassen. Auf einer Seite des Albums, in der der Daumen des Mädchens steckt, steht vielleicht ein Spruch, der dem Mädchen am besten gefallen hat und den sie sich für das zukünftige Leben merken möchte. Doch warum liegt dieser Trauerzug in den Augen des Mädchens? Es empfindet wahrscheinlich den tiefen Einschnitt in ihrem Leben, dass eine Epoche seines Lebens zu Ende geht, die für sie Geborgenheit und Unschuld bedeutete, und dass die wohlmeinenden Sprüche ihres Poesiealbums endgültig dieser vergangenen Epoche angehören. Aber der Augenausdruck ist auch gebrochen: nicht nur Trauer, auch eine unmerkliche Angst könnte man darin ausmachen. Der Blick dieser Augen geht ins Leere oder auch in die Zukunft, sie scheinen dort, in ihrem künftigen Leben, Dinge zu vermuten, die sie ängstlich stimmen. 

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

Dieses Porträt enthält keine Merkmale der Stilrichtung "Neue Sachlichkeit". Denn dann gäbe es scharfe Konturen, gebrochene Farben, klare Räumlichkeit, es wäre kein Pastell - und außerdem wurde Heilmann erst 1924 geboren, ist also ein zeitgenössischer Maler und hat es 2014 gemalt.

http://www.artnet.de/k%C3%BCnstler/erich-ernst-heilmann/bildnis-einer-jungen-frau-gjM__3Eztj0c8LEWDmEulQ2

Die Stilrichtung steht in der Tradition der akademisch-realistischen Malerei des späten 19. Jh. (Gesicht) und zeigt in der lockeren Pinselführung (Kleid) Einflüsse aus dem Impressionismus.

Einige Lebensdaten nennt: https://www.mehlis.eu/de/catalogs/9820/item/3649/

Um den Ausdruck zu erfassen, prüfe ihn mithilfe von Adjektiven in Gegensatzpaaren:

erniedrigt - stolz, angestrengt - entspannt, hässlich - schön, schlicht - wertvoll, fern - nah, düster - strahlend, alt - jung, fröhlich - ernst, chaotisch - harmonisch ...

Die Frau bzw. ihr Kleid verschmilzt mit dem Hintergrund, was dafür sprechen könnte, dass eine gewisse Bedeutungslosigkeit vorherrscht.

Sie hat ihre Arme und Beine verschränkt und sitzt zum Betrachter zwar abgewandt aber dennoch etwas präsentiert (ihre Haare sind zu uns gerichtet). Ihr Blick schweift nach unten links und unterstreicht die Leere/bzw. Monotonie des Bildes.

Man könnte noch vieles analysieren, wie Machart/Licht/Kontraste und Anordnung der Bildelemente.

Im Großen ganzen wird hier Lebensrealität dargestellt - Langeweile, aber beachte: Oberschicht!

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung

Ich finde die junge Frau auf dem Bild sieht traurig aus, oder bilde ich mir das ein ??