Imperialismus im antiken Athen und der Zusammenhang mit der Demokratie

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Imperialismus ist ein sehr zugespitzter Ausdruck für die athenische Machtpolitik im 5. Jahrhundert.

Ein Bestreben, die Macht der Polis Athen und ihre Herrschaft zu stärken, zu vergrößern und auszuweiten, hat es gegeben.

Die Demokratie ist 508/507 v. Chr. durch Kleisthenes begründet worden, der beim Volk Unterstützung fand. Die Einführung ist nicht durch äußere Machtpolitik Athens herbeigeführt.

Die Außenpolitik hat aber zu einer vollen Entwicklung zu einer entschiedenen Demokratie (462/1 v. Chr. hat es dabei offenbar einen wichtigen Schon gegeben) beigetragen. Um sie ging es bei vielen Beschlüssen. Solche Fragen bildeten einen erheblichen Teil des Inhalts der Politik (vgl. die Hinweise bei Jochen Bleicken. Die athenische Demokratie. 2., völlig überarbeitete und wesentlich erweiterte Auflage. Paderborn ; München ; Wien ; Zürich : Schöningh, 1994, S. 322 – 325). Das Volk war durch Abstimmungen und Möglichkeiten von Vorschlägen und Diskussionsbeiträgen ebenso daran beteiligt wie durch Tätigkeiten der Bürger bei außenpolitischen Unternehmungen. Eine große Anzahl an Bürgern war durch militärische Leistungen wichtig. Insbesondere gewann die ärmste Bevölkerungsgruppe, die Theten (θήτες), durch Tätigkeit als Ruderer in der sehr wichtigen Flotte an Bedeutung.

Insofern konnte sich eine Machtzunahme Athens für seine Demokratie günstig auswirken.

Im dem Zusammenhang von Machtpolitik und Demokratie hat es eine Wechselwirkung gegeben. Die Außenpolitik hatte Unterstützung im Volk und der demokratische Zustand des Staates trug dazu, sie energisch und dynamisch zu führen.

Der 478/7 v. Chr. gegründete Attische Seebund wurde für die Athener zunehmend Mittel zur Durchsetzung und zum Ausbau einer Hegemonie (Vorherrschaft). Er entwickelte sich von einem von einer Vormacht geführten, aber grundsätzlich gleichberechtigten Bündnis (συμμαχία) zu einer athenischen Herrschaft (ἀρχή).

Die Seebundspolitik bot daneben allen Gruppen der athenischen Bevölkerung Chancen auf Vorteile/Gewinne.

Einführung von Zahlungen, die auch Ärmeren besser eine Beteiligung ermöglichten, Tagegelder für Geschworene in Volksgerichten, Mitglieder des Rates der 500 und etliche Amtsinhaber, eine μισθός (Lohn, Besoldung]) genannte finanzielle Aufwandsentschädigung (heute wird so etwas „Diäten“ genannt) und die Einrichtung einer Schaugelderkasse (θεωρικόν) zur Teilnahme an den Theateraufführungen während des dreitägigen Staatsfestes der Großen Dionysien konnten leichter gezahlt werden, wenn Athen Wohlstand genoß, auch wenn diese Einrichtungen in Zeiten eines Rückgangs des Machtbereichs ebenfalls finanziert wurden.

Außenbesitzungen/Kolonien (z. B. auf Lemnos, Imbros, Skyros), nämlich Apoikien (ἀποικία = Außensiedlung, sozusagen die Pflanzstadt/Tochterstadt einer Mutterstadt [μητρόπολις]) und Kleruchien (κληρουχία = mit einem Verfahren der Verteilung von Landlosen gegründete Bürgerkolonie), dienten vor allem dem Schutz des athenischen Machtbereichs. Zugleich boten sie den Siedlern eine Chance auf sozialen Aufstieg.

Wo in der Fragebeschreibung Macht angesprochen wird, bezieht sie sich auf zwei verschiedene Bereiche. Daher besteht kein Widerspruch. Eine Machtzunahme der Polis Athen, des Staates insgesamt, stellte keine Beeinträchtigung der Demokratie dar, war teilweise sogar förderlich für sie. Innenpolitisch geht es um die Macht innerhalb des Staates. Dabei war in der Demokratie Gleichheit wichtig. Alle Bürger hatten Anteil. Eine Regierungsgewalt, die politische Macht der Amtsinhaber, sollte verhältnismäßig gering gehalten werden. Die Volksversammlung (ἐκκλησία) der Rat (βουλή) der 500 (in regelmäßiger Abwechslung nach einem Losverfahren besetzt) und Volksgerichte waren wichtige Institutionen und übten Kontrolle über Amtsinhaber aus.

Das Sklavereiproblem ist ein anderer Gesichtspunkt. Die versklavten Leute waren keine athenischen Bürger (hatten kein Bürgerrecht). Eine Versklavung von Griechen war selten. 416 v. Chr. töteten die Athener gefangengenommene Melier (Bewohner der Insel Melos), die Frauen und Kinder verkauften sie in die Sklaverei (Thukydides 5, 116).

Eine Sklaverei von Athenern, die in Form von Schuldknechtschaft bestand, hat Solon Anfang des 6. Jahrhunderts v. Chr. abgeschafft, also schon in einer Zeit vor Erschaffung der Demokratie.

In der athenischen Demokratie hatten alle Vollbürger das Recht zur Abstimmung und zur politischen Teilhabe. Nicht abstimmungsberechtigt waren: Kinder, Frauen, Sklaven, dauerhaft in Athen lebende Ausländer (μέτοικοι: Metöken [Mitwohner]). Die ausgeschlossenen Gruppen kamen nach damaligem Verständnis nicht als an der politischen Herrschaft Beteiligte in Frage. Die Athener unterschieden ich darin nicht von anderen Staaten (ob mit einer demokratischen Verfassung oder einer anderen) dieser Zeit. Auch in der Neuzeit gab es z. B. in den USA zunächst Sklaverei und Frauenwahlrecht ist auch erst allmählich entstanden.


Albrecht  14.10.2012, 05:32

Die stimmberechtigten Männer waren zwar nur eine Minderheit der Bevölkerung. Dies ist eine Einschränkung, aber alle in Betracht kommenden Bürger (ohne Begrenzung nach gesellschaftlicher Herkunft oder Besitz) hatten Anteil und sie stellten nach zeitgenössischen Äußerungen das Volks dar.

Die Nichtbeteiligung war nicht durch eine bestimmte einzelne Staats- und Regierungsform verursacht, sondern eine allgemeine Angelegenheit des politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Systems. Was an Sklaverei und fehlender Gleichberechtigung der Frauen zu bemängeln ist, ist diesem System vorzuwerfen, nicht spezifisch der Staats- und Regierungsform Demokratie.

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Es gab keinen Imperialismus im antiken Athen. Imperialismus ist ein Phänomen des langen 19. Jhr und nicht der Antike. Kolonialismus wäre ein treffenderer Begriff, aber immer noch muss die Kolonisierung der Griechen in Mittelmeer von den Ereignissen nach dem 15. Jhr n. Chr. unterschieden werden.

Meiner Meinung nach, kann weder die Ionische Kolonisation im 11./10. Jhr v. Chr. noch die große Kolonisation vom 8. - 6. Jhr v.Chr. zur attischen Demokratie beigetragen haben, denn von Athen gingen keine Koloniegründungen in Übersee aus, ganz im Gegensatz zu Chalkis oder Milet. Es bleibt also nur noch die Binnenkolonisation Attikas von Athen aus. Attika selbst ist schon vor 9000 Jahren besiedelt und von allen Siedlungen dort muss Athen die wichtigste gewesen sein, war sie doch seit dem 4. Jahrtausend kontinuierlich besiedelt. Das Gebiet Attika ist zwar durch Berge räumlich begrenzt, an sich aber für Griechenland fruchtbar und ausreichend für eine gewisse Bevölkerungsgröße. Daher war es nicht nötig Kolonien zu gründen. Seit dem 10. Jhr. wächst die Bevölkerung und breitet sich immer weiter über Attika aus. Im 8. Jhr. wird der Prozess der Binnenkolonisation wohl seinen Höhepunkt erreicht haben und in dieser Zeit organisiert sich die Gesellschaft ganz Attikas, nicht nur Athens, in Genen, Phylen und Phratrien. Da sich die Athener als Nachfahren der Urbevölkerung Attikas hielten ist nicht davon auszugehen, dass es eine versklavte Urbevölkerung gab, wie es bei den Spartanern der Fall war. Das soll nicht heißen, dass es in Athen keine Sklaven gab, aber der größere Teil der attischen Gesellschaft, in der achaischen Zeit wohl eher fast die gesamte, bestand aus freien Bürgern. Diese alte Tradition des Gemeinwesens ist in diesem Ausmaß zumindest untypisch für Griechenland aber eine wichtige Grundvoraussetzung für das Entstehen der Demokratie nach Solon 594.

Moin,

die Kolonien Athens übernahmen die prinzipiell demokratische Struktur ihrer Heimatpolis. So wurde das System aus Athen verbreitet. Außerdem konnte Athen kulturell durch seinen Wohlstand wachsen, zu den Kolonien gab es dazu besondere Beziehungen.

Der Streit darüber, inwiefern man das damals Demokratie nennen konnte - v.a. aus unserer heutigen Sicht - hat damit egtl. nichts zu tun ;)

mfg Nauitcus