Immanuel Kant, kategorischer Imperativ bei der Erziehung?

2 Antworten

Das Verhalten des Vaters wäre dann aus Sicht des Vaters s richtig zu bewerten, wenn der Vater selbst grundsätzlich eine Bestrafung im Sinne das Auge um Auge, Zahn um Zahn befürworten würde.

Da dies nicht anzunehmen ist, hat der Vater im Sinne des kategorischen Imperatives nicht richtig gehandelt.

Der Vater verstößt hier selbst gegen seine eigene Regel. Er maßregelt den Sohn mittels Gewalt, wo er doch die Gewalttat seines Sohnes verurteilt. 

Sollte er also, entsprechend dem kategorischen Imperativ, einem übergeordneten Regelkanon folgen, so hat er diesen selbst ad absurdum gestellt und entgegen seinem kategorischen Imperativ gehandelt.

Kant wäre wohl nicht begeistert. :)

LG


PolluxHH  24.01.2017, 15:18

Hier bewegt sich die Prüfung in einem imperfekten System, was nicht vergessen werden darf. Grundsätzlich ist zudem die Frage, ob er die Gewalttat als solches oder als übersteigerte Reaktion ahndet und damit nur ihre Unangemessenheit, nicht aber seine Handlung als grundsätzlich gegen Gewalt gerichtet angesehen werden kann (man kann auch allgemein Angemessenheitsregeln für Gewalt halten). Dies ist der Fallstellung nicht zu entnehmen, aber es wäre zu prüfen.

Eine "Erziehung" entsprechend des kategorischen Imperativs wäre ja auch gerade damit zu vergleichen, dem zu erziehenden vorzuführen, welche Konsequenzen er für sich durch sein Handeln damit legitimierte, d.h. alleine die Erziehungsmaßnahme kann damit ausdrücklich darin bestehen, das eigene Rechtsempfinden ad absurdum zu führen, um dem anderen über die Spiegelung seines Verhaltens begreiflich zu machen, daß sein Handeln falsch war ("luthersche Ohrfeige"). Hier sind wir wieder bei Schopenhauers Kritik, die dann zu greifen beginnt, wenn man wie hier zu einem imperfekten System übergeht, welches dann Ausnahme- und Vorrangregeln erforderte. Um sauber im Analyserahmen von Kant zu verbleiben, müßte man eine Welt konstruieren, in der es keiner Erziehung bedarf.

Die über diese Fallstellung eigentlich einzig sinnvoll zu analysierende Position ist die des schlagenden Kindes, nur hierfür sind genügend Informationen gegeben. Der Aufbau der Frage beruht ja gerade darauf, daß hier auf Gewalt mit Gewalt reagiert wird, also mit einer zuvor grundsätzlich legitimierten Handlungsweise.