Historische Gründe, warum in einigen Ländern die Essenskultur so ausgeprägt ist?

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Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Da könnte ich jetzt einen mehrere Seiten langen Aufsatz drüber schreiben, da ich mich mit dieser Frage als bekenneder Gourmet schon ausführlicher gewidmet habe. Hier nur einige Stichworte, wrum Frankreich in Europa führend in der Esskultur ist:

  • die Klimazonen in Frankreich ermöglichen den Anbau von Gemüsen, Obst und anderen Produkten, die in Deutschland nicht angebaut werden können. Das betrifft insbesondere mediterrane Produkte.
  • Frankreich hat eine sehr lange Atlantikküste sowie Zugang zum Mittelmeer, was insbesondere die Vielfalt und den Zugang zu Meeresfrüchten ermöglicht, die in Deutschjland unmöglich ist. In früheren Zeiten gelangten gerade mal Salzheringe ins Binnenland.

Frankreich hatte also schon mal von den Produkten einen Startvorteil.

Entscheidend ist aber die Historie. In ganz Europa pflegte der Hochadel und insbesondere die Königshöfe im 18. Jahrhundert durchaus eine gehobene Küche und raffinierte Speisen. Für die einfachen Bürger gab es nur Gasthäuser, in denen die Wirtsleute irgendetwas herzhaftes kochten und das konnten die Gäste haben oder auch nicht. Meistens waren das irgendwelche Suppen aus dem großen Topf überm offenen Feuer, zu denen Brot gereicht wurde.

Dann kam in Frankreich die Revolution, durch die viele Adlige ihr Leben oder zumindest ihr Vermögen verloren. Dadurch wurden die ganzen Köche der Adligen arbeitslos. Die überlegten sich nun, wie sie weiter ihren Lebensunterhalt bestreiten könnten und so gründeten sie zunächst in den großen Städten die ersten Restaurants, die verschiedene Speisen auf hohem kulinarischen Niveau anboten. Es entstanden die ersten A-la-Carte-Restaurants der Welt und das mit der Erfindung der Speisekarte verbunden. Von nun an hatte auch das breite Bürgertum Zugang zu kulinarischen Genüssen abseits der klassischen bürgerlichen Küche. Hier liegt der Grundstein der französischen Küchen- und Esskultur, die vom Adel ins Bürgertum übertrat.

Fortan setzte unter den Köchen bzw. Restaurants ein Wettberwerb um die Kunden ein und brachte diverse Spitzenköche hervor. Das geschah zunächst aber nur in Frankreich. Der erste Spitzenkoch zu Anfang des 18. Jahrhunderts war Marie-Antoine Carême, der diverse Kochbücher schrieb, die einen großen Einfluss auf viele andere französische Köche hatte. In diesen Kochbüchern ging es schon stark um die Verfeinerung der Methoden, Zubereitungen und Raffinessen. Dazwischen gab es einige weitere herausragende Köche, die dir französische Küche weiterentwickelten. Um 1940 herum betrat dann Paul Bocuse, der König aller Köche, die Bühne und entwickelte die Nouvelle Cuisine, die sich aus der traditionellen französischen Kücher heraus entwickelte und die Grundlage für die heutige Spitezngastraonomie bidte.

In Deutschland begannen sich A-la-Carte-Restaurants erst Mitte bis Ende des 19. Jahrhunderts in den Großstädten zu bilden, in denen sich ein wohlhabendes Bürgertum herausbildete, das zunächst zu Hause und später auch in Restaurants sich gute Küche leistete und genoss.

Es gab bei „Genial daneben“ mal eine Frage dazu zu Frankreich, und da hieß es dass bei der Französischen Revolution, als die Adligen alle geköpft wurden, deren Angestellte arbeitslos wurden, und die Köche dann Restaurants eröffneten und damit quasi die Gastronomiebranche überhaupt erst aufkam…

Ich könnte mir persönlich allerdings auch vorstellen, dass es ein Stück weit einfach Zufall war.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – Lebe und arbeite seit 2017 in Japan