Handeln von Bonhoeffer rechtfertigen?

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Nein, er konnte es mit der Bibel nicht rechtfertigen. Er hat seiner Gemeinde auch verboten öffentlich für ihn zu beten, sollte das Attentat schiefgehen (ist es ja). Er hat mit sich gerungen. Da er die Möglichkeit hatte und er meinte, schuldig zu werden, wenn er nicht versuchen würde, Hitler loszuwerden oder sich an einem Attentat zu beteiligen, hielt er sich an Luthers Aufforderung: »Sündige tapfer, doch tapferer glaube und freue dich in Christus, der Herr ist über Sünde, Tod und Teufel.«


"...Bonhoeffer war von diesem Vorhaben alarmiert. An der Wende vom März zum April 1933 trug er Überlegungen zur Forderung nach einem solchen kirchlichen „Arierparagraphen“ in einem Kreis von Pfarrern vor. Nach seiner Überzeugung konnten die Zugehörigkeit zur Kirche und der Zugang zu ihren Ämtern nur unter Glaubensgesichtspunkten beurteilt werden. Gesetzliche Vorgaben, erst recht solche, die rassistische Ausschließungsgründe geltend machten, waren für ihn mit dem christlichen Bekenntnis unvereinbar. Darin sah er einen Bekenntnisfall, einen status confessionis, vor dem die Kirche nicht ausweichen konnte....
Dohnanyi beteiligte sich auch unmittelbar an Umsturzvorbereitungen, so insbesondere an Henning von Tresckows und Fabian von Schlabrendorffs Attentatsversuch am 13. März 1943, bei dem der in Hitlers Flugzeug geschmuggelte Sprengsatz wegen zu großer Kälte im Frachtraum des Flugzeugs nicht zur Explosion kam. In solche Aktivitäten wurde Bonhoeffer nicht einbezogen....
Dann besteht die Aufgabe der Kirche darin, „nicht nur die Opfer unter dem Rad zu verbinden, sondern dem Rad selbst in die Speichen zu fallen. Solches Handeln wäre unmittelbar politisches Handeln der Kirche und ist nur dann möglich und gefordert, wenn die Kirche den Staat in seiner Recht und Ordnung schaffenden Funktion versagen sieht.“[34]
In dieser Situation formulierte er im Winter 1940/41 für seine „Ethik“ ein „Schuldbekenntnis“, in dem es nicht nur um die Schuld des Einzelnen, sondern mehr noch um die Schuld der Kirche geht. Deren verweigerter Widerstand steht im Zentrum; das wird unter anderem mit folgenden Worten beklagt: „Die Kirche [...] hat die Gerechtigkeit Gottes nicht so verkündigt, dass alles menschliche Recht in ihr die Quelle des eigenen Wesens sehen musste. [...] Durch ihr eigenes Verstummen ist die Kirche schuldig geworden an dem Verlust an verantwortlichem Handeln, an Tapferkeit des Einstehens und Bereitschaft für das als recht Erkannte zu leiden. Sie ist schuldig geworden an dem Abfall der Obrigkeit von Christus.“....
https://www.blaetter.de/ausgabe/2020/april/dem-rad-in-die-speichen-fallen

Bonhoeffer hat seine Motivation zum Widerstand in dem Leid der Menschen gefunden. Ähnlich wie die Israeliten in Ägypten gefangen waren, so waren zu seiner Zeit die Juden durch den neuen Pharao Hitler gefangen. https://glaubenssache-online.ch/2018/02/26/widerstand-und-ergebung/

1933 veröffentlicht er den Aufsatz "Die Kirche vor der Judenfrage" und verlangt darin von der Kirche, nicht nur den Opfern der staatlichen Gewalt zu helfen, sondern auch aktiven Widerstand zu leisten – "dem Rad selbst in die Speichen fallen“. https://geladen haben-wissen.de/geschichte/nationalsozialismus/dietrich_bonhoeffer_getarnter_kurier_des_widerstands/index.html

Bonhoeffer leistete keinen politischer Widerstand sondern sah das Versagen der Kirchen, die durch Schweigen die Leidzufügung des NS-Systems duldeten und so Schuld auf sich geladen haben. Dietrich Bonhoeffer war also einer der ersten, der die Kirche in Deutschland aufforderte, ihre Stimme für die Juden zu erheben. 

Die Bereitschaft, selbst Entscheidungen zu treffen, das ist es, was wir von Bonhoeffer lernen können. Er hat stets zur eigenen Meinungsbildung und zum selbständigen Denken angeregt. 


Eyserider 
Beitragsersteller
 15.05.2022, 18:10

Vielen Dank für deine Hilfe 😊

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