Wie kann ich diese Karikatur beschreiben und analysieren?

Karikatur Dolchstoss Legende - (Schule, Geschichte, Karikatur)

2 Antworten

Allgemeines zur Vorgehensweise

Analysieren bedeutet, etwas in seine Bestandteile zu zerlegen/aufzulösen, diese auf der Grundlage von Kriterien/Kennzeichen/Eigenschaften/Unterscheidungsmerkmalen zu erfassen, sie in einer Untersuchung zu ordnen und auszuwerten.

Eine Beschreibung der Karikatur ist der erste Schritt. Es geht darum, was bei der Betrachtung der Karikatur in der Sinneswahrnehmung zu sehen ist.

Ein zweiter Schritt ist eine Deutung/Erklärung. Es geht darum, was das Dargestellte bedeutet und was insgesamt die beabsichtige Aussage der Karikatur ist.

Als ein dritter Schritt kann sich eine Einordnung und eine Wertung/Bewertung/Beurteilung/Stellungnahme anschließen.

Bei der Beschreibung kann darauf geachtet werden, welche Situation/welche Lage/welches Ereignis/welcher Zustand/welche Entwicklung/welches Problem dargestellt ist, welche Figuren/Staaten/Völker abgebildet sind und wie (Mimik, Gestik, Körperhaltung, spezielle Merkmale und beigefügte Gegenstände), was für Symbole (Zeichen, die für etwas stehen) und Metaphern (in übertragener Bedeutung verwendete Ausdrücke) vorkommen, was auf welche Weise abgebildet ist, wie der Bildaufbau gestaltet ist (welche Perspektive ist gewählt, was ist im Vordergrund, im Hintergrund, im Mittelpunkt, wird hervorgehoben?), welche Überschrift oder Bildunterschrift beigefügt ist, welche Texte gegebenfalls vorhanden sind, was für auffallende Gestaltungsmittel (wie Farbe, Schattierung, Verzerrung) verwendet sind.

Bei der Deutung/Erklärung kommt es darauf an zu verstehen, was das Thema der Karikatur ist, in welchen Zusammenhängen sie steht, was die Bestandteile bedeuten, wie die Aussageabsicht ist, an wen sich die Karikatur richtet und welche Ziele dabei verfolgt werden (wogegen wendet sich die Karikatur/wen und was greift sie an, wen und was verteidigt/befürwortet sie).

Bei der Einordnung und Wertung/Bewertung/Beurteilung/Stellungnahme kann zum einen ein Sachurteil, zum anderen ein Werturteil geschreiben werden. Es kann einerseits untersucht und angegeben werdern, welche Meinung in einem größeren/übergeordneten Zusammenhang vertreten wird, wie genau, deutlich und schnell wahrnehmbar die Aussageabsicht vermittelt wird, wie geeignet die Darstellungsmittel zum Erreichen der Ziele, wie gut Bild und Text zusammenpassen. Es kann andererseits ein persönliches Urteil mit Bezug auf Werte abgegeben werden.

Auf Internetseiten stehen mehr oder weniger ausführliche Hinweise, z. B.:
http://www.silberkamp.de/downloads/fp_mk_po01.pdf

http://www.uni-konstanz.de/FuF/Philo/Geschichte/Tutorium/Themenkomplexe/Quellen/Quellenarten/Karikatur/Auswertung/auswertung.html

einige Hinweise zur abgebildeten Karikatur

http://www.hassia-judaica.de/Themen/1919_Antisemitismus_mit_dem_Stimmzettel_Teil2/19192.htm

Beschreibung

In einem in ganzer Länge durch die Landschaft reichenden Graben stehen Soldaten (Stahlhelme, Uniformen) mit Gewehren/Maschinengewehren. Sie blicken nach vorne (bzw. ausnahmsweise zum Nebenmann) und verteidigen ihre Stellung. Ein wenig vor dem Graben ist ein Verhau mit Pfählen und an einer Stelle scheint ein Panzer (aus dem Rauch aufsteigt) durch Beschießen gestoppt worden zu sein (nicht deutlich zu sehen).

Hinter den Soldaten sind, von ihnen unbemerkt, Zivilisten, wie an der Kleidung (Anzüge, Hemden, Krawatten, Schuhe) erkennbar ist.

In der Bildmitte steht ein großer, hagerer, älterer Mann, der mit energiegeladener Körperhaltung und entschlossenem Blick vorgebeugt ist und in der rechten Faust einen Dolch hoch erhoben hält. Offenbar ist er dabei, die Soldaten anzugreifen und niederzustechen.

Hinter ihm steht abwartend ein beleibter Mann mit Brille und hält eine Zigarre in der rechten Hand.

Dahinter sitzen zwei Männer auf Geldsäcken. Sie haben auffallend große krumme Nasen. Der eine blickt auf einen Geldschein, der andere zufrieden grinsend auf die Szene mit dem Dolchangriff.

Im Hintergrund läuft eine ziemlich ungeordnete Volksmenge, wobei viele Fahnen hochhalten.

Deutung/Erklärung

Die Darstellung bezieht sich auf das Ende des Ersten Weltkrieges und den Übergang vom Kaiserreich zur Weimarer Republik durch die Novemberrevolution 1918.

Ein zentrales Stichwort ist Dolchstoßlegende.

Die Oberste Heeresleitung (OHL), an der Spitze Paul von Hindenburg und Erich Ludendorff, behauptete, das deutsche Heer an der Front sei im Felde unbesiegt geblieben und sei aus der Heimat von hinten erdolcht worden. Vaterlandslose Leute hätten heimlich und planmäßig Heer und Flotte zersetzt und seien den kämpfenden Frontsoldaten in den Rücken gefallen. Friedensinitiativen, Streiks (im Januar 1918 z. B. Streiks in der Munitionsindustrie) und Sabotage hätten die deutsche Armee und ihren Kampfgeist geschwächt und die Niederlage verursacht.

Die Behauptung ist eine lügenhafte Geschichtsfälschung, die an den wahren Tatsachen vorbeigeht. Ein Vorwurf, die Novemberrevolution 1918 habe die Niederlage verschuldet (die an der Novemberrevolution Beteiligten wurden von rechtextremer Seite als „Novemberverbrecher“ angegriffen), ist eine Verkehrung von Ursache und Wirkung.

Die Dolchstoßlegende bot der militärischen Führung eine Entlastung, weil sie wahrheitswidrig zivilen Politikern die Verantwortung für die Niederlage zuschob.

Die OHL hat in Wirklichkeit am 29. September 1918 die Reichsregierung wegen der schlechten militärischen Lage (ein Halten der Front schein nicht mehr lange möglich) dringend zu Verhandlungen über einen Waffenstillstand aufgefordert.

Für viele deutsche Soldaten kam die Niederlage überraschend, weil sie sich noch auf gegnerischem Gebiet befanden und die Generäle die tatsächliche Lage längere Zeit nicht öffentlich zugegeben, sondern beschönigt hatten.

Mit der Dolchstoßlegende wurden von politisch rechtsstehenden Kräften innnenpolitische Gegner angegriffen. Insbesondere die Linke (Sozialdemokraten/Sozialisten) wurde beschuldigt, aber auch allgemein die demokratischen Parteien, die für den neuen Staat, die Weimarer Republik mit einer parlamentarische Demokratie eintraten.

Die Dolchstoßlegende hat der parlamentarischen Demokratie geschadet.

Die Karikatur ist eine rechtsextreme Propaganda-Postkarte, wohl aus dem Jahr 1923 oder 1924.

Das deutsche Heer wird in einem Abwehrkampf gezeigt (in einem Graben, ein Kennzeichen für den Stellungskrieg).

Der Mann in der Bildmitte, der dabei ist, die ahnungslosen Soldaten heintückisch und hinterhältig zu erdolchen, ist eine Darstellung von Philipp Scheidemann (SPD), der am 9. November 1918 die Republik ausgerufen hatte, Mitglied im Rat der Volksbeauftragten (als vorläufige Regierung tätig) war und 1919 Ministerpräsident des Deutschen Reiches wurde.

Der Mann dahinter ist eine Darstellung von Matthias Erzberger (Deutsche Zentrumspartei; kurz: Zentrum), Urheber der Friedensresolution des Deutschen Reichstages vom 19. Juli 1917, Unterzeichner des Waffenstillstandes von Compiègne am 11. November 1918 und später Reichfinanzminister. Das Zentrum war die Partei des politischen Katholizismus. Indem er auf der Karikatur nicht eingreift, sondern sich genußvoll eine Zigarre gönnt, zeigt er Zustimmung zum Erdolchen.

Die dahinter sitzenden Männer sollen eine Darstellung reicher Juden sein. Die Karikatur stellt jüdische Geschäftemacher/Kapitalisten, die finanziell von der Sache profitieren, als Anstifter und Nutznießer des Erdolchens dar. Die Karikatur ist also nicht nur gegen Linke/Demokraten, sondern auch judenfeindlich und rassistisch. Dies war für Völkische und Nationalsozialisten kennzeichnend.

Die Volksmenge im Hintergund ist wohl eine Darstellung von Novemberrevolutionären.

Die Karikatur verbreitet propagandistisch ein (falsches) Geschichtsbild. Der Text „Deutsche, denkt daran!“ ist ein Aufruf/eine Mahnung. Der angebliche Dolchstoß soll als Sichtweise eingeschärft werden. Dies zielt darauf, Unterstützung für rechtsextreme Parteien/Bewegungen/Organisationen zu gewinnen (besonders von Nationalisten/Menschen mit starkem Nationalgefühl) und Haß und Feindseligkeit gegen bestimmte Gruppen hervorzurufen und zu steigern.

Einordnung und eine Wertung/Bewertung/Beurteilung/Stellungnahme

Die Karikatur ist geeignet, die Aussageabsicht zu veranschaulichen und zu vermitteln. Sie kann an bestehende Vorurteile und Feindbilder anknüpfen.

Sie ist in einem Werturteil als schlecht zu beurteilen, ein übles Propagandamachwerk. Die Darstellung verstößt gegen die Wahrheit und ist eine niederträchtige Verleumdung. Die Absicht ist gegen die politische Ordnung der Weimarer Republik und ihre Vertreter gerichtet. Die dahinterstehende Einstellung ist antidemokratisch, judenfeindlich und rassistisch.

Also was ich sehe sind Soziallisten ( die mit den Flaggen hinten) die den Deutschen Soldaten ( Grabenkrieg 1. Weltkrieg) in den Rücken fallen wollen.