Gibt es irgendein Land auf der Welt, welches Denkmäler für die Schandtaten der eigenen Vorfahren errichtet?

8 Antworten

Hallo sohndesuedens,

das Denkmal in Berlin ist nicht den Tätern, sondern den Opfern, den ermordeten Juden gewidmet. Man möchte dafür sorgen, dass die eigene Vergangenheit den Deutschen im Gedächtnis bleibt, auf das sowas nie wieder passiert.

Und inwiefern macht die "Begründung", die da lautet "damit so etwas nicht wieder passiert" Sinn ? Werde ich dadurch davor bewahrt, einen Amoklauf zu begehen, dass ich mir ständig Horrfilme anschaue ?

Neuerdings sieht man viele Menschen, die sich der AfD zuwenden. Eine Partei, welche in der Vergangenheit bereits rechtsextreme, verfassungsfeindliche und faschistoide Strömungen in ihrer Mitgliederschaft zugelassen hat. Solange es solche Denkmäler in unserer Gesellschaft gibt, kann man für den Fall, dass irgendwann mal wieder eine faschistische Kraft an der Macht ist, verhindern, dass die Menschen behaupten, sie hätten nicht gewusst was sie taten.

Viele Menschen, die zur Zeit des Nationalsozialismus gelebt haben, entgegneten später nämlich, dass sie keine Ahnung von den Verbrechen hatten. Das mag in manchen Fällen stimmen, in manchen Fällen war das aber auch sicher eine Schutzbehauptung. Tatsache ist aber, dass solche Verbrechen passierten und auch nach wie vor passieren.

So ein Denkmal, im Herzen unserer Hauptstadt, zwingt die Menschen, sich mit der Vergangenheit auseinander zu setzten.

Der Umgang mit dem NS, ist nicht als "Erbsünde" zu verstehen, wie das manche Menschen manchmal wahrnehmen, sondern er soll verhindern, dass Menschen nie wieder eine Schuld von sich abweisen können, für die sie selber verantwortlich sind, z. B. durch die Wahl von Verfassungsfeinden.


sohndessuedens 
Beitragsersteller
 15.04.2023, 15:25

Das ist eben genau die Frage, für wen diese Denkmäler und Gedenkstätten errichtet werden.

Und dieses Zwingen zum Gedenken ist genau das Problem: Uns Deutschen wird nicht nur ständig erzählt, was wir für schlimme Vorfahren haben, sondern wir werden auch für so schlimm gehalten, dass wir nicht mal selber auf den Gedanken kommen, dass es mal angebracht sein könnte, sich damit zu beschäftigen.

Nehmen wir an, mein Opa wäre ein Serien-Vergewaltiger und hätte zehn Frauen bestialisch ermordet und ich hätte sogar Bilder von den entstellten Leichen gesehen. (Parallele: Holocaust wird im Schul-Unterricht gelehrt).

Müsste man mich dann noch dazu zwingen, mich daran zu erinnern ?!

oceanx22  15.04.2023, 15:36
@sohndessuedens

Die Moral von der Geschichte ist nicht, dass wir schlimme Vorfahren haben (die sicher jedes Land hat), sondern, dass ein Massenmord im industriellen Maßstab vor den Augen vieler Menschen passieren kann und es die Niederlage in einem Weltkrieg braucht, um diesen zu beenden, weil die Mehrheit offenbar die Augen verschloss.

sohndessuedens 
Beitragsersteller
 15.04.2023, 15:39
@oceanx22

Alles nicht falsch. Aber inwiefern wird dadurch meine ursprüngliche Frage beantwortet?

oceanx22  15.04.2023, 15:45
@sohndessuedens

Du hast gefragt

Gibt es irgendein Land auf der Welt, welches Denkmäler für die Schandtaten der eigenen Vorfahren errichtet?

Was eine Schandtat ist, ist subjektiv. Ich finde z. B. den Vietnamkrieg schändlich und fände dementsprechend ein Denkmal schändlich, dass dieser Soldaten gedenkt. Der Kontext lässt darauf schließen, dass du damit auf das Holocaust-Denkmal in Berlin abzielst und der Meinung bist, dass es vergangener Taten gedenkt, an die du dich nicht gerne erinnern möchtest. Ich habe dir geantwortet, nämlich, dass ich hier eine andere Funktion sehe und dir beschrieben, inwiefern ich diese wichtig finde. Wenn mein ursprünglicher Schluss falsch war, wobei deine Frage nun mal sehr vage formuliert ist und du dich dann nicht über Fehlschlüsse wundern solltest, dann ignoriere einfach meine Antwort.

sohndessuedens 
Beitragsersteller
 15.04.2023, 15:49
@oceanx22

Ich meine nicht irgend ein konkretes Denkmal. Gibt es nicht etliche Holocaust-Gedenkstätten in Deutschland? Und ich meine den ständigen Aufruf durch Politik usw. zum "Gedenken"...

sohndessuedens 
Beitragsersteller
 15.04.2023, 15:53
@oceanx22

Ja, ich weiß, dass Denkmäler prinzipiell dazu da sind, um der Opfer - und nicht der Täter zu gedenken...

Hast Du den durchklingenden Tenor meiner Frage nicht erkannt?

earnest  15.04.2023, 16:36
@sohndessuedens

Nein, das ist NICHT die Frage. Sie wurden für die OPFER der Nazi-Barbarei errichtet.

Freya4711  15.04.2023, 15:34

Definiere bitte mal "faschistoid"

Freya4711  15.04.2023, 15:53
@oceanx22

Danke, googeln kann ich selbst. In welchen Parteien siehst du denn faschistoide Tendenzen und warum?

oceanx22  15.04.2023, 23:38
@oceanx22

@Freya4711

Bitte verstehe mich nicht falsch. Ich empfinde die Grünen ebenso als gefährlich, aber insbesondere im Bezug auf die Vergangenheit des Nationalsozialismus, wohlgemerkt nicht (!) im Bezug auf faschistoide Tendenzen innerhalb einer Partei im Allgemeinen (!), die es unserer beider Ansicht nach, anscheinend sowohl bei den Grünen, als auch in der AfD gibt, muss ich den Grünen, FDP und Union doch zu gute halten, dass sie wesentlich sensibler mit der deutschen Geschichte umgehen, als es die AfD tut. Ob dieser sensiblere Umgang tatsächlich Ausdruck ihres Verständnis von Sozialstaat und Demokratie ist, oder nicht doch vielmehr der Versuch, sich möglichst als Saubermann darzustellen und Wähler abzugreifen, denen ein sensibler Umgang in diesem Bereich wichtig ist, ist eine andere Frage.

In den meisten Ländern wird es Denkmäler geben, die Schandtaten wie die an unseren deutschen Juden und unseren anderen Opfern der NS-Diktatur gedenken.

https://www.weisse-rose-stiftung.de/denkstaette-weisse-rose-am-lichthof-der-lmu-muenchen/


sohndessuedens 
Beitragsersteller
 15.04.2023, 15:32

Was meinst Du mit "wird" ? Ist das in Planung ?

earnest  15.04.2023, 16:38
@sohndessuedens

Da hast du etwas sprachlich gründlich missverstanden.

Der Nutzer drückte eine Wahrscheinlichkeit aus, die Wahrscheinlichkeit der Existenz solcher Gedenkstätten.

Geraldianer  15.04.2023, 16:51
@sohndessuedens

Ich halte es für mehr als wahrscheinlich, dass es in Spanien, den USA, Russland und vielen anderen Ländern Gedenkorte für die Menschen, die beispielsweise bei Revolutionen oder Bürgerkriegen getötet wurden existieren.

Und viele Opfer der NS-Zeit waren Deutsche. Oder willst du vielleicht behaupten, dass die seit der Römerzeit in Deutschland lebenden Juden keine "richtigen" Deutschen waren?

sohndessuedens 
Beitragsersteller
 15.04.2023, 21:10
@Geraldianer

Sicherlich mag es auch in anderen Ländern Gedenkorte geben. Vielleicht hätte ich meine Frage anders formulieren sollen .- also ob es in irgendeinem Land außer Deutschland ein regelrechtes Zelebrieren der schlimmen Vergangenheit des eigenen Volkes gibt? Natürlich meine ich "Zelebrieren" hier nicht im wortwörtlichen, sondern sarkastischen Sinne.

Wenn man beispielsweise in der Türkei den Völkermord an den Armeniern leugnet, bekommt man ein dickes Lob von Sultan Erdogan. Und dieser radikale Antisemit wird hier in Deutschland auf rotem Teppich empfangen, um seine teils vom Verfassungsschutz überwachten Mosscheen zu eröffnen.

Und da kommt man dann ernsthaft ins Grübeln, ob die Leute, die uns ständig an unsere eigene schlimme Vergangenheit erinneren, es wirklich ernst meinen...

Geraldianer  15.04.2023, 23:35
@sohndessuedens
Wenn man beispielsweise in der Türkei den Völkermord an den Armeniern leugnet, bekommt man ein dickes Lob von Sultan Erdogan.

Genau. Und genau daran sollten wir uns nicht orientieren.

Das sind keine Denkmäler, sondern Gedenkstätten. Es gehört zu unserer Geschichte dazu. Ein Denkmal verherrlicht einen Menschen, der irgendwas "geleistet" hat, Und davon gibt es in vielen Ländern auch welche, die "Bösartigkeiten" begangen haben.

Es gibt aber genauso in jedem Land Gedenkstätten....und wenn es nur Kriegsgräber sind.


Ja, in den USA ist das absolut üblich.

Damit sich mal jemand nicht immer nur auf die Nazi-zeit bezieht:

Ich war vor ein paar Jahren zu Besuch im ehemaligen Gefängnis der Staatssicherheit Hohenschönhausen.

Eine sehr beeindruckende Gedenkstätte - welche unter Garantie NICHT zur Verehrung der Taten der StaSi errichtet wurde. Das merkt man daran, dass dort ehemalige Gefangene die Führungen durch die Anlage machen - und nicht ehemaliges Gefängnis-Personal. Diese Museums-Führer können sogar auf Wunsch ihre StaSi-Akte vorweisen.

Sprich: Menschen, welche selbst dort eingesperrt waren erzäheln Dir live, wie ihr Alltag ausgesehen hat, wie man sie behandelte und wie die StaSi mit ihnen umgesprungen ist.

Übrigens ist mit in der BRD noch kein einziges Denkmal oder Gedenkstätte begegnet, welche den Tätern gewidmet ist.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Menschlichkeit ist mein persönlicher Grundsatz!