Gibt es ein TageBuch aus dem Mittelalter?
Ich würde gerne ein TageBuch lesen welches den Alltag beschreibt. Es sollte eine originale Übersetzung sein und kein Roman. Kennt jemand ein solches Buch?
7 Antworten
Im Mittelalter gibt es keine Tagebücher, so wie du dir das wohl vorstellst. Es gibt Tätigkeitsberichte und Chroniken, aber so etwas liest sich natürlich nicht allzu spannend. Die Alltäglichkeiten, die wir heute an historischen Tagebüchern so interessant finden, fehlen.
Jetzt ist die Frage, ob es dir mehr um die Form oder mehr um die Epoche geht.
Tagebücher sind doch nicht die einzige Quelle zum alltäglichen Leben.
Wir haben - gerade aus der Zeit ab etwa 1000 - reichlich schriftliche Quellen, die immer mehr werden, je weiter die Zeit voranschreitet. Dazu kommen Sachquellen, also das, was wir Archäologen bearbeiten, ob das nun die Häuser sind, das Handwerk oder alltägliche Gegenstände bis hin zu Spielzeug, dazu kommen Bildquellen. Alles zusammengenommen ergibt das über weite Strecken ein sehr deutliches Bild davon, wie Menschen früher gelebt haben.
Skelette zeigen, wie groß die Menschen waren, welche Krankheiten sie hatten. Textilfunde und Bildquellen belegen, was sie anhatten. Erhaltene Häuser und Archäologie geben Aufschluss darüber, wie sie gelebt haben. Wir haben Töpfe, Spielzeug, Werkzeug, Dinge, die die Menschen jeden Tag in der Hand hatten. Wir wissen, wann welcher Feiertag gefeiert wurde, wie Arbeit organisiert war, welche Strafen auf welche Verbrechen standen, welche Steuerabgaben man leisten musste, was gegessen und getrunken wurde. Wir wissen sogar, was ins Klo geworfen wurde. Das könnte man beliebig fortsetzen.
Bis du mit all diesen Details durch bist, weißt du so viel, dass du auch zu dem Schluss kommst, dass man auch ohne Tagebücher sehr viele Details erfahren kann.
Und überhaupt, was würde dir EIN Tagebuch bringen? Es kann nur ein Schlaglicht auf die Lebenswelt einer einzigen Person werfen. Schon von einer Person eines anderen Standes in er gleichen Stadt wüsstest du nichts.
Es gibt Briefe, z.B. Paston Letters oder das Tagebuch einer Marjory Kempe
Das wird wohl daran scheitern, dass nur sehr wenige Leute lesen und schreiben konnten und außerdem war Pergament zu teuer, als dass man dies für profane alltägliche Aufzeichnungen nutzte.
Was einem Tagebuch am ehesten nahekommt, sind Königsbiografien wie die Vita Caroli Magni (Das Leben Karl des Großen) aufgeschrieben vom Gelehrten Einhard.
https://de.wikipedia.org/wiki/Vita_Karoli_Magni
Eines der ältesten erhaltenen Tagebücher eines einfachen Mannes ist das Tagebuch des Peter Hagendorf. Das stammt aber viel später aus dem 30jährigen Krieg.
Im Mittelalter sind Chroniken, Logbücher und Aufzeichnungen von Mystikerinnen, die Vorreiter des Tagebuch.
Das Tagebuchschreiben im heutigen Sinne setzt mit der Renaissance ein.
Aus seinen Aufzeichnungen hat "Einhard", der Begleiter und Schreiber Karl des Großen die Biographie (Vita Karoli Magna) Karl des Großen geschrieben.
Mir fällt das ein, kein richtiges Tagebuch, eher ein Roman.
Er beschreibt gut
https://de.wikipedia.org/wiki/Maria_Schweidler,_die_Bernsteinhexe
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Stern 311, die Handlung des Roman spielt zur Zeit des Dreißigjährigen Krieg und der fällt nicht in die Epoche des Mittelalters.
Dann können wir gar nicht wissen die Menschen gelebt haben...bzw nicht im Detail.