Gestörtes Verhältnis zum Vater, Mobbing, Enttäuschungen=Beziehungsunfähig?
Ich würde gerne eure Meinung dazu hören: Ich bin weiblich, 20 Jahre alt und mein Vater ist gestorben, als ich 2 war. Danach bin ich mit meinem Stiefvater aufgewachsen, den ich immer für meinen richtigen Vater gehalten habe, bis es mir mit 19 Jahren erzählt wurde. Ich hab ab der Pubertät angefangen zu spüren, dass es sich zwischen mir und ihm nicht richtig anfühlt, obwohl er immer sehr lieb zu mir war und mir alle meine Wünsche erfüllt hat, mir alles gekauft hat und mich als seine "Prinzessin" bezeichnet hat. Dennoch fand ich seine körperliche Anwesenheit irgendwann unangenehm, wollte seine Hand nie halten, konnte ihn nicht umarmen oder ihm am Tisch in die Augen gucken (WIE KONNTE ICH DAS SPÜREN??), ich konnte nie mit ihm über emotionale Themen sprechen, weil es ihn irgendwie nie interessiert hat bzw er nicht wirklich über die Empathie oder die intellektuellen Fähigkeiten verfügt, mich zu verstehen. Auch meine Mutter leidet darunter, aber ist wahrscheinlich aus Gewohnheit und finanziellen Gründen trotzdem mit ihm zusammengeblieben.
Irgendwann kam unabhängig davon eine sehr schlimme Zeit auf mich zu, in der ich mit 11 und 12 Jahren psychisch fertig gemacht und furchtbar von der ganzen Klasse gemobbt wurde, sodass ich mir selbst körperliche Schmerzen zugefügt habe und mir das Leben nehmen wollte. War dadurch 8 Jahre in Therapie und habe den Schmerz mittlerweile überwunden.
Im Laufe der Zeit habe ich nur negative Erfahrungen mit Männern gemacht, weil ich ständig BESESSEN war nach Männern, die emotional unerreichbar waren und mich verletzt haben. Daran hat sich bis jetzt nichts verändert, ich werde demnächst 21, hatte noch nie eine Beziehung und sobald die Besessenheit bei einer Person aufgehört hat, verlagert sie sich auf eine neue Person, die mich ebenfalls ignoriert, mir mixed Signals gibt oder emotional unerreichbar ist. Dabei wünsche ich mir aus ganzem Herzen, endlich eine gesunde Beziehung zu führen aber stoße diejenigen ab, die es wirklich ernst mit mir meinen. Ich bin wie ein Magnet für Verletzungen, Enttäuschungen und unreifen Männern geworden und habe einfach nur noch Angst, weil ich keine gesunde Liebe empfinden kann, sondern nur diese Besessenheit. Diejenigen, nach denen ich nämlich besessen war, als sie mich nicht wollten, kamen viele Jahre später alle bei mir an und wollten eine ernsthafte Beziehung führen und man hat gemerkt, dass sie sich emotional entwickelt haben und reif waren aber da hab ich natürlich schon komplett das Interesse verloren.
Denkt ihr es liegt am Mobbing oder hauptsächlich an meinem Vater oder an beidem? Habe ich einen Vaterkomplex? Denkt ihr ich hatte als Baby ein Trauma weil mein Vater gestorben ist? Wieso habe ich in der Pubertät diese Abneigung zu meinem Vater gespürt, obwohl ich noch nichts wusste? Wenn sich jemand psychologisch auskennt, kann mir bitte jemand sagen was genau in meinem Kopf abgeht? Ich finde das ganze so kompliziert und hätte gerne jemanden, der das, was da ist, in Worte fassen könnte.
1 Antwort
Ich würde sagen, Du hast ein zwischenmenschliches Problem! Wer da jetzt in-wie-weit Schuld oder nicht Schuld hat, lässt sich an Hand Deiner wenigen Angaben schlecht erkennen. Deine Aussagen sind fast alle sehr unklar formuliert.
Konkret sind nur folgende Fakten: Du warst zwei, als Dein Vater starb (Du hast ihn also nie richtig kennen gelernt). Mit 11-12 Jahren hattest Du Mobbing-Probleme in der Schule. Ungefähr zum selben Zeitpunkt begann Deine Antipathie gegenüber Deinem Vater. Seither warst Du (8 Jahre) in Therapie. Diese sollte demzufolge gerade erst abgeschlossen worden sein? Mit 19 - also ca. vor einem Jahr - wurde Dir Dein Stiefvater offenbart. Inzwischen hat sich Deine Antipathie vom Stiefvater auf alle männlichen Personen in Deinem direkten Umfeld übertragen? Habe ich das so richtig zusammen gefasst?
Du schreibst weiterhin von Besessenheit und lauter Enttäuschungen mit dem anderen Geschlecht. Du scheinst das Negative (wie immer sich das auch aus Deinem Blickwinkel präsentiert) geradezu anzuziehen, und wünschst Dir doch nichts sehnlicher, als eine intakte Beziehung!
Meine Gedanken dazu - der Reihe nach:
Dein Vater ist gestorben. Das heißt Du bist nicht zwischen zwei Fronten aufgewachsen, wie das so typisch in getrennten Partnerschaften der Fall ist. Es gab also keinen Rosenkrieg zwischen verstrittenen Elternteilen, sondern eine harmonische Familie. Dann kommt das Mobbing. Ich kenne den Grund nicht, aber ich vermute, dass die Jungens in Deiner Klasse keine unwesentliche Rolle dabei gespielt haben. Entweder hast Du Deinen Vater nie um konkrete Hilfe gebeten, oder Dein Vater hat den Ernst der Lage damals verkannt und Deine Probleme als "typische unbedeutende Streitereien unter Kindern" verharmlost. Jedenfalls hat eine damals fehlende Kommunikation zwischen euch beiden (also die Empathie Deines Vaters) zu Deiner Antipathie ihm gegenüber geführt. Hatte denn Deine Mutter damals die nötige Empathie (das nötige Einfühlvermögen) in Deine Gefühle und Probleme? Hat Sie Dir damals ausreichende Hilfestellung gegeben? Vermutlich auch nicht, sonst wäre keine jahrelange anschließende Therapie notwendig geworden. Die sich zeitgleich mit dem Mobbing entwickelte Antipathie ist meines Erachtens nicht auf das (damals noch gar nicht bekannte) stiefväterliche Verhältnis zurück zu führen, sondern wurde wohl eher durch das fehlende Verständnis und die fehlende Hilfe bei der Bewältigung Deines Mobbing-Problems ausgelöst. Instinktiv hast Du Dich von Deinem Vater abgewandt, weil "von Ihm sowieso keine Hilfe zu erwarten war".
Heute, nach 8 Jahren Therapie, hast Du "...den Schmerz mittlerweile überwunden..." Hast Du wirklich oder hättest Du wirklich gerne? Ich denke, dass Du Deinem Vater lange Zeit übel genommen hast, dass er Dich damals im Stich gelassen hat. Als Du dann (mit 19) erfahren hast, dass Dein Vater eigentlich gar nicht Dein Vater ist, war dies eine Art Bestätigung für Dich. "Jetzt weißt ich auch, warum er mir nie zugehört - und mir nie geholfen - hat!" Instinktiv gehst Du jetzt davon aus, dass Dein leiblicher Vater Alles anders und vor allem Alles besser gemacht hätte! Hätte er wirklich? Vielleicht hätte er Alles sogar noch schlimmer gemacht - aber das willst Du gar nicht hinterfragen...!?
Deine Besessenheit gegenüber Deinen Verehrern (ich versuche unbewertet neutral zu bleiben), deutet für mich einfach nur auf die so genannte "Selbstfindungs-Phase" hin. Salopp ausgedrückt würde ich sagen "Der Richtige war noch nicht dabei" oder Du hast den Richtigen nicht erkannt, als er vor Dir stand! Das ist aber nicht schlimm. Du bist jung und hast Zeit. Du musst nichts überstürzen! Je krampfhafter Du Dein Glück erzwingen willst, um so geringer die Wahrscheinlichkeit Deines Erfolges! Genies Dein Leben, plane und erfreue Dich an neuen Bekanntschaften und Dates. Deine Sichtweise auf "unreife Männer" kann ich sehr gut verstehen. Wenn das intellektuelle Niveau zu unterschiedlich ist, suchst Du im falschen Umfeld, oder Du mußt Deine Ansprüche auf das vor Ort vorhandene Angebot herunter schrauben!
Deinen Schilderungen entnehme ich, dass es Dir an Möglichkeiten von neuen Bekanntschaften nicht mangelt. Du bist also eine vermutlich attraktive begehrenswerte junge Frau. Also übe Dich in Geduld! Lass' die Zeit für Dich arbeiten. Schicke nicht jeden Kerl gleich beim kleinsten Fehler in die Wüste. Jeder verdient eine zweite Chance! Du lernst Menschen nicht durch nur eine einzige Begegnung richtig kennen. Auch Du solltest an Deinem Verhalten arbeiten! Öffne Dich und gib anderen wenigstens eine Chance!
Du packst das! Viel Erfolg!
Hey, danke für deine Antwort! Also zu meinen Aussagen, die dir unklar waren: Ich habe die Therapie vor kurzem abgeschlossen.
Ich habe meinen Eltern tatsächlich erst 1,5 Jahre später vom Mobbing erzählt, es war also gewissermaßen meine eigene Schuld und ich habe möglichst versucht, es vor ihnen zu verheimlichen, weil es mir peinlich war. Nachdem ich es ihnen erzählt habe, weil ich irgendwann nicht mehr konnte, sind meine Eltern zu den Lehrern gegangen, haben mit den Eltern von den Jungs gesprochen und als das ganze nicht geholfen hat, wurde ich auf ne andere Schule geschickt. Also sie haben durchaus beide was unternommen.
Die Hilfe, die mir mein Vater gegeben hat, war allerdings nie intrinsisch motiviert, also wäre meine Mutter nicht da, die ihn ständig dazu drängen würde mir beizustehen, würde er niemals was von sich aus machen. Generell ist er eher passiv und hält sich aus allen Angelegenheiten heraus.
Deine These stimmt, dass ich, nachdem ich von meinem leiblichen Vater erfahren habe, die Bestätigung hatte, wieso er mir gegenüber immer so gefühlskalt und gleichgültig ist.