Gedächtnispalast, die Fähigkeit von viel Wissen in kurzer Zeit?

2 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Gedächtnispalast scheint mit der amerikanische Begriff zu sein (memory palace). Wir sagen ja eher "Route" in den gängigen deutschen Bücher über Gedächtnistraining.

Sich 20 kurze, unzusammenhängende Begriffe zu merken ist relativ einfach. Man bastelt eine Route mit 20 Punkten, z.B. aus dem Zimmer, in dem man gerade ist (da sind meist schon 20 Punkte enthalten) und stellt sich jeden Begriff verbunden mit einem der Punkte vor. Das kann man schon am ersten Tag behalten, wenn man eine Woche jeden Tag übt, sollte man sich 20 einfache Begriffe (Gegenstände, Personen) nach mündlicher Nennung einfach durch die Verknüfung mit der Route merken können (z.B. Routenpunkt 1 ist die Tür, Begriff "Hany", man stellt sich vor, jemand hätte ein Handy so fest in die Tür geschlagen, dass es darin stecken blieb, Routenpunkt 2 ist die Stehlampe, Begriff Butter, man stellt sich vor, ein Stück Butter in Folie verpackt läge auf der Stehmape und schmelze langsam, so dass einem beim Anfassen die Butter über die Finger läuft. Später überlegt man dann: Was war mit der Tür - die war kauptt, wodurch, durch ein (vielleicht in Gedanken noch klingenldndes) Handy, das da rein gerammt wurde. Was war mit der Lampe? Klebrige, warme Hände. Wovon? Von dem Stück Butter auf der Lampe.

Das ist also relativ einfach.

Schwieriger wird es, wenn du dir einen Fachtext merken möchtest, sagen wir mal einen Wikipediaeintrag oder das Kapitel eines Sach- oder Fachbuches. Hier musst du zunächst für jeden Begriff ein Schlüsselwort finden, der den Begriff mit seiner Bedeutung verbindet und das nun auch noch mit dem Routenpunkt verbinden. Sagen wir mal, Fakt 1 wäre "Die Leber ist für die Entgifung im Körper zuständig" (und das ist schon ein einfacher Satz, denn Erwachsene kennen den Begriff Leber und können sich darunter etwas vorstellen, den müssen sie also nicht codieren). Jetzt müssen wir an Punkt 1, unsere Tür, diese Info hängen. Leber können wir visualisieren, entweder als Essen auf dem Teller oder als Organ, das dem Körper entnommen wurde, oder als Plastikorgan in einem Anatomietorso. Wir entscheiden uns für Möglichkeit 2. Wir haben also eine glitschige, braune Leber, die wir auf den Türgriff aufspießen. Diese Handlung stellen wir uns detailliert vor. Für die Entgiftung nehmen wir zunächst mal das Wort Gift. Das ist schwer zu visualisiseren. Jetzt könnte man sich ein Gif (ist immerhin nur einen Buchstaben von Gift entfernt) an der Tür hinter der Klinke vorstellen, in dem man sieht, wie langsam eine gifitg wirkende grüne Flüssigkeit - wie "giftgrün" - aus der Leber entweicht. Oder wir stellen uns hinter der Klinke an der Tür eine tote Ratte vor, die noch einen Rattengiftköder im Maul hat. Jetzt hätten wir die Begriffe "Leber" und "Gift" und kämen eventuell auf den Rest des Satzes. Um den Satz - bei völliger Ahnungslosigkeit - komplett zu codieren, so dass man auf den Routenpunkt schaut und sofort den Satz im Ohr hat, müsste man "Entgiftung" als Bild darstellen und von der Leber zur Entgiftung eine (visuelle) Verbindung darstellen. Man könnte sich z.B: in der Leben kleine Männer vorstellen, die etwas, das Gift symbolisiert, z.B. giftig-grüne Pakete mit Totenkopfsymbol oder Totenköpfen, die dabei versuchen, die Männer aufzufressen (> Handlung prägt sich besser ein als nur Bilder) aus der Leber herauszutragen. Vielleicht würde man dann am Ende sehen, wie die grünen Pakete grüne Gase ablassen als Zeichen für "Verstoffwechselung"/ "es passiert etwas mit den Giften".

So, das hat jetzt ziemlich lange gedauert.

Wenn du das mit einem ganzen Buch machen möchtest, braucht du viel Übung im Bilderbauen/ Schlüsselwörter erfinden und viele Routen, damit du jeden Tag eine neue Route nutzen kannst über ein oder zwei Wochen hinweg. Du müsstest jeden Fakt codieren, auf einen Routenpunkt legen und die Route hinterher mehrfach durchgehen, bis sie sitzt und bis zum Ende der (zwei) Woche(n) die Route so oft durchgehen, dass du den Stoff problemlos abrufen kannst, dann die Route mental mehrfach leeren (leer vorstellen), um sie wieder für den neuen Stoff nutzen zu können.

Vorteil:

Du könntest dir auch komplizierten Stoff merken und schnell abrufen. Du müsstest nicht gogglen oder überlegen, wo du etwas aufgeschrieben hast. Du hättest den Stoff immer bei dir und könntest immer lernen, auch wenn du gerade nichts zu Lesen dabei hättest. Du könntest dir neue schwierige Inhalte sofort mit einem kleinen Bild merken oder z.B. Dinge, die du unterwegs hörst oder siehst (Kennzeichen des Unfallgegners, Namen des neuen Bekannten, Titel des interessanten Buches in der Zeitschrift etc.).

Nachteil: Du bräuchtest im Vorfeld viel Übung mit dem Codieren, angefangen mit einfachen Bildern (Produkten, Objekten) und müsstest dir eine Zeit lang jeden Tag eine neue Route ausdenken.

Wenn man Kraftsport betreibt, regt man seine Muskeln dazu an, sich zu regenerieren, wodurch man mehr Muskeln bekommt. Wie schnell das geht und wie gut, hängt von der Biochemie ab.

Ein Gehirn kann man trainieren, man kann lernen, man kann lernen effizienter zu lernen.

Wenn man aber überdurchschnittliches erreichen möchte, sollte man sich darauf konzentrieren, dass die Biochemie und die Prozesse im Gehirn richtig funktioniert und nicht durch Umwelt und Schadstoffen beeinflusst werden.

In einem gut gelüfteten Zimmer lässt sich leichter als in der Sauna lernen.

Das Gehirn arbeitet mit Biochemie und schwache elektrische Impulse.

Wenn man alles ins Gleichgewicht bringt, sich voll und ganz den Lernen widmet und seinen Gehirn einen guten Grund gibt, ständig zu lernen ist man zu viel mehr in der Lage als man glaubt.

Das ist meine Theorie.