Für welche Jobs braucht man Latein?

8 Antworten

Aber für welche Jobs braucht man dringend .., und für welche wäre es gut wenn man .. könnte?

Ich habe das Zitat insofern verändert, als ich "Latein" herausgenommen habe. Der Sinn ist, dass man diese Leerstellen nun durch jedes beliebige Fach(gebiet) ersetzen kann.

Warum sollte man Mathematik lernen, wenn man nicht etwas studiert und berufllich machen will, wofür Mathematik benötigt wird? Warum sollte man Erdkunde lernen, wenn man nicht etwas studiert und beruflich machen will, wofür Erdkunde benötigt wird? Warum sollte man Chemie lernen, wenn man nicht etwas studiert und beruflich machen will, wofür Chemie benötigt wird? Warum sollte man Religion lernen, wenn man nicht etwas studiert und beruflich machen will, wofür Religion benötigt wird? Warum sollte man Kunst lernen, wenn man nicht etwas studiert und beruflich machen will, wofür Kunst benötigt wird? Warum sollte man Deutsch lernen - man kann es doch seit Kindesbeinen -, wenn man nicht etwas studiert und beruflich machen will, wofür Deutsch benötigt wird? usw.

Die Frage nach dem "Nutzen" ist wohl die am häufigsten von Schülern gestellte Frage - und wohl die unsinnigste, weil "Nutzen" entweder materiell verengt betrachtet wird oder im Hinblick auf den weiteren, auch den beruflichen Lebensweg überhaupt noch nicht beurteilt werden kann. Was wissen die meisten Heranwachsenden schon, was sie in ihrem privaten und beruflichen Werdegang - im "späteren Leben" - von allen Fachgebieten, in die sie während der Schulzeit hineingeschnuppert haben, unbedingt brauchen müssen/wollen/können? Braucht man Spanisch - wenn man vielleicht nie nach Spanien kommt, oder Französisch, Englisch, Italienisch, wenn ...? Nein! Wenn man in diese Länder fährt: ja! Wenn man einen Beruf ergreift, der die eine Fremdsprache oder mehrere benötigt: ja! Braucht man Mathematik, wenn man nur Preise beim Einkauf berechnen will oder für einige alltägliche Verrichtungen? Nein, man hat im Smartphone/PC usw. einen Rechner! Braucht man Kunst, wenn man sich sein Leben lang dafür nicht interessiert? Nein! Und wenn man sich interessiert: ja! Braucht man Religion, wenn man doch noch an Gott glauben will: ja! Braucht man Chemie, Philosophie, Geschichte, Deutsch? Vielleicht ja, vielleicht nein.

Braucht man also Latein? Nein und ja. Wer keine Fachrichtungen zu seinem Studium/Beruf macht, die Latein benötigen, braucht Latein natürlich nicht. Jeder aber, der Latein lernt, kann es gebrauchen, wenn er will. Latein ist die Grundlage aller "romanischen" Sprachen in Europa und der Welt, selbst Englisch ist von der Grammatik und vielen Worten her zweifach "lateinisch" geprägt: durch Latein seit der Antike und Französisch seit dem Hochmittelalter. Wer moderne Fremdsprachen lernen will/muss, kann von Lateinkenntnissen profitieren. Aber es kommt noch etwas hinzu: man kann sich mit der Sprache und vorallem ihrer Literatur beschäftigen, in eine vergangene, eine antike Welt eintauchen, ihre römischen Menschen mit allen Vorzügen und Schwächen, Träumen und Albträumen, Freuden und Leiden usw. kennenlernen. Man entdeckt Menschlich-allzumenschliches, vorallem schaut man auf die Anfänge und Wurzeln unserer Kultur in allen ihren Ausprägungen: Literatur (Romane, Lyrik, Geschichtsschreibung, Fachliteratur), Philosophie, Staatskunde, Rechtswesen, Naturwissenschaften, Christentum, um nur Wesentliches zu nennen. Und es war nicht nur die römische Antike, die sich des Lateinischen bediente, sondern auch das Mittelalter - die meisten Überlieferungen sind in Latein verfasst -, die Zeiten von Humanismus, Reformation und Aufklärung kamen ohne Latein nicht aus und haben ihre wichtigsten Gedanken in dieser damals noch universellen (Gelehrten-)Sprache niedergeschrieben. Selbst im 19. Jahrhundert hatte Latein noch eine große Bedeutung. Mit Lateinkenntnissen verfolgt man also auch die weitere Entwicklung unserer Kultur.

Ob nun als Beruf, aus dem man materiellen Nutzen zieht, oder als (lebenslanges) Hobby, aus dem man persönlichen Nutzen zieht: wer sich für diese durch die römische Antike geprägte Welt interessiert, sollte Latein können, damit er nicht nur an der Oberfläche kratzt. Das bedeutet: Schülern, die geisteswissenschaftliche Interessen entwickeln, sollten auf jeden Fall Latein lernen, weil diese Sprache ihnen beruflichen und/oder persönlichen Nutzen bringt. Gerade der persönliche Nutzen wird in jungen Jahren meist unterschätzt. Denn die Beschäftigung mit Latein und der von dieser Sprache geprägten Zeit und Kultur ist eine geistige Beschäftigung, die als Ausgleich zum beruflichen oder sonstigen alltäglichen Einerlei dienen und viel Freude sowie intellektuelle Befriedigung bringen kann. Sogar der Geselligkeit ist sie förderlich, wenn man sich mit Gleichgesinnten zusammenfindet - ein ganz bedeutender Nutzen!

Fazit: Latein ist in keinem Falle ohne Nutzen, und der Nutzen, den man aus Lateinkenntnissen ziehen kann, rechtfertigt durchaus den Aufwand. Dem Fragesteller kann man dennoch keinen konkreten Rat geben, weil man ihn und seine Persönlichkeit nicht kennt. Er muss sich und seine Interessen prüfen, um dann selbst zu entscheiden, ob er Latein nur unter materiell-beruflichen oder auch persönlichen Gesichtspunkten lernen oder nicht lernen will!

MfG

Arnold

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung

Ein alter Streit: Soll die Schule Bildung vermitteln oder schon (berufliche) Ausbildung? Ich stamme noch aus einer Zeit, in der Allgemeinbildung sehr viel zählte und ich muss sagen, dass mir das später im Berufsleben sehr geholfen hat - auch das Latein.

Ich bin ein Anhänger der umfassenden Bildung, auch des Lateins. Dann passieren einem auch nicht solche Schnitzer wie das häufig zu hörende "das Klientel" (gerne auch noch in der Betonung "Klientell" wie Kartell).

Interessant ist in dem Zusammenhang, dass ein Großteil der Anglizismen bei uns lateinischen Ursprungs sind und so Latein übers Englische Einkehr in unsere Alltagssprache findet:city, community, spirit, style, nonsense, statement und so weiter und so fort.

Das soll nur eine Anregung zum Nachdenken sein. Die berufliche Ausrichtung kommt später, aber je mehr "Bildung" man genossen hat, desto größer ist später das Berufsspektrum, aus dem man wählen kann.

also ich arbeite international mit firmen aus europa zusammen.

da ist es ganz hilfreich latein zu können, weil einige worte lassen sich aus dem latein ableiten, so dass man diese versteht.

habe spanisch, italienisch, usw. usw. gelernt. mit latein im hintergrund war das ziemlich einfach :-)

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

Unser erster Lateinlehrer, den wir hatten, Pater N., stand damals kurz vor der „Pensionierung“ , d. h. er war 55 Jahre älter als wir. Er erzählte zur Einführung in die lat. Sprache an unserem 1. Schultag auf dem Gymnasium, dass, als er selbst vor Jahrzehnten auf dem Gymnasium war, sein eigener damaliger LateinIehrer Hiebe mit dem Stock verteilt habe, wenn ein Schüler die „Frage nach der Nutzanwendung“ stellte. Er selbst, unser Lehrer, habe damals einmal Stockhiebe erhalten, weil sein Lehrer ihn in der Pause einem Mitschüler habe erzählen hören, dass er, unser späterer Pater, vom Besuch seiner Tante in Südtirol berichtet habe, wo ihm die Lateinkenntnisse aus dem Unterricht beim Entziffern italienischer Beschriftungen zugute gekommen seien. Sein Lehrer sei mit dem Rohrstock dazwischengefahren, da er sogar in einer positiven Wirkung seines Unterrichts die verpönte „Nutzanwendung“ gewittert habe. Die Schläge habe es gesetzt mit dem Ausruf: „Der Kerl besudelt mir den Unterricht!“

Dann ließ uns der Pater einen Vers aus der Bhagadvadgita aufschreiben und auswendiglernen, den wir uns aufsagen sollten, wenn wir die nächsten 9 Jahre, von denen er uns noch 1 Jahr begleiten werde, über ablativus absolutus und Supin die Köpfe zerbrächen:

Ergebungsvoll tu jedes Werk

und frei von irdischer Begier.

Ob gut ob schlecht der Ausgang sei,

bewahre stets den Gleichmut Dir.

Dieses Prinzip, genannt Sarvakarmaphalatyâga, Abwendung von der Frucht der Werke, stammt, wie der Lateinlehrer uns erklärte, aus dem Hinduismus.

Ein bemerkenswerter Mann, der kath. Pater N.!