Fragen zum Drama: Heilige Johanna der Schlachthöfe (Brecht)?

2 Antworten

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1. Mauler ist ganz eindeutig eine negative Figur.  Er ist ja der Inbegriff des eigennützigen Kapitalisten, der seine Monopolstellung durch lauter unlautere Mittel ausbauen will (Herbeiführung des Bankrotts seines gefährlichsten Konkurrenten, Börsencoup...). Seine ganze Rhetorik ist auf dieses Ziel ausgerichtet. Man soll ihm kein Wort glauben.

2. Die schwarzen Strohhüte (und damit auch Johanna) sind weder gut noch böse. Ihre Absichten sind gut, aber sie sind unfähig, die Strategie von Mauler und Konsorten zu durchschauen. Im Endeffekt sorgen sie unwillkürlich dafür, dass die bösen Kapitalisten ihr Unwesen unbehelligt weiter treiben können, und Johanna verrät ja ihre Verbündeten (die Arbeitslosen), weil sie falschen Informationen Glauben schenkt und für Gewaltlosigkeit eintritt, was Brecht hier als Blindheit interpretiert. Immerhin gelingt es Johanna, Mauler teilweise zu entlarven: er will ihr beweisen, dass das Unglück der Armen selbstverschuldet ist (sie seien einfach "schlecht"), Johanna aber zeigt, dass diese Schlechtigkeit einen offensichtlichen Grund hat, nämlich die Armut selbst.  

3. Der Sinn des Ganzen liegt wohl in der Entlarvung der wahren Ziele und Methoden des Kapitalismus. Brecht will damit auch die politische Einsicht vermitteln, dass der Klassenkampf nur dann erfolgreich werden kann, wenn die Logik des Kapitalismus kompromisslos dargestellt und an den Tag gelegt wird. Alles, was dieser Erkenntnis widerspricht (etwa Johannas Gewaltloskigkeit), ist nicht nur zum Scheitern verurteilt, sondern trägt darüber hinaus dazu bei, den Kapitalismus stärker zu machen.


achwiegutdass  06.11.2017, 09:26

Herzlichen Dank für den Stern ! :)

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