Blickwechsel 12. April 2024
AMA: Christlicher Glaube - Eine Christin, ein Atheist und ein Satanist beantworten Deine Fragen
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Frage an den Satanisten: Kann Satanismus langfristig Bestand haben?

3 Antworten

Ave Satanas!

Satanismus könne gar keinen Bestand haben langfristig, da er auf Egoismus beruhe und damit zwangsläufig alle Mitglieder einer satanistischen Gruppierung früher oder später ihren eigenen Weg gehen würden.

Das ist das Grundkonzept des Satanismus: Individualismus.

Die Church of Satan will überdies auch keine Mitglieder und missioniert nicht. Und dennoch sehen wir eine stetig wachsende Organisation.

Uns eint eine menschliche Ideologie und jeder, der diese Ideologie besitzt ist Satanist - ob er es weiß oder nicht.

Da diese Ideologie auch nichts ist, was man einfach so ablegen kann, wird der Satanist auf kurze Sicht auch nicht aussterben.

Ferner kann ich dazu das Buch "We are Satanists!" von unserem aktuellen Hohepriester Peter H. Gilmore empfehlen. Dort wird die Vergangenheit des Satanismus aufgearbeitet und wie wohl mit diesem weiter gehen wird.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – Verwurzeltes und hochrangiges Mitglied der Church of Satan

LastDayofEden 
Beitragsersteller
 12.04.2024, 16:40

Vielen Dank für deine Antwort!

Ich respektiere sie, auch wenn ich finde, dass sie gar nicht auf meine Frage eingeht. Die Church auf Satan wächst ja nicht, weil Leute Individualisten sind, sondern weil sie sich einer solchen Organisation anschliessen und weil die Mitglieder nicht (oder nicht so schnell) wieder austreten.

Was hält Individualisten zusammen? Das war die eigentliche Frage.

Vom Beitragsersteller als hilfreich ausgezeichnet

Das kommt schon mal vor, dass sich Wege trennen. Es gibt eben unterschiedliche Meinungen.

Aber wieso sollte der Satanismus an sich keinen Bestand haben? Egoismus heißt nicht rücksichtslos zu sein oder sich abzuschotten. Egoistisch sind ja schon Kleinigkeiten wie krankmelden. Da denkt man halt an sich.

Merklich egoistischer als andere Menschen sind wir aber auch nicht. Wir erkennen es eben an, dass wir kein schlechtes Gewissen haben müssen, wenn wir nicht jeden Gefallen tun und uns was gönnen.

Ansonsten ist es eine Religion, die halt auf ein möglichst gut geführtes Leben aus ist.

Wieso der Typ Ex-Satanist ist würde mich interessieren.

____________________________________________

Ich gehöre einer anderen Gruppe an als MagisterSamael.

Einer deutschen Gruppe mit 18-20 Mitgliedern, die sich bereits als seriöse satanische Gruppe etabliert hat.

Die Gruppe gibt es seit ca. 9 Jahren. Es kommt vor, dass sich die Wege aus unterschiedlichen Gründen trennen (einer davon war die Entwicklung im jungen Alter, weshalb wir zumindest das Eintrittsalter erhöht haben).

Aber in meiner Gruppe würdest du gar nicht merken, dass wir so ein Weltbild haben. Wir sagen uns "mein Beileid", "gute Besserung", "alles Gute zum Geburtstag" etc. und quatschen über diverse Themen. Es kommt auch vor, dass wir zu bestimmten Anlässen einem Mitglied Zuwendungen zukommen lassen.

Wir können und wollen nicht jedem helfen. Aber denen, die uns etwas bedeuten, können wir umso mehr Zeit, und bei Bedarf Zuwendungen, widmen

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – gefestigte Satanistin

LastDayofEden 
Beitragsersteller
 12.04.2024, 17:36

Vielen Dank für deinen Bericht!

Der Typ ist Ex-Satanist, weil er eben einer Gruppe angehörte, die nach einiger Zeit zerfiel, weil jeder seines eigenen Weges ging. Jeder hatte die Kraft der Gruppe genutzt, um selbst weiterzukommen - aber nicht, um die Gruppe zu erhalten oder ihren Zusammenhalt zu fördern.

Da er das als Grundproblem des Satanismus betrachtete (welcher Strömung er angehörte, weiss ich allerdings nicht), versuchte er auch gar nicht mehr, sich einer neuen Gruppe anzuschliessen.

Pervicacia  12.04.2024, 17:37
@LastDayofEden

Ah verstehe. Nun, da hat er aber Recht. Viele Gruppen, die sich satanistisch nennen, zerfallen relativ schnell. Wegen Nichtigkeiten.

Aber das ist auch etwas was der Satanismus nicht ist: eine Anlaufstelle um sich aufzuwerten. Das muss man auch ohne Gruppe schaffen.

Eine Gruppe sollte nur zu Zwecken der Sozialisation und des Austauschs dienen.

Pervicacia  12.04.2024, 17:40
@LastDayofEden

Viele denken, sie kämen an Macht und Geld wenn sie den Satanisten oder Illuminati beitreten. Das ist aber ein Irrtum, der auf Verschwörungstheorien beruht.

LastDayofEden 
Beitragsersteller
 12.04.2024, 18:11
@Pervicacia

Oh, ich verstehe!

Hier geht es wohl um die Verwechselung von echtem Individualismus - der Fähigkeit, Kraft aus sich selbst zu schöpfen - und verkapptem (oder offenem) Egoismus - dem Versuch, andere zu missbrauchen, auszunutzen oder zumindest zu benutzen, um Ziele zu erreichen, die man allein nicht oder eben nur durch Aufbau echter Stärke erreichen würde.

Man muss dazu noch sagen, dass es sich dabei um einen jungen Mann handelte, der ganz offensichtlich auch noch in einer Selbstfindungsphase war. Und da - finde zumindest ich - ist es durchaus legitim, eben einfach mal was auszuprobieren, auch wenn man nachher feststellen muss, dass das wohl nicht ganz das Richtige war.

Ich glaube, das beantwortet meine Frage, vielen Dank! 👍

Pervicacia  12.04.2024, 18:17
@LastDayofEden

Nein das ist Rücksichtslosigkeit, nicht Egoismus.

Rücksichtslosigkeit kann AUCH aus Egoismus heraus resultieren.

Aber erstmal bedeutet es, dass man an sich denkt.

-Ich lehne es ab, wenn jemand nach Geld fragt

-ich melde mich krank wenn ich Ruhe benötige

-ich opfere mich nicht auf

-ich gebe mein Geld aus anstatt es meinen Kindern als Erbe zu hinterlassen

Das ist alles egoistisch.

LastDayofEden 
Beitragsersteller
 12.04.2024, 18:25
@Pervicacia

Nein, das ist nicht Egoismus, das ist Selbstfürsorge. :-)

Das wurde uns nur von der christlichen Kirche eingeredet, dass man sich niemals um sich, sondern nur um andere kümmern dürfe. Altruismus und Egoismus wurden einander gegenübergestellt - das Konzept der Selbstfürsorge wurde gar nicht erörtert oder eingeführt.

Die Gruppe war nicht rücksichtslos, das wäre sie dann gewesen, wenn sie mit ihren Handlungen den anderen geschadet hätte. Das war aber ja nicht der Fall - sie waren einfach nur so lange in der Gruppe, bis sie ihre individuellen Ziele erreicht hatten.

Es bestand aber von niemandem einen anhaltenden Wunsch, einer satanischen Gruppe anzugehören.

Pervicacia  12.04.2024, 18:37
@LastDayofEden

Selbstfürsorge würde ich mehr eingrenzen als Egoismus.

Aber im Grunde kann man diese Wörter oft austauschen, da geb ich dir Recht.

LastDayofEden 
Beitragsersteller
 12.04.2024, 19:39
@Pervicacia

Das ist aus satanistischer Sicht vielleicht so, weil es für euch wichtig ist, eine Antithese zum Christentum aufzustellen. Als Therapeutin muss ich aber natürlich ideologisch wertfreie Termini verwenden.

Vergebe dir aber auf jeden Fall einen Stern, da wir meine Frage gemeinsam lösen konnten. 👍

Pervicacia  12.04.2024, 19:43
@LastDayofEden

So führt man anständige Diskussionen, nicht wahr? Man redet darüber warum man welcher Ansicht ist und kommt durch äußerliche Eindrücke zu einem vernünftigen Ergebnis

LastDayofEden 
Beitragsersteller
 12.04.2024, 20:12
@Pervicacia

Ja, genau! Vielen Dank dafür, und gerne auf ein andermal! 😃🤗

Probleme damit, daß jeder seinen eigenen Weg geht, haben eher die hierarchisch aufgebauten Kirchen und Sekten. Sie sind nämlich angewiesen auf Gleichschaltung im Glauben und daß niemand vom vorgezeichneten "Weg" abweicht, jeder ein funktionierendes Rädchen im Getriebe das möglichst keine eigenen Wünsche haben sollte, sondern sich als naives Schäfchen jedem Befehl unterwerfen. In Zeiten des allgemeinen Individualismus funktioniert das dummerweise nicht mehr so wie früher, als Kirchen noch erheblichen sozialen Zwang auf Personen ausüben konnten, vom Priester der den Kindern in der Sonntagsschule den Glauben notfalls mit dem Stock eindrosch bis zu den Problemen, die man bei Lebensentscheidungen wie z. B. Eheschließung bekommen konnte, wenn etwa der Partner der "falschen" Konfession anhing (einer katholisch, einer evangelisch, war in manchen deutschen Regionen noch nach dem 2. Weltkrieg ein Drama, kann man heute gar nicht mehr glauben!).

Wenn man aber wie manche Satanisten, Individualismus und Eigenverantwortlichkeit automatisch mit Satanismus gleichsetzt, dann kann dieser gar nicht aussterben, denn ausgeprägte Individualisten die sich nichts vorschreiben lassen und die sich von keiner Religion gängeln lassen, wird es immer geben.


LastDayofEden 
Beitragsersteller
 12.04.2024, 16:51

Vielen Dank für das Teilen deiner Ansichten!

Ich teile diese optimistische Sicht allerdings nicht und finde auch nicht, dass es irgendwelche Anhaltspunkte gibt, dass sie zutrifft.

Beweisführung: In der Schweiz verlieren die Landeskirchen - wie überall - ständig an Mitgliedern. Doch man würde nun denken, dass die katholische Kirche mit ihren rigiden Regeln, ihren veralteten Vorstellungen und den zahllosen Skandalen mehr Mitglieder verliert als die reformierte Kirche, welche so gut wie keine Regeln vorgibt, ultratolerant ist und jede Form von Kritik als Bereicherung und berechtige Anliegen betrachtet.

Dem ist aber nicht so: Die reformierte Kirche (die viel säkulärer ist als die lutheranische Kirche in Deutschland) verliert massiv schneller Mitglieder als die katholische Kirche: https://de.wikipedia.org/wiki/Religionen_in_der_Schweiz

Studien haben ergeben, dass zwar 80% der Katholiken sich als "kirchenfern" bezeichnen (also mit der Kirche gar nichts mehr am Hut haben), aber trotzdem dabei bleiben - aus Bequemlichkeit, um niemanden vor den Kopf zu stossen, oder sonst einem Grund.

Das spricht doch - so beschämend das ist - dafür, dass eben die Förderung von Individualismus, wie das auch die reformierte Kirche vorantreibt, keine dauerhafte Strukturen schaffen kann?

Daoga  12.04.2024, 17:19
@LastDayofEden

Die Katholische Kirche lebt im wesentlichen von alten Mitgliedern. Als Kind lebte ich auf einem Dorf, schon damals waren es im wesentlichen alte Mütterchen die die Kirche füllten, inzwischen alle weggestorben, Junge kommen kaum noch nach, die haben wichtigeres im Leben. In der langlebigen Schweiz dürfte es nicht anders sein, ein hoher Bestand an alten Mitgliedern die sich im Alter nicht mehr umorientieren wollen, denen auch alle Mißbrauchsfälle insgeheim am Allerwertesten vorbeigehen weil sie nach wie vor fest der Meinung sind, Priester können sowas doch gar nicht machen, und für die ein christliches Begräbnis noch eine ganz wichtige Sache ist, neben allem anderen religiösen Brauchtum.

Wenn man in Todesanzeigen schaut, da sterben die Jahrgänge 1920 - 1950 allmählich weg, alle noch fest im kirchlich vorgegebenen Glauben aufgewachsen. Die bilden quasi eine feste Schwelle an "Bestand", der aber in den kommenden Jahren der natürlichen Erosion durch Todesfall zum Opfer fallen wird.

Austritte sind nur ein Problem der Kirchen, die Überalterung ist ein weiteres.

LastDayofEden 
Beitragsersteller
 12.04.2024, 17:29
@Daoga

Das ist ein sehr guter Einwand!

Ich habe mir die Mühe gemacht und bin diesem Verdacht nachgegangen, denn er macht sehr viel Sinn.

Allerdings ist auch diese Vermutung nicht durch Zahlen zu erhärten: Tatsächlich ist die reformierte Kirche viel stärker überaltert als die katholische Kirche! Hier kannst du die Prozentsätze nachsehen: https://www.ref.ch/news/die-reformierten-kirchen-ueberaltern/

Auch vom Augenschein ist mir aufgefallen, dass es sehr viel mehr (engagierte) junge Katholiken gibt als Reformierte. Meiner Meinung nach liegt das daran, dass die katholische Kirche sehr viel mehr Möglichkeiten anbietet, sich zu engagieren.

Wer reformiert aufwächst und sich mehr engagieren möchte, ist praktisch gezwungen, in eine Freikirche wie den ICF oder Chrischona zu wechseln - und das scheint auch öfters gemacht zu werden.

Daoga  12.04.2024, 17:34
@LastDayofEden

Ist vielleicht so in der Schweiz, in Deutschland hapert es mit den Engagements. Ist natürlich stark unterschiedlich je nach Region, ob der jeweilige Pfarrer und seine Gemeinde rührig sind oder nicht, oder ob es zu viel nichtkirchliche Konkurrenz gibt. Für Engagement braucht es willige Helfer mit ausreichend Freizeit, die sind nicht überall zu finden.