Fernbeziehung 400km/6h oder lieber bleiben?
Hallo liebe Community,
schon vorab sorry für den etwas längeren Text. Seit Wochen befinde ich mich in einer Situation, die mich persönlich sehr unglücklich macht, schlecht schlafen lässt und so langsam schon depressive Ausmaße annimmt.
Der Hintergrund ist dieser: Ich (29j, m) stehe am Ende meines Studiums und werde im März meinen Master abschließen. Meine Freundin (27j) kenne ich seit Juni diesen Jahres, fühle mich mit ihr sehr wohl und kann mir eine langfristige Planung mit ihr vorstellen. Zugegebenermaßen mache ich mir auch wegen meines Alters langsam Gedanken bzgl. Familienplanung (die mir sehr wichtig ist).
Im Anschluss an mein Studium möchte ich auf jeden Fall eine aufbauende Ausbildung zum Psychotherapeuten absolvieren, da dies mein Traumberuf ist. Ich habe zwei konkrete Angebote: Ich kann diese Ausbildung mit 3-4 Jahren zeitlichem Umfang in der aktuellen Stadt absolvieren, in der wir beide leben. Allerdings habe ich auch ein sehr gutes Angebot bekommen, die Ausbildung in Kombination mit einer Promotion in einer 400km entfernten Stadt zu absolvieren (Dauer ca. 4-5 Jahre). Rein pragmatisch ist dies die besser Option, da ich dort am Ende auch einen Dr. haben werde, die Ausbildungsstätte den besseren Ruf bzgl. Qualität hat und ich dort außerdem über die Promotion meinen Unterhalt finanzieren könnte. Bei der ersten Option müsste ich ggf. meine Ersparnisse aufbrauchen und, wenn es ganz blöd läuft, einen Kredit aufnehmen.
Meine Freundin wird in dieser Stadt noch 2,5 Jahre studieren und ist mindestens in dieser Zeit an unsere momentane Heimat gebunden.
Neben ihr spricht für meine momentane Heimat das intakte Freundesnetzwerk, eine hohe gefühlte Lebensqualität der Stadt und die gewohnte Umgebung. Mit Veränderungen tat ich mir in der Vergangenheit sehr schwer (z.B. vor 5 Jahren in meine jetzige Heimat zu ziehen).
Sie hat sich sehr zurückgehalten, um mich bei meiner Entscheidung nicht zu beeinflussen ("Ich möchte, dass du glücklich bist und das tust, was für dich am besten ist"). Nach einer längeren Zeit, in der ich mich nicht entscheiden konnte, hat sie mich allerdings gebeten, mich endlich zu entscheiden und angedeutet, dass eine Fernbeziehung für sie nicht infrage kommt. Als ich mich offiziell für die Option mit Promotion entschied, hat sie geweint und wir hatten ein langes Gespräch. Schließlich hatte sie gesagt, dass sie es gerne mit mir auf die Ferne probieren möchte.
Seither habe ich jedoch so große Zweifel an meiner Entscheidung. Bis Ende dieser Woche könnte ich noch einen Rückzieher machen und die Option in meiner jetzigen Stadt annehmen. Bei der Vorstellung, 400km entfernt zu sein, habe ich große Bauchschmerzen. Beide haben kein Auto und mit dem Zug sind es ca. 6h (3-4 Umstiege). Realistisch könnten wir uns höchstens alle zwei Wochen sehen. Vor allem die Lange Dauer von 4-5 Jahren schreckt mich ab... bei einem Jahr wäre das anders.
Ich bin wirklich festgefahren und total am verzweifeln. Vielleicht helfen Eindrücke von außen?
Vielen Dank!
4 Antworten
Ich verstehe dich. Und danke für den doch gut verständlichen, obwohl langen, Text.
Die Menschen denken bzgl. Fernbeziehung sehr unterschiedlich. Ich hatte z.B. 7 Jahre lange eine Fernbeziehung über eine Entfernung mit rund 10.000 Kilometer und wir konnten uns im Durchschnitt nur 1x pro Jahr für zwei Wochen sehen. Und trotzdem sind wir beide mittlerweile über 10 Jahre glücklich miteinander verheiratet. Wir hatten uns nicht so viel Druck gemacht und standen beide voll im Berufsleben...
Denn eines darfst du nicht vergessen. Heute gibt es so viele Möglichkeiten, wie man trotz einer großen Entfernung in Kontakt bleiben kann. Neben SMS und eMail gibt es ja auch Video-Skype und warum nicht mal zwischendurch einen altmodischen, aber romantischen Brief schreiben oder Paket schicken?
Wenn man sich vertraut, kann man solche Hürden überwinden. Aber wenn man von Anfang an zweifelt, ist da schon etwas vorhanden, was einen zu denken geben könnte.
Also geht es im Endeffekt nun darum, ob du an deine Karriere denkst oder an die Nähe zu deiner Freundin.
Angenommen, du würdest bleiben, würdest du dich immer fragen, was gewesen wäre, wenn du jetzt den beruflich besseren Weg gegangen wärest.
Angenommen, du würdest jetzt gehen und eure Beziehung würde nicht halten, würdest du dich immer fragen, was gewesen wäre, wenn du geblieben wärest.
Wie gesagt: Jeder denkt da etwas anders. Aber wenn man sich wirklich liebt, sollte man auch versuchen, den Partner auf beruflichen Wegen zu unterstützen und ihn nicht irgendwie unter Druck setzen. Aber wenn sie sagt, dass die Entfernung nichts für sie wäre, ohne es zu probieren... Ich weiß nicht. Sie klammert. Dann will sie es doch probieren und hat somit die Ausrede, falls irgendetwas mal passieren sollte, immer die Schuld von sich zu weisen, weil sie ja nicht diejenige war, die diese Fernbeziehung wollte. Dessen musst du dir bewusst sein.
Ich kann mich nur wiederholen. Es gibt solche und solche Menschen.
Trotzdem viel Glück euch beiden.
Am Anfang kannten wir uns ja nicht und dann hatte ich sie halt mal besucht und im Hotel geschlafen. Am letzten Tag hatte ich auch ihre Familie kennengelernt und die nächsten Male mit bei denen im Haus geschlafen.
Als Fernbeziehung würde ich es vielleicht ab dem 2. Besuch bezeichnen und wir haben uns ja sehr ... sehr, sehr oft geschrieben und am Wochenende immer geskypt. Wir hatten "eigentlich" beide nur jemanden gesucht, um unser Englisch ein bisschen zu üben 😅
In meinem Bekanntenkreis gab es einige Fernbeziehungen bei denen sich beide auch nur im Urlaub oder an den Wochenenden getroffen hatten. Und ich bin sicher dass eine davon nur deswegen zu lange gehalten hat weil sie eben nur die Wochenenden hatten und nicht den Alltag.
Ich kenne euch beide nicht und kann auch nicht beurteilen was für euch gut oder schlecht ist, aber prinzipiell kann eine Fernbeziehung durchaus gut gehen.
Und die Tatsache jetzt kein Auto zu haben heißt ja nicht dass ihr zukünftig auch keines haben werdet, und dann könnt ihr etwas Fahrtzeit einsparen.
Zwei Punkte die ich kurz anreißen möchte:
Wenn ihr euch wirklich liebt, dann werdet ihr das überstehen.
Mach das was dich im Leben weiter bringt, mach den Doktor. Eine Entscheidung für die Liebe gegen die Zukunft klingt zwar romantisch, wird dann aber immer zwischen euch stehen.
ich persönlich würde bleiben.
Doktor kannst du ja noch nachholen.
Vielen Dank für deine ausführliche Antwort und deinen Erfahrungsbericht. Darf ich fragen, ob es sich dabei gleich von Beginn an um eine Fernbeziehung gehandelt hat? Oder hattet ihr zu Beginn eine reguläre Beziehung und falls ja, wie lange?
Nun, probieren will sie es nun ja mit mir. Auch wenn sie es zunächst ausgeschlossen hatte. Meine Idee wäre , bis dahin möglichst viele schöne Erinnerungen zu schaffen und ein solides Fundament aufzubauen. Sodass vielleicht auch das beiderseitige Vertrauen weiter wächst.