Ein Jüngling liebt ein Mädchen - gedichtinterpretation

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Inhalt:

Ein Jüngling liebt ein Mädchen, Die hat einen Andern erwählt; Der Andre liebt eine Andre , Und hat sich mit dieser vermählt.

Das Mädchen heiratet aus Ärger Den ersten besten Mann, Der ihr den Weg gelaufen; Der Jüngling ist übel dran.

Es ist eine alte Geschichte, Doch bleibt sie immer neu; Und wem sie just passieret, Dem bricht das Herz entzwei.

Form und Interpretation:

Das Gedicht besteht aus drei Strophen mit jeweils 4 Versen. Das Gedicht hat berichtenden Charakter. Das Metrum ist nicht regelmäßig, es wird ständig zwischen Jamben und Anapästen gewechselt. Männliche und weibliche Kadenzen wechseln sich hingegen ab, wobei es sich beim ersten Vers der jeweiligen Strophe immer um eine weibliche Endung handelt.

In der ersten Strophe ist die Wiederholung des Wortes „andern/ andre“ auffällig, wobei sich dieses auf der zweiten Zeile auf einen Mann, in der dritten Zeile jedoch auf einen Mann und eine Frau bezieht. Eine ähnliche Situation ist in der zweiten Strophe im Vers drei und vier zu erkennen, wobei das Wort „Der“ als eine Anapher vorkommt. Im dritten Vers bezieht sich dieses auf den Mann der geheiratet wurde, im vierten jedoch auf den Jüngling.

In der dritten Strophe im ersten und zweiten Vers befindet sich eine Antithese. Eine Geschichte beschreibt immer eine Handlung in der Vergangenheit, mit dem zweiten Vers „Doch bleib sie immer neu;“ sagt Heine jedoch das Gegenteil aus.

Mit der einzigen Metapher des Gedichts - „Dem bricht das Herz entzwei“ - fasst Heine den ganzen Schmerz des Liebenden.

Das Gedicht ist einem schlichten, volksliedhaften Ton gehalten. Poetisches Vokabular ,schmückende Beiwörter gibt es nicht, das Gedicht wirkt knapp und sachlich. Beschreibungen und Schilderungen bleiben aus. Die harten männlichen Reime täuschen zwar eine strenge Ordnung vor, die jedoch durch die Halbreime im letzten Vers wieder aufgelöst wird.

Auslöser des Gedichts sind Heines eigene Erfahrungen. Als Jüngling liebte er seine Hamburger Cousine Amalie, die jedoch in einen andern verliebt war. Dieser jedoch bevorzugte ebenfalls ein anderes Mädchen, woraufhin Amalie John Freiländer aus Ostpreussen heiratete. Heine war enttäuscht und verbittert, und schilderte sein Leid in mehreren Briefen an seine Freunde.

Der Reim ist offen, a, offen, a, das heißt, würde man nach der ersten Zeile nicht in die zweite springen, d.h. eine lange Zeile zulassen, wäre das Reimchema für zwei Zeilen a,a. Der Rhythmus (Trochäus, Daktylos) kommt ein wenig aus dem Tritt, wie die Geschichte auch.

Es wird ein Beispiel gegeben und dann die Quintessenz - aber, was ist denn die 'alte Geschichte'? Alte Geschichten gibt es viele. Hier zwingt Heine, das Beispiel genauer anzuschauen. Als erstes stellt man fest, dass es um den Wirrwar geht, den Emotionen anstellen können. Du kannst die Personen aufmahlen und dann mit Pfeilen abbilden, wer mit wem durch Emotion verbunden ist (positiv und negativ). Dann stellt sich die weitere Frage nach der Kommunikation der handelnden Personen. Denn offensichtlich stimmt die mit den Vektoren der Emotionen nicht überein. Du wirst merken, dass Du keine Kommunikationsvektoren eintragen kannst - es gibt keine. Dann gibt es noch Handlungen. Welche Person handelt mit welcher. Hier wird erkennbar: Die Handlungsvektoren sind teils umgekehrt zu den Emotionsvektoren. Vermittelnde Kommunikationsvektoren gibt es keine. Jetzt wird 'die alte Geschichte' als Konglomerat von nicht kommunizierten Emotionen, kopflosen Handlungen und misslungener Kommunikation deutlich, weil alle drei nicht aufeinander abgestimmt sind. Sprich: Bei soviel Durcheinander kann nur 'Scheiß' herauskommen.