Die sokratische Elenktik?

4 Antworten

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sokrates sagt dir im gespräch nie was falsch ist was du sagst, sondern er gibt dir hinweise, die dich im prinzip selber auf den richtigen weg führen. es gibt verschiedene stufen der sokratischen elenktik. Am Anfang steht falsches Selbsbewusstein des befragten, darauf folgt die erste Frage.Jetzt befinden wir uns in der Aporie, dem Scheinwissen. Der Befragte gibt eine gegenantwort, sokrates prüft sie und wiederlegt sie gegebenenfalls.genau hier tritt das nichtwissen ein. jetzt ist der befragte verunsichert, weil er sich seiner anfangs so selbstbewusst vorgetragenen these unsicher ist. jetzt kommt er in die stufe, in der er willen zur erkentniss hat. die erste stufe davon ist zu erkennen, dass man nichts weis, bzw nichtwissend ist, darauf folgt eine neu aufnahme der these. und letzendlich der letzte schritt zur klugheit bzw. weißheit...

falls du irgendetwas nicht verstehst oder genauer erklärt haben willst, frag einfach ;)


Bingoqueen 
Beitragsersteller
 01.02.2011, 21:56

aber wie kann denn die weisheit folgen, bzw die klugheit, wenn diese eben nicht vorhanden ist? oder ist in dem fall, das "erfahren/wissen des nichtwissen" die weisheit?

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yeninesil  01.02.2011, 21:59
@Bingoqueen

nein, klugheit war in meiner "grafik" der letzte schritt zur weißheit, letzendlich ist dieser schritt laut sokrates nicht bzw. kaum erreichbar. also kann man es ungefähr so sagen wie du. wenn der wille zur erkentniss da ist, man seine these selber durch nachdenken wiederlegt hat, und eine "neuaufnahme" seines gedanken anstrebt...

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Bingoqueen 
Beitragsersteller
 01.02.2011, 22:00
@yeninesil

und was ist nun der unterschied zwischen klug - und weisheit?

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yeninesil  01.02.2011, 22:09
@Bingoqueen

"Klugheit ist, einen Ehevertrag zu machen. Weisheit ist, gar nicht erst zu heiraten."

;)

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yeninesil  01.02.2011, 22:10
@yeninesil

nein, spass beiseite. spontan würde ich sagen klugheit bezieht sich auf eine bestimmtere sache. weisheit ist allgemeiner

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Bingoqueen 
Beitragsersteller
 01.02.2011, 22:14
@yeninesil

dankeschön, das mit dem ehevertrag veranschaulicht das mir ganz gut :D.

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Elenktik ist die Kunst der Überführung (Widerlegungskunst) und Bestandteil der Hebammenkunst, der Maieutik (griechisch μαιευτικὴ τέχνη Platon, Theaitetos 148 a – 151 d, 184 b und 210 b – d), wie sie Sokrates in der Darstellung Platons ausübt. Die Maieutik ist eine kunstvolle Gesprächsführung, die anderen hilft, in ihnen schlummernde Gedanken (mit denen sie gleichsam schwanger sind) hervorzubringen und zu Erkenntnissen zu gelangen.

Eine Erörterung des Wesens der Elenktik ihres Vorgehens und ihrer Wirkung steht bei Platon, Sophistes 226 a - 232 a.

Elenktik ist von Elenchos (ἐλεγχος) abgeleitet, das „Beweis(mittel)“, „Überführung“, „Widerlegung“, „Prüfung“, „Untersuchung“ bedeutet. Es kann beim Befragen und dem Entgegenhalten von Einwänden ein Zustand der Ratlosigkeit eintreten, eine Aporie (ἀπορία).

Methode der Elenktik ist die Aufdeckung von Widersprüchen zwischen Aussagen. Sie ist eine Testmethode ein einem Frage- und Antwortspiel nach festgelegten Regeln. Auf eine erste Frage, was etwas ist („Was ist …?“) eine Antwort mit einer These/Definition angeboten. Deren Stichhaltigkeit wird dann geprüft. Ein Fragender untersucht, ob der Antwortenden mit Argumenten zur Annahme des Gegenteils seiner These gezwungen werden kann. Der Antwortende versucht, dies abzuwenden und seine These zu verteidigen.

Beispiele in kurzer Form:

Im Dialog „Charmides“ wird Besonnenheit als eine Art Ruhigsein definiert. Charmides hält zugleich Besonnenheit für etwas Schönes/Gutes. Langsamkeit, die zum Ruhigsein gehört, ist aber in manchen Fällen nicht schön/gut. Nach zugestandenen Annahmen kann Besonnenheit daher nicht einfach Ruhigsein sein.

Im Dialog „Laches“ wird Tapferkeit als Beharrlichkeit definiert. Laches hält zugleich Besonnenheit für etwas Schönes/Gutes. Es gibt aber auch unvernünftige Beharrlichkeit. Unvernünftiges ist nicht schön/gut. Außerdem ist dem Verständnis der Gesprächspartner nach Beharrlichkeit bei Geldanlagen als solche kein Bereich der Tapferkiet. Nach zugestandenen Annahmen kann Tapferkeit daher nicht einfach Beharrlichkeit sein.

Elenktik zielt besonders auf ein Nichtwissen der Denkenden in Bezug auf sich, wenn sie selbst glauben etwas zu wissen, ohne wirklich zu wissen. Die Verwirrung, die auftritt, ist ein Zustand, der zwischen Scheinwissen (Nichtwissen, aber Meinung, etwas zu einem Thema zu wissen) und Wissen steht. Eine falsche Einbildung, in Bezug auf eine Fragestellung wissend zu sein, wird beseitigt und jemand wird sich zumindest seines Wissensmangels bewußt. Dies ist eine günstige Voraussetzung, um ein Bedürfnis nach eingehenderem Durchdenken zu spüren.

Platon versteht Elenktik als Umwendung der Seele, eine Reinigung des Denkens von Unverständigkeit (ἀμαϑία).

Die Elenktik ist noch kein Erreichen einer richtigen Lösung in der Sachfrage, indem bei einem Thema die Wahrheit erkannt wird, sondern erst einmal nur die Beseitigung von Hindernissen für die Erkenntnis. Sie stellte ein Aufklärung des vermeintlichen Wissens (kann seinen Anspruch nicht einlösen) über sich selbst. Elenktik ist direkt erst einmal negativ, sie wird von Sokrates ergänzt durch die Protreptik (Kunst der Hinwendung).

Elenktik befreit von falschen Annahmen und bereitet auf das Erfassen der Wahrheit vor. Sie sorgt für mehr Verständigkeit. Klugheit ist eine Fähigkeit, die zum Denkvermögen gehört. Dieses wird durch Tätigkeit und damit Übung gefördert. Das Gespräch hat den Zweck, Menschen auf den Weg zur Erkenntnis/zum Wissen voranbringen (ἐπιστήμη). Wenn eine Einsicht selbst vollzogen ist, kann dabei auf einer Höchststufe von Weisheit gesprochen werden.

Bücher über Sokrates und Platon enthalten Informationen, z. B.:

Michael Landmann, Elenktik und Maieutik : drei Abhandlungen zur antiken Psychologie. Bouvier, Bonn 1950

Bernhard Waldenfels, Das sokratische Fragen : Aporie, Elenchos, Anamnesis. Meisenheim am Glan : Hain, 1961 (Monographien zur philosophischen Forschung ; 26)

Peter Stemmer, Platons Dialektik : die frühen und mittleren Dialoge. Berlin ; New York : de Gruyter, 1992 (Quellen und Studien zur Philosophie ; 31); S. 72 - 270

Michael Erler, Platon (Beck`sche Reihe: bsr - Denker; 573). Beck : München, 2006, S. 103 - 105

Ich halte es für empfehlenswert, das Verfahren konkret an Texten zu untersuchen und gründlich die Argumentation in einzelnen Dialogen analysierende Untersuchungen heranzuziehen.

Es ist im Zusammenhang mit der Maieutik, der "Hebammenkunst" wie es so schön heißt, in der Sokrates hilft, die Vernunft bei anderen zutage zu fördern wie ein Geburtshelfer. Es erfolgt durch das sokratische Fragen, Ironie, womit er den Fragenden auf vernünftige Schlüsse zielen lässt, um ihn dann zu widerlegen.

http://de.wikipedia.org/wiki/M%C3%A4eutik


aimbot  01.02.2011, 22:57

PS ein Beispiel: Sokrates trifft den Priester Euthyphron, der zum Gericht eilt, um seinen Vater des Totschlags anzuklagen; nicht anzuklagen hieße soviel wie gottlos und nicht fromm zu sein. Darauf Sokrates: "Du scheinst dir sehr sicher um das Fromme zu sein, wenn du einfach so behauptest, das sei nicht fromm. So sage mir doch, was das Fromme ist?" "Fromm ist, was Götter gutheißen." Wieder Sokrates: "Heißen sie es gut, weil es fromm ist oder ist es fromm, weil sie es gutheißen?" Euthyphron weiß nicht weiter und geht lieber. (Vgl. Platon, Euthyphron, Werke in acht Bänden, Bd. 1)

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