Der Transgender-Weg, wie fängt man an?

TimKron112  08.07.2021, 16:39

Wieso braucht man eine Therapie dafür? Ich meine man bekommt Tabletten für Hormone und macht paar Operationen. Oder sehe ich das Falsch?

WurstHose69 
Beitragsersteller
 08.07.2021, 16:40

Es ist viel mehr als das. Du brauchst ein ärztliches Gutachten, um überhaupt an die Hormone zu kommen. Zudem kriegst du Hormone erst nach 6 Monaten Therapie.

2 Antworten

Kann ich einfach zu einer ganz normalen Therapeutin/Psychologin gehen und sie darauf ansprechen?

Theoretisch könnte die Begleitung jeder Therapeut machen, da es dafür keine nötige Zusatzqualifikation oder ähnliches gibt. In der Praxis machen unerfahrene Therapeuten sowas jedoch ungerne, da sich die meisten auf diesem Gebiet nicht gut auskennen. Stattdessen gibt es sogenannte „trans erfahrene“ Therapeuten, die sehr belesen in diesem Theme sind und/oder bereits einige oder fast ausschließlich trans* Personen als Klienten hatten. Ich empfehle dir stark einen solchen erfahrenen Therapeuten auszuwählen, da sie durch ihr Wissen doch einige Vorteile bieten.

ich frage mich, wie ich an eine Therapie rankomme?

An der Stelle empfehle ich dir, dass du dich zuerst informierst, ob es in deiner Nähe, in deinem Kreis oder eventuell Bundesland eine trans* Beratungsstelle oder ähnliches gibt. Diese haben meist eine Liste an Adressen, unteranderem auch einige Adressen für trans erfahrene Therapeuten. Eventuell stehen diese Adressen bereits auf der Website der Einrichtung zur Verfügung, eventuell muss man aber eine Mail schreiben oder mal anrufen. Alternativ gibt es auch zwei relativ große Facebook Gruppen (TGG Transgender Germany oder Transgender Deutschland) - das sind geschlossene Gruppen in denen man gut einen kurzen Post verfassen kann, in welchem man nach Adressen fragt. Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass jemand aus deiner Nähe gute Tipps hat.

Diese psychotherapeutische Begleitung ist einer der wichtigsten Grundbausteine wenn du medizinische Maßnahmen wie Hormone und Operationen anstrebst, denn in Deutschland braucht man dafür (in der Praxis) ein sogenanntes Indikationsschreiben. Dabei handelt es sich um ein Schreiben vom Therapeuten, welcher quasi grünes Licht für die Schritte gibt.

In Sachen Hormontherapie sind die Therapeuten recht frei, wann sie dieses ausstellen, eine neue Leitlinie empfiehlt etwa 6 Monate Therapie, aber nach meiner persönlichen Erfahrung variiert das meist so zwischen 3-12 Monaten. Wenn man das Indikationsschreiben erhalten hat, geht man damit in der Regel zu einem Endokrinologen (manchmal auch Urologe), das ist meist der Facharzt, der die Hormontherapie begleitet. Es lohnt sich aber, bereits vor dem Erhalten des Indikationsschreiben einen Termin beim Endo zu organisieren, die haben oft lange Wartezeiten und meist gibts sowieso eine Voruntersuchung (meist nur ein bisschen Blut abgeben). Wenn das Indikationsschreiben vorliegt und die Voruntersuchung in Ordnung war, gehts dann auch meist los. Testosteron wird bei trans Männern entweder in Form von Gel oder einer Spritze verabreicht.

Die Operationen sind etwas komplizierter. Auch hier benötigt man ein Indikationsschreiben von Therapeuten, muss aber damit einen Antrag auf Kostenübernahme bei seiner Krankenkasse stellen. Dazu kommen noch ein paar weitere Dokumente, bspw einen Bericht über die Hormontherapie, eine persönliche Stellungnahme…

Den Antrag auf Vornamens- und Personenstandsänderung kannst du jederzeit (auch ohne Therapie, Hormone etc) bei deinem zuständigen Amtsgericht stellen - dieses Verfahren wird über das sogenannte Transsexuellengesetz (TSG) geregelt.

Das ist natürlich ein riesen Thema, deswegen ist das hier nur ein kurzer Anriss. Ich empfehle dir noch mal wirklich sehr stark, dass du dich nach Beratungsstellen, aber auch Selbsthilfegruppen oder Stammtischen informierst. Es kann super hilfreich sein, mit ein paar Menschen in Kontakt zu treten, die das schon durchlaufen sind. Alternativ gibt es auf YouTube, Instagram und co mittlerweile viele Menschen, die ihren Werdegang sehr detailliert darstellen

Also ich bin direkt zu einer Jugenspsychologin gegangen die sich mit dem Thema auskennt. Davon gibt es soweit ich weiß auch Listen im Internet. Bei mir war es zum Beispiel beim UKE in Hamburg. Nicht abschrecken lassen, denn die Wartezeiten können recht lang sein.

Wenn du allerdings erstmal deinen ersten Termin hattest und es dir gefällt, können die dich durch alle wichtigen Prozesse unterstützen. Also zum beispiel Testosteron oder Operationen.

Hoffe ich konnte helfen!

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

WurstHose69 
Beitragsersteller
 08.07.2021, 16:49

Das Ding ist, ich bin gerade bei einer Jugendpsychologin, allerdings wegen meiner Sozialen Phobie und ich weiß nicht, ob ich das Thema auch bei ihr Ansprechen kann oder nicht. Sie ist halt auf Phobien, Depressionen etc. etc. spezialisiert.
Ich möchte allerdings auch nicht, dass sie mir dann nicht helfen kann und ich mich dann da quasi zum Affen mache, verstehst du?
Ich weiß einfach nicht, ob ich das bei ihr ansprechen könnte und ob sie mir helfen könnte. Ich bin da total hin und her gerissen

Fhilus  08.07.2021, 16:51
@WurstHose69

Ich denke ansprechen können solltest du es auf jeden Fall. Zumindest wenn du dich sonst gut bei ihr versteht. Allerdings wird sie dir wahrscheinlich nicht sehr weit helfen können, da sie eben nicht darauf spezialisiert ist. Vielleicht kennt sie aber jemanden und kann dir jemanden empfehlen. Falls du dich nicht sicher genug bei ihr fühlst würde ich mir für dieses Thema nochmal einen anderen Psycholgen oder Psychologin suchen, auch wenn es nervig ist.

WurstHose69 
Beitragsersteller
 08.07.2021, 16:53
@Fhilus

Ich werde es mal bei ihr ansprechen, mal gucken, was sie dazu sagt!
Vielen Danke für deine Hilfe!

Gazadael  08.07.2021, 16:56
@WurstHose69

Ich selbst hab es auch zum ersten mal in der Therapie angesprochen, die eigentlich für etwas anderes war. Nach einer Weile konnte mir dann die Therapeutin eine andere empfehlen, die sich mit dem Thema besser auskannte.