Blende Kamera 0,7?

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Naja, bei einer Brennweite von 100 mm müsste bei f0,7 der Durchmesser des lichteinlassenden Objekts ca. 142 mm groß sein.

Das wäre halt ein riesengroßer, unhandlicher Apparat.


BurkeUndCo  08.08.2019, 09:22

In der Realität müsste das Objektiv noch viel, viel größer werden.

A) Lambertsche Strahlungsgesetze, geringere Strahlungsmenge der Randstrahlen

B) Überhöhung der Objektivlinsen - praktisch jedes Objektiv (von astronomischen Fernrohren abgesehen) hat eine größere Eintrittslinse, als es der Rechnung D = f /f# entspricht.

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Ja die gibt es und damit wurden zum Beispiel Kerzenlichtaufnahmen von Kubricks "Barry Lyndon" gedreht:

https://www.youtube.com/watch?v=KT7IYpjcpD4

Das Objektiv ist ein Carl Zeiss Planar 50mm f/0.7, es wurden nur 10 Stück gebaut und sie kosten so um die 23 Millionen, die heutige Inflation eingerechnet.

Der Blendenwert ist abhängig von, wie schon gesagt wurde, Brennweite durch Durchmesser des Frontelements. Also um bei dem Zeiss Planar 50mm einen derart niedrigen Wert zu erreichen müsste das Frontelement mindestens 7 cm besitzen. In der Realität muss es aber sehr viel größer sein, was ein seltenes Video des Planar 50mm 0,7 zeigt:

https://www.youtube.com/watch?v=dVF1zoyQJHY

Übrigens gibt es Objektive mit f0,95 in durchaus für Normalsterbliche erreichbare Beträge:

https://zyoptics.net/product/mitakon-speedmaster-50mm-f-0-95-iii/

Woher ich das weiß:Berufserfahrung – Fotografiere in Hobby und Beruf seit 2003

Theoretisch wäre das absolute Limit bei f/0,5.

Praktisch realisiert wurde ein Maximum (minimale Blendenzahl) von 0,7. Denn gemäß Wikipedia gilt: Das lichtstärkste fotografische Objektiv wurde bei Zeiss entwickelt: Mit dem Planar 1:0,7/50 mm

Damit ein Objektiv eine Blendenzahl kleiner 1 erhält, muss die Eintrittsapertur größer sein als die Brennweite. Das ist prinzipiell kein Problem. Es gibt viele Objektive im Bereich von 0,9.

Das ganze berechnet sich dann aber etwas komplizierter mit ein paar Winkelfunktionen (müsste ich auch erst nachschauen). Um eine f# von 0,5 zu erreichen, müsste die Eintrittsapertur dann unendlich groß werden. Größer geht nicht, deshalb ist es das theoretische Maximum. Praktisch dürften die Grenzen bereits so im Bereich von 0,7 erreicht sein.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung

AndreasDerTor  07.08.2019, 23:34

Wieso ist eigentlich das Maximum bei 0,5? Wäre nicht beispielsweise auch ein 50mm Objektiv mit einem Durchmesser von mehr als 100 mm denkbar?

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BurkeUndCo  08.08.2019, 00:34
@AndreasDerTor

Lass mich nachdenken, auf die Schnelle aber ohne Sicherheit.

Die Strahlungsmenge geht mit dem Quadrat des Sinus vom halben Öffnungwinkel

Und da der volle Öffnungswinkel nicht größer sein kann als 180°, liegt das Maximum bei 1. Hilft das? Eher nicht.

Hilft es zu überlegen, dass die Strahlungsmenge vom Lambertschen Strahler abgeleitet wird und deshalb entsprechend dem Cosinus zwischen lokaler Stralungsrichtung und der optischen Mittenachse abnimmt? Das heißt die Strahlung von immer größeren Ringen um die Mitte der Blende trägt immer weniger bei. Wenn der Radius dieser Blende unendlich wird, dann ist der Beitrag gem. Cos(90°) = 0. Wenn man nun darüber integriert, dann ergibt sich halt das oben genannte sinus-Verhalten.

Noch komplizierter wird es, wenn man - entsprechend den üblichen Regeln der Fotografie - den Blendenwert einfach als Verhältnis vion Blendendurchmesser und Brennweite berechnet. Das wäre geometrisch der Tangens.

Für kleine Winkel sind Sinus und Tangens recht ähnlich, für größere Winkel nicht.

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Ich glaube das ist genug der Verwirrung.

Zu merken ist: Für kleine Öffnungswinkel gilt die übliche Berechnung der Blendenzahl.

Für Blendenwerte unter 2, verstärkt unter 1 ist diese einfache Rechnung nicht mehr gültig.

Und demzufolge würde die einfache Berechnung der Blendenzahl bei Deinem Beispiel zwar f/0,5 ergeben, aber die Lichtmenge, die auf den Sensor fallen würde wäre eben nicht die 4-fache Lichtmenge, der Lichtmenge, die man mit f/1 erhalten würde. Deshalb --- zur Vereinfachung und nicht zur Verwirrung --- bestimmt man die f# bei sehr kleinen Blendenwetten nicht mehr über den Blendendurchmesser, sondern rechnet den Blendenwert rückwärts aus der Menge der auftreffenden Strahlung.

Konkret: Ein Objektiv mit f/0,5 würde die 4-fache Lichtmenge liefern eines Objektives mit f/1. Da dieses Objektiv aber eine unendlich große Eingangsblende haben müsste, wird es wohl nie gebaut werden können.

Und ihne das jetzt genau gerechnet zu haben; dürfte deine Beispielrechnung mit Blendendurchmesserr 100 mm und Brennweite 50 mm etwa bei effektiver f# = 0,7 landen.

Ich hoffe zumindest etwas der Argumentation konnte verstanden werden. Ansonsten bitte ein paar Lehrgänge für Optikdesign besuchen.

Allerdings funktionieren Objektive nuir, wenn die Sinus-Bedingung erfüllt ist.

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AndreasDerTor  08.08.2019, 10:41
@BurkeUndCo

Sehr gute Antwort, hast du irgendeinen Buch oder eine von mir aus auch englische Webseite, auf der man so etwas nachlesen kann?

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Zu klären wäre was Blende, eigentlich Offenblende bedeutet.

Offenblende ist der Wert, der sich aus dem Verhältnis von Brennweite geteilt durch "Durchmesser der Frontlinse" ergibt.

Beispiel: Brennweite 200mm und Frontlinse 50mm Durchmesser, dieses Objektiv hat eine Offenblende von 4,0

Damit das Objektiv, bei gleicher Brennweite eine Offenblende von 2,8 erreicht und somit lichtstärker wird ist eine Frontlinse mit einem Durchmesser von 71,5mm benötigt. Solche Objektive haben alle Hersteller im Angebot.

Um eine Lichtstärke / Offenblende von 1,0 zu erreichen würde eine Frontlinse mit 20cm Durchmesser benötigt.

Für eine Offenblende von 0,7 wären es 28,6cm. Solch ein Objektiv könnte man herstellen, aber wer will es tragen?

Nikon hat für die Z Serie das NIKKOR Z 58mm f/0.95 S Noct  vorgestellt. Aktuell ist das die beste Offenblende. Das von dir verlinkte Planar von Zeiss ist nicht für den normalen Markt entwickelt worden.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Seit 1980 mit Spiegelreflex unterwegs, seit 2001 DSLR

BurkeUndCo  08.08.2019, 09:18

Im Prinzip richtig, aber:

Die Blendenzahl wird zwar vereinfacht so berechnet, wie von Habakuk63 beschrieben, aber diese einfache Rechnung gilt nur für Blendenwerte größer als 2 (und auch da nicht ganz genau).

Da die Strahlungsmenge für zusätzliche, äußere Ringe der Blendenöffnung durch die Cosinus-Formel der Lambertschen Strahlung kontinuierlich abnimmt, tragen diese äußeren Öffnungsringe relativ zu ihrer Fläche immer weniger zur Gesamtzstrahlung bei.

Da keinem Fotografen zugemutet wird (werden kann) sich mit solchen Feinheiten des Optikdesigns zu beschäftigen, wird die Blendenzahl für kleine Blendenzahlen (große Öffnungen) so realisiert, dass die sonst üblichen Gesetze der Fotografie auch hier gelten, also dass die Halbierung der Blendenzahl die 4-fache Lichtmenge auf dem Sensor bringt. Und da die Lichtmenge pro Öffnungsfläche am Rand kleiner wird, muss für die gleiche Lichtmenge die Fläche größer werden. Deshalb werden Objektive mit f# < 1 schnell noch viel größer und viel unhandlicher als das Beispiel das Habakuk63 oben beschrieben hat.

Genauere Rechenformeln und Beschreibung der ZUsammenhänge in:

https://www.edmundoptics.de/resources/application-notes/optics/optics-application-examples/

Hinzu kommt, dass solche übergroße Objektive zwar viel Licht sammeln, aber die Optikauslegung durch die flach auf den Sensor einstrahlenden Randstrahlen immer schwieriger wird. Und damit (weil das Design immer schwieriger zu realisieren ist) nimmt die Bildschärfe deutlich ab.

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