Bei welchem Gewicht bricht Holz?
Ich möchte mir eine Pergola bauen und verstehe die statischen Berechnungen nicht (gegoogled habe ich danach). Vielleicht kann mir jemand auf die Sprünge helfen.
Kiefernholz z.B. 10 cm x 10 cm und 2 Meter lang, lege ich auf zwei Steine (die Steine sind aussen). Ich stelle mich mit meinen 86 Kg in die Mitte. Das hält, ich weiß, habe ich schon ausprobiert. Aber kann man sowas auch berechnen, bei wie viel das brechen würde? Oder 8cm x 16cm mit 4 Meter länge, usw. Ich müsste also eine Formel für Tiefe, Höhe, Breite haben und dann das maximale Gewicht ausrechnen (für Kiefernholz).
Kann mir da einer auf die Sprünge helfen?
Das 9,81 Newton Kraft = 1Kg entspricht, weiß ich.
2 Antworten
Hallo Biff,
um deine Frage zu beantworten, eine kleine Lehrstunde in Baumechanik, für die wir drei Dinge brauchen:
- das statische System
- den Querschnitt des betrachteten Bauteils
- die (Biege-)Festigkeit des Materials
Gleich vorweg: die Umrechnung von Kilogramm in Newton erfolgt gemeinhin vereinfacht, d.h. wenn ich 1 kN (Kilonewton) schreibe, entspricht das 100 kg.
Zumindest in Deinem Beispiel wissen wir zwei der Eingangsparameter, einen nehmen wir an:
- statisches System: Einfeldträger mit mittiger Einzellast, Spannweite l = 200 cm, Einzellast P = 0,86 kN
- Rechteckquerschnitt b x h = 10 x 10 cm
- Kiefernholz; Annahme: "normales" Bauholz Klasse C24 mit einer Festigkeit von fmk = 2,4 kN/cm²
Und jetzt kommt die Berechnung:
- Du erzeugst bei dem System durch Deine Gewichtskraft im Holz ein Biegemoment von: M = P * l / 4 = 0,86 kN * 200 cm / 4 = 43 kNcm
- Der Rechteckquerschnitt setzt dieser Belastung ein Widerstandsmoment entgegen von: W = b * h² / 6 = 10 * 10² / 6 = 167 cm³
- Dadurch entsteht im Holz eine Biegespannung von: M / W = 43 kNcm / 167 cm³ = 0,26 kN/cm². Dieser Wert ist kleiner als die Biegefestigkeit 2,4 kN/cm², deshalb geht das Holz nicht kaputt.
Wenn wir jetzt wissen wollen, welche Einzellast das Kantholz aushält, müssen wir die o.g. Formeln zusammenfassen und umstellen, dann kommt heraus:
P = W * 4 * fmk / l = 167cm³ * 4 * 2,4 kN/cm² / 200 cm = 8,0 kN, also 800 kg.
Das ist der Wert, an dem das Holz voraussichtlich tatsächlich bricht. Als Statiker fügen wir natürlich noch ein paar Sicherheitsbeiwerte ein, damit es nicht soweit kommt. Speziell in diesem Fall wären das:
1,5 als Multiplikator für veränderliche Last, 1,3 als Divisor für die Festigkeit des Baustoffes Holz und 0,7 als Multiplikator, wenn das Holz im Freien verbaut wird
Wenn Du auf der sicheren Seite und im Rahmen der in Deutschland geltenden Vorschriften bleiben willst, solltest Du also nicht schwerer werden, als:
0,7 * 8,0 kN / (1,3 * 1,5) = 2,9 kN, also 290 kg.
Aber für dieses Gewicht mußt Du noch viel Schweinebraten essen ;-) !
Grüße! waldenmeier
Hallo,
dann liegen die Sparren in einem Abstand von 6 m / 7 Felder = 0,75 m, stimmts?
Einschließlich Eigengewicht des Daches rechne ich jetzt mal mit 2,5 kN/m².
Dann wäre unser Sparren vom System her ein Einfeldträger mit Spannweite l = 3 m mit einer Linienlast in Höhe von:
q = 2,5 kN/m² * 0,75m = 1,88 kN/m
Und die Linienlast erzeugt im Balken ein Biegemoment wie folgt:
M = q * l² / 8 = 1,88 kN/m * (3 m)² / 8 = 2,12 kNm = 212 kNcm
Rest wie oben!
(Komme bei einer Spannung von 2,54 kN/cm² heraus, d.h., besonders bei Berücksichtigung der Sicherheitsbeiwerte, sind die Balken 5/10 zu schwach oder zu weit auseinander)
Hoffe, ich habe Dir trotzdem weitergeholfen!
Grüße!
Super danke hast mir damit wieder einiges klargestellt.
Jetzt meine weitere frage, wie verhält sich diese berechnung für die senkrechten steher? Kannst mir das auch bitte so schlüssig erklären?
Danke
Abmerkung wenn du die 2,5kn/m2 x 0,75 rechnest hast du ja die kn/m2 für 0,75m dh der abstand zwischen den balken. Müsste man dann nicht diesen wert x der länge der balken rechnen um die Belastung für einen balken zu erhalten und diesen wert dann in die formel der streckenlast einsetzen?
Hast du ev. Auch infos wie man bei der statikberechbung eines punktfundaments vorgeht? Welche kriterien braucht man dazu? Du erklärst das so gut! Danke 👍
Nein, die Länge des Balkens hat damit nichts zu tun.
Also, auf den Sparren liegt jetzt z.B. eine Bretterschalung, die den Balkenabstand, also die Feldweite zwischen den Sparren, "überbrückt" und darauf der Schnee. Nun bekommt jeder Sparren die Last aus den Brettern ab, und zwar etwa aus der Hälfte der Feldweite links angrenzend und aus der Hälfte der Feldweite rechts angrenzend. Also in unserem Beispiel: 0,75m / 2 von links und 0,75m / 2 von rechts. Macht in Summe 0,75m. Das ist die sog. "Einflußbreite" zur Umrechnung der Flächenlast, die auf den Brettern liegt, in eine Linienlast, die auf den Sparren wirkt.
Wenn es um die Stiele und die Fundamente geht, müsste man weiter ausholen. Die Tragwerkslehre ist ein großes Feld und normalerweise studiert man ein paar Semester Bauingenieurwesen oder paukt auf der Meisterschule, und bekommt das da beigebracht. Leider fehlt mir echt die Zeit, hier weiterzumachen. Bitte nicht böse sein!
Laß dich wegen deinem Bauprojekt doch am Besten von einen Zimmermann aus Deiner Gegend beraten!
Grüße!
Nö. Wir berechnen das Biegemoment in der Mitte des Stabes, dafür gilt die Formel M = P * l / 4
Wenn Du Auflagerkräfte A und B an den Enden berechnen willst, gilt:
A = B = P / 2
Hallo Waldenmeier,
herzlichen Dank für die tolle Erklärung. Wie muss ich die Formel umstellen, wenn es sich um ein Rundholz handelt.
Danke und Grüße
Apistolis
Hallo Apistolis,
Dazu alle Formeln wie oben, nur das Widerstandsmoment W errechnet sich für einen Kreisquerschnitt so:
W = Pi * r³ / 4
Beispiel: Rundholz mit 10cm Durchmesser:
W = 3,14 * 5³ / 4 = 98 cm³
Grüße! waldenmeier
Das ist mal verständlich. Kommt auch mit den Werten ungefähr hin. Ich könnte also sogar mit dem Auto mit einem Rad auf dem Balken stehen bzw. drüber fahren, bei 1,2 Tonnen Dachziegel wird das aber knapp.
Dann baue ich mir mal ne Excel mit den neuen Erkenntnissen und brauche dann nur noch die Abmessungen vom Holzbalken eingeben und habe tolle Werte für meine Pergola. Jetzt muss ich nur noch Schneegewicht messen :-)
Die Beiträge sind schon etwas älter, trotzdem ein großes Danke für die Berechnung.
Wie verhält sich das, wenn das Holz nicht an beiden Enden aufliegt sondern einen Überhang hat (wie ein Sprungbrett) ?
Hallo!
Wäre es bitte möglich dass du deine Antwort auch für eine Streckenlast / Linienlast erklärst? es geht z.b. um schneelast mit 2 kN/m² welche auf einer überdachten Fläche von 3x6m = 18m² liegt und von 8 stück sparren Holz C24 mit 10x5 und einer länge von 3m getragen werden soll.
Danke