Autimus erwähnen im Bewerbungsprozess?
Guten Tag, ich bin männlich / 18 Jahre alt,
Ich mache dieses Jahr meine Fachhochschulreife und bewerbe mich gerade auf Ausbildungs- und duale Studienplätze.
Ich hatte schon ein paar Bewerbungsprozesse hinter mir, leider aber keine erfolgreichen. Ich recht gute Noten (vor allem in Mathe, Englisch und Wirtschaft) und schreibe auch gute Bewerbungen, deswegen werde ich immer zu einem Gespräch eingeladen. Auch Einstellungstests sind kein Problem. Am Vorstellungsgespräch scheitert es immer.
Ich habe mich gefragt, ob es vielleicht an meiner Störung liegt, dass ich vielleicht einfach falsch verstanden werde. Oder es heißt dann, dass ich von meiner Persönlichkeit nicht ins Team passe. Da habe ich immer noch nicht ganz verstanden, was die Personaler genau von mir wollen. Persönliche Vorraussetzungen wie Offenheit oder Gewissenhaftigkeit, die mich für eine Ausbildung oder ein duales Studium qualifizieren habe ich ja.
Ich habe mich für ein duales Studium im Bereich Wirtschaftsinformatik bei einem Softwareentwickler beworben. Vielleicht habe ich mehr Erfolg, wenn ich mich mal bei einer anderen Branche bewerbe. Gerade weil in der IT-Branche ein bisschen netteres Bild von neurodivergenten Menschen herrschen soll. Und weil Programmieren etwas ist, was mir sehr liegen würde. Gerade weil ich kreativ bin und ein gutes logisches Denken habe.
Ich möchte fragen, ob ich dem HR-Team im Bewerbungsprozess mitteilen soll, dass ich eine Störung habe. Ich kann ja, wenn sie mich fragen sollten, gezielt auf meiner Stärken und Schwächen eingehen. Meine Stärken sind halt eher meine logische und rationale Denkweise, mein analytische Vorgehensweise, meine Kreativität, Eigeninitiative, Problemlösungsfähigkeit und Konzentrationsfähigkeit. Ich setze mich außerdem so lange an ein Problem, bis ich es gelöst habe.
Meine hauptsächliche Schwäche ist, dass ich Schwierigkeiten mit Small Talk, Non-Verbale Kommunikation und empathischen Empfinden habe. Sonst habe ich kaum Einschränkungen wie z.B Overloads. Genauso kann ich recht flexibel und eigenständig arbeiten und benötige keinen festen Tagesplan. Das sind Probleme, die bei Autisten zwar häufig sind, aber bei mir weniger der Fall sind. Autismus ist numal auch ein vielfältiges Spektrum. Mein hauptsächliches Problem liegt wirklich nur im zwischenmenschlichen.
Vielleicht kann ich aber mit meinen Stärken so gut überzeugen, dass sie gegenüber meiner Schwäche deutlich überwiegen würden. Vielleicht könnte ich auch dadurch Missverständnisse im Interview vermeiden
3 Antworten
Ich kenne das Problem, ich bin selber Autist. Ich würde dir empfehlen, ganz klar zu sagen, dass du Autist bist, und dann den Schwerpunkt auf die damit für dich einhergehenden Stärken legen. Natürlich sprichst du auch die Schwächen an, aber der Arbeitgeber will ja von dir erfahren, warum gerade du eine Stelle bekommen solltest.
Viele sehen bei Autisten oft nur den Mehraufwand. Dabei kann Autismus mit der richtigen Förderung eine Riesenchance sein. Denn Autismus beeinflusst nicht nur deine Schwächen, sondern auch deine Stärken. Ich zum Beispiel kann mich stundenlang auf eine Sache konzentrieren, ohne zu ermüden. Das heißt, ich kann problemlos eine Akte nach der anderen entweder komplett analysieren oder auf bestimmte Informationen hin durchsuchen, ohne dass meine Konzentration nachlässt.
Überleg dir: Was sind deine Stärken? Was kannst du besonders gut?
Kommt mir etwas bekannt vor von mir aber ist schwierig zu beantworten ohne dich persönlich zu kennen.
Ist Informatik jetzt schon eine andere Richtung / Branche für die du dich Bewirbst?
Wenn ja, für was für einen Bereich hast du dich denn vorher beworben?
"Ich setze mich außerdem so lange an ein Problem, bis ich es gelöst habe."
Kann auch als Negativ ausgelegt werden. Man sollte sich nicht an manchen Problemen "aufhängen" und zu viel Zeit investieren. Früh genug um Hilfe Fragen bzw. besprechen oder an andere Stellen weiterleiten die sich damit besser auskennen.
Wenn dich der Bereich wirklich ebenfalls interessiert ist es einen Versuch wert.
Wenn du denkst, dass die Personaler dich für "eigenartig etc." am ende des Gesprächs abstempeln und es dadurch scheitert ist es sicherlich gut proaktiv zu sein und deine "Störung" mit ihren vor und nachteilen zu erwähnen.
Das kommt sehr auf das Unternehmen an. Allgemein kann man sagen, dass die meisten Unternehmen nicht besonders sozial eingestellt sind, sondern es letztendlich um Gewinnmaximierung geht. Und dafür möchten sie ein möglichst harmonisch zusammenarbeitendes Team...
Ich sehe von daher erst mal keinen Vorteil für dich zu erwähnen, dass du Autist bist. Damit weist du dein Gegenüber nur auf vermeintliche Defizite hin. Im Zweifel weiß der Personaler nichts damit anzufangen und sortiert dich als Risikobewerber aus. Es könnte höchstens von Vorteil sein den Autismus zu erwähnen, falls es sich um eine anerkannte Behinderung handelt und die Stelle explizit auch für Menschen mit Behinderung vorgesehen ist.
Manchmal ergibt es sich auch innerhalb des Vorstellungsgesprächs, wenn man das Gefühl hat, dass das Gegenüber offen dafür ist. Aber pauschal betrachtet würde ich dir davon abraten, den Autismus zu erwähnen. Stattdessen würde ich eher deine Stärken hervorheben.
Ich hoffe, du verstehst meine Antwort richtig einzuordnen. Ich will dich damit keineswegs abwerten. Nur leider ist das Berufsleben häufig brutal und die Firmen nicht gut eingestellt auf alles außerhalb der Norm. Ausnahmen davon sind natürlich toll, aber leider nicht die Regel.
Ich habe mich davor hauptsächlich für duale Studiengänge beworben, die etwas mit BWL zutun hatten.
Also zum Beispiel bei Banken, bei ein paar lokalen Industriebetrieben und bei den Big Four im Tax oder Audit-Bereich.
Ich habe schon länger mit den Gedanken gespielt, mich bei Technik oder Informatik zu bewerben. Wenn nicht dual, dann wahrscheinlich ganz normal bei einer technischen Uni oder FH.