Ausraster bei 10-jährigen vermeiden?
Hallo zusammen,
Die Frage im Titel klingt jetzt total provokant, wollte aber das "Problem" kurz und bündig formulieren 😅
Es ist nicht so, dass mein Sohn ständig ausrastet, wirklich nicht. Er ist ein wirklich liebenswertes und intelligentes Kind, spielt gerne mit seinem kleinen Bruder, ist immer höflich zu anderen und benutzt selten schlimme Schimpfwörter. Singt grade beim Fehler korrigieren ein Disneylied (so viel zur Konzentration) 🫶...
In der Schule schreibt er relativ gute Noten, aber er hat oft Konzentrationsfehler, besonders bei Diktaten. Trotzdem möchte er unbedingt aufs Gymnasium wechseln, obwohl seine Lehrerin ihn für die Realschule empfohlen hat (Gymnasium nur mit Einschränkung wegen seiner Konzentrationsprobleme). Wir unterstützen ihn dabei, aber es bedeutet, dass wir auch in den Sommerferien mehr lernen müssen, das wusste er. Trotzdem hat er die ersten vier Wochen gar nichts gemacht. Erst diese Woche haben wir damit angefangen und es endete, wie üblich, in einem Tobsuchtsanfall, aber nicht, weil er das Diktat schreiben sollte, sondern wegen der Fehler hinterher. Sein Problem sind nicht mal die langen, schwierigen Wörter, sondern Alltagswörter bei denen er einfach Konzentrationsfehler macht, doppeltes m vergessen (bsp. bei Zimmer, immer Schlimm, etc.), das i bei Wörtern mit ei, ä, ö und ü Pünktchen, etc.
Vorhin hatten wir ein Diktat mit 17 Fehlern, und er Ist daraufhin regelrecht ausgeflippt. Dass er das Diktat schreiben sollte, war kein Problem aber als er gesehen hat wie viele Fehler er hat, weil er mit circa 10 Fehlern gerechnet hat, ist er ausgeflippt. Hat mich mit Stiften beworfen, die Hefte durchs Zimmer gepfeffert, die Türen geknallt rumgeschrien er sei ein Arschl***kind, er sei ein Sch***kind, das schlimmste Kind auf der Welt, er sei so dumm, etc.
Natürlich sage ich ihm, dass er so etwas nicht sagen soll, dass es nicht stimmt, dass er ein intelligentes Kind sei, sich nur besser konzentrieren muss, etc. Aber das will er nicht hören. Leider hat sein kleiner Bruder solche Ausbrüche auch schon mitbekommen und bereits im Kindergarten, als ihm was runter gefallen ist, gesagt, er sei ein sch*** Kind :( wir haben in unser Abendritual jetzt eingebaut, dass er sich selbst sagt, dass er ein tolles Kind ist, dass er kein *** Kind ist und alle ihn lieb haben, auch wenn wir mal schimpfen, weil er was angestellt hat (natürlich hat bei der Schüssel keiner geschimpft, aber so generell, wenn er was von seinem Bruder nimmt, was er nicht haben darf, etc.), das ist jetzt schon besser geworden.
Naja, aber hier geht es jetzt erstmal um den Großen. Er hat sich, während ich hier schreibe, schon wieder beruhigt, aber das war ja nicht der erste Ausraster und wird auch nicht der letzte sein. Hat jemand eine Idee, wie ich dem vorbeugen kann? Vorher darauf hinweisen, dass er bitte nicht ausflippen soll, wenn er seiner Meinung nach zu viele Fehler hat, funktioniert nicht. Ihm sagen, dass er ein toller und intelligenter Junge ist, der sich nur besser konzentrieren muss, ist ihm auch egal...
Habt ihr Tipps, wie ich ihm besser helfen kann, seine Konzentration zu verbessern und seine Wut in den Griff zu bekommen?
Vielen Dank im Voraus!
3 Antworten
Mir ging es genau so. Ich wollte mehr, konnte aber nicht. Es wurde letztlich Hauptschule. Ich bin froh das meine Eltern nicht gepushed haben, sonern es haben laufen lassen und geduldig waren. Heute habe ich Abitur, arbeite seit 20 Jahren in meinem Job und verdiene sehr gutes Geld. Anstelle von drei Jahren bis zum Eintritt ins Berufsleben brauchte ich 6 Jahre. Das heißt ich habe mit 24, anstelle mit 21 zu arbeiten begonnen.
Auf Druck habe ich damals auch schlecht reagiert. Gebt ihm einfach mehr Zeit, anstelle es jetzt bis Sommerferienende in ihm rein zu pauken.
Vielen Dank, ehrlich gesagt, gab es regelrecht Streit, weil ich sagte, ich unterschreibe keine Anmeldung fürs Gymnasium, weil es zu viel Druck ist und mein Mann sagte, er unterschreibt keine für die Realschule, wenn die Lehrerin sagt, er könne auch aufs Gymnasium. Letzten Endes hat unser Sohn entschieden, weil er Chemie studieren will 😄 ich hab nur die Befürchtung, dass er total absackt am Anfang dort und dann wieder seine Wutanfälle bekommt, noch häufiger, wenn er sieht, dass er "schlechter" ist :(
Eigentlich bei dem Alter nicht mehr möglich, aber hat er eventuell in den ersten Klassen nach der Methode "lesen durch Schreiben", auch "Schreiben nach Gehör" genannt, von Jürgen Reichen gelernt? Sprich, durfte er anfangs schreiben wie er wollte, ohne dass es vom Lehrer korrigiert wurde?
Die Methode wird offiziell nicht mehr angewendet, aber hat unzählige Kinder mit massiven Rechtschreibproblemen produziert.
Spielt Ihr häufig Gesellschaftsspiele? Also Brettspiele wie Siedler, oder Kartenspiele wie Uno oder Wizard? Solche Spiele erhöhen die Frustrationstoleranz bei Kindern ganz erheblich. Und sie sind natürlich auch Konzentrationsübungen. Wir spielen sehr viel, und ich merke den Unterschied immer massiv, wenn Freunde der Kinder dabei sind. Manche sind nach 15 Minuten "durch" und können kaum noch sitzen, während unsere (und auch einige andere) Kinder 1,5h konzentriert dabei sind.
"...durften wir die Fehler der Kinder nicht mal korrigieren..." - das ist ganz typisch für diese Methode. Und die Fehler, die er macht, leider auch. Es ist nicht seine Schuld.
Die Methode wurde in Schulen verpflichtend eingeführt. Leider war das eine rein ideologie-getriebene Entscheidung, es hatten im Vorfeld keine Untersuchungen zu den Ergebnissen der Methode stattgefunden. Pädagogen, die von Anfang an auf die Gefahren aufmerksam gemacht hatten, wurden als "ewiggestrig" verunglimpft. Nachdem die erste Generation der Kinder so unterrichtet wurde, schlugen die Lehrer der weiterführenden Schulen Alarm, weil sie die Texte der Kinder, die nun bei ihnen ankamen, kaum entziffern konnten. Es dauerte dennoch noch einige Jahre, bis tatsächlich Untersuchungen durchgeführt wurden. Im Ergebnis brachte die "veraltete" Fibel-Methode die besten Ergebnisse. Eine weitere neue Methode, die in den Studien mit untersucht wurde, die sogenannte "Rechtschreibwerkstatt", brachte sogar noch schlechtere Ergebnisse als die Reichen-Methode.
Viele Eltern, so wie Ihr ja auch, konnten es nicht mit ansehen, wie ihre Kinder schrieben, und haben mehr oder weniger trotzdem korrigiert. Nur deshalb können die Kinder, die so unterrichtet wurden, überhaupt einigermaßen richtig schreiben. Euch bleibt nun nur der Weg, weiterhin immer wieder zu korrigieren. Viel lesen hilft oft, weil sich das Kind dabei die richtigen Wortbilder einprägt.
Geh mal mit ihm zum Kinderpsychater. Von dem, was du schreibst, könnte das ADHS sein.
Das wäre an und für sich gut therapierbar, wenn er das also hätte wäre es gut das abzuklären, damit er die Möglichkeit hätte, die Therapie auszuprobieren.
Ansonsten kurzfristig wäre es denke ich wichtig, ihn in der Situation in Ruhe zu lassen. Ganz gleich welcher Art. In der Situation ist die Konzentration quasi am Nullpunkt, da ist so ziemlich alles störend und macht dann eher aggressiver.
In Vorbereitung davor wäre es eventuell besser, ihm die Ergebnisse nicht von jetzt auf gleich zu vermitteln, sondern ihm erst einmal die Möglichkeit zu geben, sich mental auf diese vorzubereiten.
Ich denke aber das ist nicht leicht umzusetzen und nicht unbedingt erfolgsversprechend.
Oder vielleicht schuast du, dass du die Ergebnisse anders präsentierst. Statt x Fehler hat er dann halt dann a von b Wörter richtig. Er ist natürlich schlau genug zu verstehen, dass das an und für sich dasselbe meint, aber sieht halt vielleicht nicht gleich so negativ aus, sondern braucht erst einen Moment, was das ganze etwas abmildert.
Danke, ADHS wurde vom Kinderarzt ausgeschlossen. Wenn er Lego baut, kann er sich Stundenlang super konzentrieren 😅 Ihm stattdessen aufzählen, wie viele Wörter er richtig hat, ist eine gute Idee, das werde ich direkt morgen mal versuchen, danke 🙏
Kinderarzt oder Kinderpsychologe. Die Diagnose muss unbedingt der Psychater machen, der Kinderarzt selbst hat da zumeist nicht genug Ahnung (womöglich sogar gefährliches Halbwissen).
Zudem kämen ja auch andere Erkrankungen in Betracht (Differentialdiagnostik).
Wenn er Lego baut, kann er sich Stundenlang super konzentrieren
Gerade bei ADHS ist es nicht ungewöhnlich, dass die Konzentration super funktioniert, wenn sie Spaß macht.
Ich bin auch nur Laie, aber das klingt schon sehr danach, von dem, was du bisher hier geschrieben hast.
Vielen Dank, ja, leider haben die seine Fehler nicht korrigiert, dass die Methode so heißt, wusste ich nicht, aber offiziell, durften wir die Fehler der Kinder nicht mal korrigieren. Wir haben es zuhause gemacht und er war dann total sauer, weil wir es anders gemacht haben, als die Lehrerin vorgegeben hat.
Das mit den Gesellschaftsspielen ist eine tolle Idee, er spielt sehr gerne, leider spielen wir nicht so oft wie ich gerne würde, mit dem Kleinen geht dann nur Mensch ärgere dich nicht und so, obwohl der Große gerne Siedler und Monopoly spielt, müssen wir häufiger machen, danke 👍