Antithesen Bergpredigt?

3 Antworten

Mit den Antithesen der Bergpredigt ist gemeint Matthäus 5, 17 - 48, die Sätze, die jeweils formuliert sind: "Ihr habt gehört..... ich aber sage euch...."

Der Begriff Antithesen hat sich als Arbeitsbegriff eingebürgert, obwohl es sich gar nicht um ein "Anti..." handelt. Es liegen keine Widersprüche vor, höchstens Gegensätzlichkeiten - und das ist ein Unterschied.

Jesus argumentiert hier in der Art der jüdischen Rabbiner und wendet das Gesetz, ohne es verändern zu wollen, auf die derzeitige Situation an. Es sind also keine neuen Gebote, sondern sozusagen die Ausführungsbestimmungen der bekannten Gebote als Angebot für den, der sich in besonderer Weise auf Jesus einlassen will.

Die Bedeutung für heute: Gebote und ihre Auslegungen wollen eine Zielrichtung angeben und sollen immer auf die jeweilige Situation hin überprüft werden. Sie sind sozusagen Finger, die auf etwas hinweisen. Manchmal starrt man aber nur auf den Finger, statt nachzudenken, welches Ziel mit einem Gebot angestrebt wird.

Beispiel: ....wenn dich einer auf die rechte Wange schlägt, dann halt ihm auch die andere hin....

Hier dreht es sich nicht um Schlagen und rechte oder linke Wange und Hinhalten, sondern um die grundsätzliche Haltung von Gewaltfreiheit und Verzicht auf Rache, um die Chance, der Gewalt den Boden zu entziehen. Das kann sich in vielen Bereichen äußern.

Der Begriff der "Antithesen" stammt noch aus einer Zeit, als Christen sich als die Krönung der religiösen Evolution empfanden und der Meinung waren, deswegen alle anderen Religionen abwerten zu müssen.
Dass das Judentum die Mutterreligion ist und Jesus sich mit seinen Äußerungen völlig im Rahmen der jüdischen Diskussionskultur bewegte, kam den Christen schlicht nicht in den Sinn.
Es ist auch in der jüdisch-talmudischen Tradition völlig selbstverständlich, dass die unterschiedlichen Meinungen der Rabbinen zitiert werden und dass der Refernt dann seine eigene Meinung beisteuerte: "Ich aber sage Folgendes dazu: ..."
Weil es aber doch der Gottessohn war, der so sprach, hat man ihm angedichtet, dass _sein_ "Ich aber sage euch" die gewissermaßen absolute Überbietung alles vorher Gesagten sein müsse.
Was leider zu viel Antisemitismus und Judenfeindschaft geführt hat.
Wichtig wäre dabei auch die Beobachtung, dass Jesus ganz offensichtlich auch mal gerne zugespitzt und grotesk übertreiben hat, um wachzurütteln.
Um so bescheuerter, wenn die heute nicht so wahrgenommen sondern wortwörtlich interpretiert wird.
Übrigens: Wenn gesagt wird, man solle den anderen Backen auch hinhalten, ist damit nicht verboten, schneller zu sein, wenn der andere es ausnutzt und zuschlägt. Er sollte halt die Gelegenheit bekommen, auch auf den nächsten Schlag zu versichten. Wer diese Gelegenheit nicht nutzt, soll umgekehrt nicht ermuntert werden, sinnlos weiter zuzuschlagen.
Aber das ist ein anderes Thema.

nein, das sind keine Antithesen im klassischen dialektischen Sinn (These:Antithese:Synthese). Es sind vielmehr Rechtsgutachten des Rabbi Jesus über die Torahvorschriften, die die damalige orthodoxe Auslegung der Torah verwerfen, da sie dem Sinn und dem ethischen Grundprinzip der Torah widersprächen.