Absatz des Textes unser Wille ist frei von Peter Bieri Kann mir den jemand erklären?

4 Antworten

Diesen Absatz kann man für sich auch nicht verstehen, wenn man nicht Bieris  "plausible Weise, die Freiheit des Willens zu denken" dagegenhält. Irgendwo führt er also aus, was die plausibele Weise, die Freiheit des Willens zu denken ist und was er dagegen als die unplausible Weise zurückweist. Die Vorstellung der Freiheit des Willens ist aber an metaphysische Voraussetzungen geknüpft und diese, nicht irgendwelche Laborwerte, machen aus, zu welchen Schlussfolgerungen jemand kommt. Dein Zitat ist dem SPIEGEL-Beitrag von Bieri entnommen. Lies weiter, im nächsten Abschnitt erläutert Bieri seine Vorstellung von Freiheit.

Was diesen Absatz so, wie er da steht, unverständlich macht, ist das Wort "so" in der ersten Zeile.Was ist denn diese "unplausible Weise",  welches ist die "ungereimte Vorstellung" ? Das "Stück abenteuerlicher Metaphysik" sind offenbar ebendiese.

Anscheinend hat da jemand eine falsche Definition von "freiem Willen" unterstellt und meint nachgewiesen zu haben, dass er nicht existiere. Dabei wissen wir alle, wenn wir das Wort gebrauchen, dass der Freiheit enge Grenzen gesetzt sind, dass er durch gehirnphysiologische Vorgänge zustande kommt und dass Freiheit hier nichts anderes heißt als "nur den eigenen Gesetzen unterworfen". Dass wir einen "freien Willen" unter diesen Vorgaben haben, nehmen wir wahr durch Selbstbeobachtung, und wir nehmen ihn wahr als notwendigen Bestandteil unser selbst.

Hallo,- das klingt jetzt weniger nach Analyse als nach Streitschrift und einem flammenden Plädoyer für die Freiheit des menschlichen Willens und Geistes wider die "untoten" "altbackenen" mechanistischen Paradigmen der Welt als Uhrwerk bzw. "Triviale Maschine (wie Heinz von Förster gesagt hätte).

Allerdings stecken einige "analytische Feinheiten" darin und damit auch der elegante Hinweis darauf, das die Anhänger eines angeblich faktisch-empirischen Nachweises eines neuropsycho-/physiologischen Determinismus in die Zeit eines "Naiven Empirismus" zurückgefallen sind. - Der Empirismus basiert auf der philosophischen Grundlage des sog. Positivismus. (Googel das mal). dieser erklärt die Möglichkeit "echter / wahrer" Erkenntis bzw. Wissens als gegeben - allerdings nur im Rahmen quantitativer Methoden der Wissenschaft also einer Wissenschaftsmethodik, die sich ausschließlich auf die quantitative Auswertung von Erfahrung mit induktiven Ableitungen bezieht. Diese Form der Wissenschaft begreift Systematik in der Regel als (im weitesten Sinne linear-kausal und eben mechanistisch-deterministisch).

Dabei übersieht der Positivismus allerdings mit großzügiger Selbstverleugnung, das die Theorie oder Annahme zur Richtigkeit seiner Begründungsbehauptung selber "wahr/richtig" zu sein selber gar nicht aus der Erfahrung stammt - wie es den eigenen "Qualitätsanforderungen" entsprechend sein müßte. Zudem übersieht der Positivismus die Schwachstelle seines eigenen methodischen Postulates der Induktion. Diese besteht darin, dass der Schluß vom Einzelnen (also einer Reihe von  X Einzelbeobachtungen) auf das Allgemeine (also eine Schlußfolgerung als Zusammenfassung der Einzelbeobachtungen zu einer Theorie oder einem Prinzip) als Ableitung selbst wieder eine Deduktion also letztlich eine Idee darstellt welche als allgemeinen Idee von Etwas auf die Konsistenz der Einzelbeobachtungen schließt um diese in einen sinnvollen Zusammenhang zu bringen und damit als Idee ebenso nicht aus der Erfahrung stammt sondern maximal als von der Erfahrung "ausgelöst" betrachtet werden kann. Dennoch den positivistisch-empirischen Ansatz mit seinem rein quantitativen Methodikpostulat als einzige "qualitativ" zulässige" Methode für wissenschaftliche Aussagen zu behaupten ist also ein Widerspruch, den dein Autor hier - aus meiner Sicht eher ironisch - als "meta-physisch" benennt. Also eine Selbstüberhöhung mit Mitteln des "Glaubens an eine Idee von der Richtigkeit des eigenen Selbstverständnisses" im Gegensatz zu den eigenen Theorien über "die richtige" Methodik für "die richtige" Erkenntnis um "das richtige" Wissen zu erlangen.

Zusammengefaßt: dein Autor betreibt Positivismuskritik als generelle paradigmatische Kritik an einer trivialen (und überwunden geglaubten) Vorstellung von Wissenschaft als der Erkundung der Welt als mechanistisch-kausaler Automat (Uhrwerk) deren komplexe Einzelteilzusammenhänge man nur umfassend und tiefgreifend genug erfassen müßte um sie vollständig berechnen / vorhersagen zu können.

Das aber ist wie der Unterschied zwischen Ingenieur und Physiker. Der Ingenieur organisiert im Rahmen von Subsystemen Kausalität. Der Physiker erforscht im Rahmen von Metasystemen warum Kausalität nicht die ganze Welt erklären kann (Schnittstellen natürlich eingeschlossen). Wir sind "natürlicher Weise Physiker in eigener Sache (Stichwort/Suchbegriff: "Offene Systeme").

Ergo: Diese Neuro-Automaten-Labor-Nummer-Spezies hätten nur dann recht wenn wir anfangen den Blödsinn zu glauben. Dann würden wir uns so verhalten wie wir glauben dass es "natürlich" wäre.

Es soll durchaus vielfältige Interessen an der Berechenbarkeit des Menschen geben. Wer mag soll ihnen recht geben. ;-)

Gruß 

Was diesen Textausschnitt so, wie er da steht, unverständlich macht, ist das Wort "so" in der ersten Zeile. Er bezieht sich doch auf etwas, das Du uns unterschlagen hast. Welches ist denn die "unplausible Weise", welches sind die "ungereimten Vorstellungen" ? Denkst Du wirklich, gf sei voll von Leuten, die Bieri gelesen und den Text im Kopf haben ? Das "Stück abenteuerliche Metaphysik" ist offenbar diese "ungereimte Vorstellung" davon, was ein freier Wille zu sein habe. Das der Freiheit unseres Willens recht enge Grenzen gesetzt sind, wissen wir alle seit langem, dass Willen zustande kommt durch gehirnpysiologische Vorgänge ebenfalls, und trotzdem beobachten wir alle in uns ein Phänomen, das größer ist als nichts, und das wir "Willensfreiheit" nennen, ohne deren "wahres" Wesen zu kennen, und das wir als einen notwendigen Bestandteil unseres eigen Ich betrachten. Punkt.