Morgen 80. Jahrestag Attentat auf Hitler: Wie wurde in eurer Familie die Nazizeit thematisiert und aufgearbeitet?
Der morgige 80. Jahrestag ist für viele Menschen die Gelegenheit, über die Nazizeit und deren Auswirkungen auf die eigene Familie nachzudenken.
- Wurde und wird zu Hause über Selbsterlittenes, Mitläuferschaft oder sogar Täterschaft eurer Vorfahren gesprochen?
- Wie weit beschäftigen euch diese Vorgänge?
- Was macht das mit euch und eurer Familie?
- Wird kritisch über die NS-Zeit gesprochen oder wird die Zeit einfach abgehakt?
- Wie geht ihr mit euren noch lebenden Familienmitgliedern um, die das damalige Regime befürwortet haben?
17 Antworten
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Mein Vater war wohl typisch für die Generation der Kriegsteilnehmer: Mund halten und schweigsam sein war sein Lebensmotto in dieser Hinsicht.
Typisch schreibe ich deswegen weil ich mich mit vielen Gleichaltrigen über das unterhalten habe was ihre Väter vom Krieg erzählt hatten. Überall war Schweigen.
Mein schon vor 35 Jahren verstorbener Vater war in seiner Einstellung zum NS-Regime irgendwo mittendrin. Es gab weder Zustimmung noch Kritik. So als ob es Hitler überhaupt nicht gegeben hätte. So verdrängt man unangenehme Erinnerungen. Heute würde man von Traumatisierung sprechen. Die damalige Generation nannte es Lebensschicksal.
Meine Mutter erwähne ich nur am Rande. Die ist erst vor 2 Jahren 95-jährig verstorben. Während sich mein Vater ab und zu mal versehentlich verplappert hat war die verschwiegen wie ein Grab.
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Ich danke dir sehr für deine Antwort! Ähnlich kenne ich es von meinem Zuhause. Vater und Großvater waren schon vor meiner Geburt gefallen, und man sprach ausschließlich über die Erfahrungen, die einen selbst betrafen - aber immer mit dem Nachsatz: Und da waren noch so viele Sachen, die erzählen wir lieber nicht. Und dabei schauten sich die beiden Frauen immer bedeutungsvoll an. Sie erzählten mir erst, als ich so ca. 20 war. Ich kann verstehen, wenn geschwiegen wurde über das, was um die Leute herum passierte. Das steckt man vielleicht noch am besten weg, man es nicht immer wieder ans Tageslicht holt.
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mein Vater war in russischer Kriegsgefangenschaft
er hatte es satt, sich diese Zeit immer wieder ins Gedächtnis zurückzurufen
verständlich oder ?
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Oja, das ist verständlich! Danke sehr für Deine Antwort!
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In unserer Familie sind die Widerstandskämpfer schon irgendwie Helden aber ihr Tun kam für viele unserer Familienangehörige zu spät. Auch für viele andere unseres Glaubens. Möchte da nicht näher darauf eingehen.
Ist meine persönliche Meinung
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Wie wurde in eurer Familie die Nazizeit thematisiert und aufgearbeitet?
Gar nicht...
Gruß Fantho
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Ich bin der Letzte in Reihe meiner Familie, der darauf noch Bezug nimmt. Mein Vater sein Bild, das er in Tusche malte und 1944 zu einem Dreitageurlaub mitgebracht hatte, hängt neben mir an der Wand. Am 19. Februar 1945 ist er dann gefallen und somit hinterließ er eine Witwe mit drei Kindern an der Hand.
Vielen Dank für deine Antwort. Da können wir uns die Hand reichen. Mein Vater ist schon im Mai 1942 gefallen, fünf Monate vor meiner Geburt.