Wann gefriert die Lösung?

2 Antworten

Vom Beitragsersteller als hilfreich ausgezeichnet

Das kann man nicht berechnen, zumindest nicht unterhalb einer molecular dynamics simulation. Außerdem hast Du nicht dazugesagt, was 1:1-Mischung heißen soll: Heißt das 1 Liter Wasser plus 1 Liter Ethanol? Oder 1 kg Wasser und ein kg Ethanol? Oder 1 mol Wasser und ein Mol Ethanol?

Dazu kommt noch ein Problem: Während ein Reinstoff bei einer scharfen Tempera­tur schmilzt oder gefriert, gilt das für Mischungen nicht. Reines Ethanol hat einen schar­fen Schmelzpunkt von −114°C, reines Wasser von 0°C. Es gibt ein ganz spe­zi­el­les Mischungsverhältnis (ca. 7 g Wasser und 93 g Ethanol), das ebenfalls scharf schmilzt, aber bei tieferen Temperatur (ca. −118°C); so ein Punkt heißt Eutektikum, und nicht alle Mischungen haben so etwas (manche haben aber mehrere, IIRC).

Das folgende Bild ist von Wikipedia; ich verstehe nicht, warum der rechte Rand der Kurve einen Schmelzpunkt von −110°C zeigt statt der sonst überall angegebenen −114°C; letztere Zahl paßt dagegen gut zum handelsüblichen 96%-Schnaps, viel­leicht wird das überall falsch angegeben. Nehmen wir die genauen Zahlen cum grano salis, aber das Prinzip stimmt.

Bild zum Beitrag

Alle nicht-eutektischen Mischungsverhältnisse schmelzen in einem Intervall, das sehr groß sein kann; erst unterhalb der eutektischen Temperatur ist das ganze Material garantiert fest. Warum das so ist, wollen wir kurz an einer 50:50-Mischung (per Masse) nachvollziehen.

Wenn Du diese Lösung abkühlst, dann erreicht sie irgendwann −36°C, das ist der obe­re Rand des Schmelzbereichs (blaue Linie). Es kristallisieren ein paar Flocken aus, aber die enthalten mehr Wasser als 50%; deshalb ändert sich auch die Zu­sam­men­setzung der Lösung, die jetzt mehr als 50% Ethanol enthält. Dadurch hat sie aber einen niedrigeren Schmelzpunkt und kann flüssig bleiben.

Jetzt kühlst Du weiter, bis die Suppe −50°C hat. Zu dem Zeitpunkt hat sich bereits viel Festkörper ausgeschieden (der ziemlich wasserreich ist, aber auch kein ganz reines Eis), aber der flüssige Teil hat jetzt, wenn Du auf die Kurve blickst, etwa 68% Ethanol. Du kannst weiter abkühlen und „rutscht“ dann auf der Schmelzkurve bis ins Eutektikum. Wenn Du diese Zusammensetzung erreicht hast, dann frieret alles ratzfatz aus, und Du hat ein vollkommen festes System.

Deshalb kann man Ethanal „kalt destillieren“: Man friert eine Suppe mit 20% Etha­nol auf z.B. −50°C, und was dann noch flüssig ist, das hat genau 68%. Das das ge­fro­re­ne Material weitgehend Wasser ist, verlieert man fast nichts vom kostbaren Trop­fen. Wenn man dagegen auf −90°C kühlt, bekommt man ungefähr 86%igen Sprit.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Chemiestudium mit Diss über Quanten­chemie und Thermodynamik
 - (Chemie, Naturwissenschaft)