Mein Freund ist Alkoholiker... Was kann ich tun?
Trennen, ja. Aber ich möchte nicht ohne einen Versuch gehen. Mein Freund (32) trinkt jeden zweiten Tag, am Wochenende gerne auch Freitag u. Samstag, je nachdem ob er samstags Früh- oder Spätschicht hat. Ich merke langsam, dass ich ihn nicht mehr attraktiv finden kann, wenn er getrunken hat. Er trinkt nur Bier. Wir kaufen bzw. er kauft alle 3 - 4 Tage einen Kasten. Ich bin jetzt 20 geworden, trinke keinen Tropfen Alkohol. Ich verdiene gut, habe einen Haupt- und einen Nebenjob und bin dementsprechend viel auch in der Arbeit (vielleicht kommt deswegen das Thema Bier auch erst nach 1,5 Jahren Beziehung so richtig hoch). Ich könnte mir locker eine eigene Wohnung, Auto etc. leisten. Hatte ich auch schon, da wir letztes Jahr eine kurze Beziehungspause hatten (jedoch aus anderen Gründen, wir waren den Sommer über zu viel aufeinander gesessen, haben nur noch gestritten). Die Trennung hat uns wieder zusammengeschweißt, seitdem läuft es super. Bis auf das Bier. Ich weiß, dass er seinen Konsum nicht als unnormal betrachtet. Seine Oma väterlicherseits war Alkoholikerin. Sein Vater ist es. Seine Mutter trinkt auch fest Öfteren mal ein Glas Wein oder Hochprozentiges "über den Durst". Sein Bruder trinkt - wie er - sehr viel Bier, nichts Hochprozentiges (schlechte Erfahrungen). Mein Freund ist an sich sehr zuverlässig, geht arbeiten, ist nie krank geschrieben, treibt Sport. Wir passen in fast jeder Hinsicht perfekt zusammen. Daher möchte ich ihm gerne (professionell) helfen (lassen). Jedoch ist es ja unmöglich, jemandem zu helfen, der selbst gar kein Problem oder falsches Konsumverhalten an sich erkennt... Zu einer Beratungsstelle (wäre um die Ecke) wird er nicht mitgehen. Er ist nicht aggressiv, wenn er getrunken hat, nur leichter reizbar. Auch unser Sexleben leidet unter dem Alkohol. Nüchtern ist er nach 5 - 10 Minuten fertig, aber das reicht und er kann mehrmals. Betrunken zieht sich das Ganze über Stunden und macht natürlich auch keinen Spaß... Irgendwie hab ich immer das Glück, an abhängige Partner zu gelangen (mein Ex war spielsüchtig, aber das ist eine andere Art von Hölle). Kann mir jemand, vielleicht aus Erfahrung, sagen, WIE ich meinen Freund "behutsam" darauf hinweisen kann, dass ich mir wünsche, dass er eine Therapie macht? WANN ist erfahrungsgemäß ein "guter Zeitpunkt"? Ich höre meine biologische Uhr noch nicht ticken, andernfalls würde ich mir wahrscheinlich einen neuen Partner suchen, da ich mit einem Alkoholiker keine Kinder haben möchte. Mein Freund wäre zwar ein perfekter Vater, er kann sehr gut mit Kindern, aber ich möchte nicht, dass sie irgendwann - in ferner Zukunft - einen alkoholabhängigen Vater als Vorbild haben. Schließlich ist seine Veranlagung eh nicht die beste und man sieht ja, was dabei rauskommt, wenn es einem falsch vorgelebt wird und übermäßiger Alkoholkonsum als Normalität von den Eltern gesehen wird.
Vielleicht findet sich ja jemand, der mir einen guten Rat hat?
Vielen Dank im Voraus! Euer FallenGirl
10 Antworten
"Du hast eine sehr klare Wahrnehmung: Und Du ziehst sehr nachvollziehbare Schlussfolgerungen daraus [By the way: Die Verbindung mit seinem Bruder... auch wenn es einer Vorverurteilung gleichen mag, ist von der Entwicklungspsychologie nicht von der Hand zu weisen: Wir Menschen lernen am Modell.... und als Brüder werden beide ähnliche "Vorlagen" = "Modelle"... also Vater, Mutter, nächste Familienangehörige als Vorbild genossen haben]
Aber ich gehe davon aus, dass es sehr schwer ist für Dich, die richtigen Konsequenzen daraus abzuleiten. Und sei es nur, ihn auf die Therapie anzusprechen: Merke: Es gibt nie einen guten Zeitpunkt... und es gibt nichts verletzenderes als das warten auf einen sanften Hinweis oder einen Schonvertrag: Wer trinkt kann die Wahrheit vertragen.... und wer das nicht kann trägt sein Problem schon tief in sich!
Wie soll ich Dir Deine Entscheidung versüßen? Sollte ich das überhaupt, selbst wenn ich es könnte?
Nein! Das kann und will ich hier auch nicht tun... denn diese Entscheidung,- egal in welche Richtung, steht mir nicht zu- und niemand anderem!
Aber Du kannst das was Du oben aufgeschrieben hast, klar benennen: Sprich an, was Du siehst... so offen, so klar wie es Dir möglich ist...>>> und mit unmittelbaren Konsequenzen verbunden!
Hör auf Dein Bauchgefühl: Wir Menschen haben meist sehr feine Antennen für Widersprüchlichkeiten... man sollte sich selber also mehr trauen, auf sein Bauchgefühl zu hören!
Aber Ach! Ich weiß wie schwer das ist.
Denn leider knallt diese innere Stimme auf ein sehr gegensätzliches Gefühl: Nämlich das einer Erkenntnis, die wir nicht wirklich wahrhaben wollen. Wir befürchten, wir ahnen... wir sorgen uns.... und dann hätten wir gerne, dass die Welt besser ist und der Mensch an sich edel, hilfreich und gut: Ist er aber nicht.
Und weil wir uns vor den Konsequenzen fürchten... denn sollten unsere schlimmen Ahnungen zutreffen, sich unsere Befürchtungen bestätigen... dann müssten wir ja Konsequenzen ziehen.... Du sprichst das einerseits sehr klar an... und verwässerst es im selben Moment. ( Der Hinweis auf die biologische Uhr sagt mir, dass Du noch bereit bist auszuhalten: Und verglichen mit Deinem spielsüchtigen Ex... solange ist es da ja noch nicht!
Eigentlich!!
Wir müssten jemanden gezielt auf sein Verhalten ansprechen, - oder unser Verhalten dieser Person oder Sache gegenüber ändern.... vielleicht eine Beziehung durch ein offenes Gespräch belasten... klare Worte und innere Haltungen finden.... da ist keine "wird schon werden" Haltung mehr erlaubt!
Weil wir also lieber Harmonie und Ruhe suchen, finden wir schnell ins uns Argumente, die gegen den ersten Augenschein sprechen.... und uns wieder beruhigen
Wir möchten also glauben!
Soll ich Dir doch was sagen? Ha! ich sage Dir nur, was Du schon weißt... da ist nicht ein neuer Gedanke, geschweige denn eine Aufforderung dabei, die nicht schon längst in Deinem Kopf herumgespukt hat:
Also: Frag ihn! Bzw... sprich ihn gezielt auf sein Trinkverhalten an: Entweder er kann das verändern;- und zwar dauerhaft: Oder eben nicht.
Er geht in Therapie... und zwar zügig (klarer Zeitplan, der auch einzuhalten ist)... oder nicht.
Das was Du bemerkst ist schon ein deutliches Zeichen... und es wird nicht besser werden! Das wird es nie!
Aber die Frage ist: Hast Du die Kraft, dass zu vermitteln? Ihn in Therapie zu schicken.. die Beziehung ganz klar abzugrenzen?
Gute Absichten helfen nicht... "Gut gemeint" ist das Gegenteil von "gut gemacht!"
Und darum kann er manchmal notwendig werden auf Abstand zu gehen! Gerade bei Personen die uns etwas bedeuten!
Und ... nochmal "by the way": Ein Satz von Dir war: " Irgendwie hab ich immer das Glück, an abhängige Partner zu gelangen"
Das sagt etwas über Dich aus: Partner finden sich... das einfachste Beispiel ist die der Süchtigen und derer coabhängigen Partner: Ein Partner der sich sorgt, harmonisch, nachgiebig, aufopfernd, geduldig.... und der andere der genau diese Formen der Aufmerksamkeit und Beziehung sucht: Nun... ein süchtiger Mensch (egal welche Sucht)... rate mal, was der an seiner Partnerin / Partner sucht: Genau: Nachgiebigkeit, Fürsorge, Verständnis... usw.
Das lässt sich verändern... aber dazu braucht es professionelle Begleitung.
Und bevor Du in dieser... oder in der nächsten Beziehung wieder "so viel Glück hast".... vielleicht schadet eine Beratung in eigener Sache ja nichts
Sincerely Norbert
Hallo!
Für deinen Freund kannst du nichts machen, aber du kannst was für dich machen. Bei mir war es so, dass, als ich was für mich tat, mein Mann den Wunsch hatte, mit dem Saufen aufzuhören. :-O
Ich bin damals zu Al-Anon gegangen. Al-Anon ist eine Selbsthilfegemeinschaft für Menschen, die durch die Folgen des Alkoholtrinkens eines Angehörigen oder Freundes Probleme haben. Schau einfach mal auf die Webseite Al-Anon.de und/oder ins blog.Al-Anon.de.
Ich bin leider erst zu Al-Anon gegangen, als unsere Kinder zwischen 11 und 20 Jahren waren. Sie sind alle seelisch geschädigt von dem, was sie bei Aufwachsen in alkoholkranker Familie erleben mussten. Es ist also richtig, dass du mit deinem Freund so wie er zur Zeit trinkt, keine Kinder haben möchtest.
Eine guten Rat suchst du?
Ob dein freund ein Alkoholproblem hat kann ich nicht sagen, das kann niemand außer ihm selbst. Es gibt- wenn auch wenige- Vieltrinker die niemals abhängig werden.
So wie ich deiner Beschreibung der Lebensumstände entnehme, hat dein Freune keinen Leidensdruck, daher ist es für ihm schwer einsehbar seinen Bierkonsum einzuschränken.
Einen guten Zeitpunkt gibt es nicht.
Entweder der Alkohokonsum hat keine bis wenige Auswirkungen auf das Leben des trinkenden- Arbeit ok, Führerschein noch da, keine Gewaltätigkeiten, soziale Beziehungen intakt etc.- dann gibt es keinen Grund was zu ändern, oder es ist schon alles halbwegs in Mitleidenschaft gezogen, dann ist der Alkohol für den trinkenden ein Mittel in die Flucht vor der Realität.
Dann kommt der sogn. Leidensdruck ins Spiel, ist der nicht groß genug, dann wird weiter getrunken bis er es ist.
Aber dann ist oft soviel Kaputt, das nur ein Neubeginn übrig bleibt.
Ich möchte hier nicht mutmaßen ob es bei deinem Freund jemals soweit kommt, wie du jedoch seine Familien beschreibst, ist es naheliegend.
Aber es muss nicht so sein.
Was bedeutet dies alles für dich?
Eigentlich hast du deine Frage schon selbst beantwortet, deine Kinder sollen so nicht aufwachsen.
Wenn er diese Einstellung nicht teilen kann, bleibt nur noch eine Konsequenz.
Sorry aber einen besseren Rat habe ich nicht.
Hallo!
Ich kenne das Problem aus meiner Familie... Derjenige muss aber erstmal erkennen, dass der Alkohol zu einer Sucht geworden ist und muss selbst was ändern wollen! Sonst klappt es nicht!
Ich würde dir vorschlagen, mit deinem Freund mal intensiv zu reden! Sag ihm, dass es dich stört und dass du ihn abstoßend findest, wenn er betrunken ist. Und vor allem musst du ihm sagen, dass das für dich nicht so weiter geht! Er muss sich entscheiden und für sich ausmachen, ob ihm die Beziehung so wichtig ist, dass er aufhört!
Wenn er wirklich süchtig ist, dann braucht er schon professionelle Hilfe... Aber die muss er selber wollen!
Dräng ihn nicht in eine Ecke und mach ihm nicht zu viele Vorwürfe... Damit hilfst du dir selber nicht! Aber er muss die Konsequenzen kennen, wenn er nicht aufhören will!
Versuch, nicht zu aufbrausend zu wirken! Sag einfach, dass es für dich ein Problem ist und dass er es für dich doch bitte reduzieren soll! Sag vielleicht nicht gleich, dass er Alkoholiker ist, weil er das als zu dramatisch sehen könnte... Aber mach ihm halt klar, dass das für dich ekelig ist! Und mal ganz ehrlich... Wenn er wirklich kein Problem hätte, dann wäre es ein Leichtes für ihn, aufzuhören!
Das Problem wird, denk ich, eher sein, dass er nicht einsieht, dass er zu viel trinkt und sich von daher wahrscheinlich angegriffen fühlt. Er sieht ja auch keinen Grund aufzuhören. Es läuft ja alles und bis jetzt ist die Welt ja nicht untergegangen (seine zwei Exfreundinnen sind nach 5 bzw. 5,5 Jahren Beziehung gegangen, wohl wegen dem selben Problem)... :-/
Ich würde mich erkundigen ob es dort wo du wohnst eine Selbsthilfegruppe für Angehörige von alkoholkranken Menschen gibt. Die Gruppe heißt Al-Anon. Wenn ja würde ich dort hin gehen und mich beraten lassen. Für deinen Freund wären die Anonymen Alkoholiker zu empfehlen.