Hallo! Also - Brasilien ist nach wie vor ein Entwicklungsland, befindet sich aber gerade zaghaft auf dem Sprung nach oben. Allerdings beschränkt sich das auf den Süden Brasiliens, wo die Industriestandorte sind. Im schöneren Teil des Landes - dem Nordosten und Norden - herrscht immer noch bittere Armut außer in den großen Städten, wo es sowas wie einen eher kleinen Mittelstand gibt. Wo willst Du hin? In Rio kannst Du mit einer Boutique bestimmt Geld verdienen. Nur brauchst Du dort für einen In-Laden genauso viel Geld wie hier. Und von einem Standard-Laden können nur Brasilianer leben. Deutsche schaffen das in der Regel nicht, weil unsere Ansprüche zu hoch sind.
Dein Hauprtproblem werden zwei Dinge sein: 1. Die Sprache. Um Dich dort in dieser Branche selbständig zu machen, musst Du die Sprache einigermaßen fließend sprechen (und Portugiesisch ist für Deutsche keine leichte Sprache) 2. Das Geld.. Auch in Brasilien brauchst Du richtig Kohle, um einen Laden zu eröffnen. Hast Du das? Falls nein - lass` die Finger davon!
Ich denke, die besten Chancen hast Du, wenn Du einen technischen Beruf hast. Studium wird, wie schon gelesen, nicht anerkannt aber einen Handwerksberuf zum Beispiel macht in diesem Punkt keine Probleme. In Brasilien ist es nämlich so (anders als in Deutschland), dass Du keinen Meisterbrief oder ähnliches brauchst um eine Handwerksfirma zu eröffnen. Nur wenige Leute lernen dort nämlich einen Beruf in der Form des Lehrberufes. Das geht zwar, aber die wenigsten mach davon wirklich Gebrauch. Die Meisten werden irgendwann irgendwo ein paar Wochen angelernt und machen dann den Job. Entsprechend sind dann auch die fachlichen Ergebnisse. Meistens absolut unterirdisch. Nach unserer Maßstäben.
Und genau da liegt dann auch Deine Chance: Wenn Du mit den sogenannten typischen deutschen Eigenschaften - Fleiß, Pünktlichkeit, Sorgfalt, Zuverlässigkeit, usw. - auftrittst und dann auch gute Arbeit ablieferst, wirst Du schnell einen großen zufriedenen Kundenstamm haben, der auf Dich schwört. Deutsche Handwerker haben nämlich dort einen hervorragenden Ruf. Nur eines darfts Du nicht glauben, nämlich dass Du in Braslien nicht viel arbeiten musst, um Leben zu können. Nach meiner Erfahrung und der vieler anderer Immigranten arbeitest Du dort drei mal so hart wie hier in Deutschland. Wenn Du diesen Weg gehen willst, spielt auch die Sprache keine so große Rolle, weil Du hier nicht jeden Tag in überzeugenden Worten aktiv Dutzende Klamotten verkaufen musst, um über die Runden zu kommen. Als Handwerker kannst Du mit dem Pfund wuchern, Deutscher zu sein. Natürlich musst Du die Leute einigermaßen verstehen und die Dich. Es spielt aber keine entscheidende Rolle. Die Leute werden einfach kommen, weil Du Deutscher und damit hochqualifiziert bist, wie sie glauben. Geld brauchst Du am Anfang auch nicht viel - es sei denn, Du brauchst teure Maschinen. Je nach Branche kannst Du auch durchaus mit einem Werkzeugkasten anfangen. Mit einer Boutique geht sowas in Brasilien natürlich nicht.. Du musst einen hübsch dekorierten Laden haben, Du musst einen Haufen Ware einkaufen ohne die leiseste Ahnung zu haben, ob Du sie auch loswirst.
Und auch der Umgang mit den Leuten ist nicht so einfach, wie es immer scheint. Sie sind freundlich und nett und gut Freund, wenn man sie kennenlernt. Aber das ist nur Oberfläche. Die soziokulturellen Unterschiede sind letztlich doch riesig.
Fazit: Das Leben in Brasilien ist für alle hart aber besonders für Europäer (Deutsche) die aus einem hochentwickelten Land kommen und gewöhnt sind über einen gewissen Standard zu verfügen. Den kannst Du aber komplett vergessen, wenn Du dort kein Geld mitbringst. Über Selbstverständlichkeiten wie Krankenkasse, vernünftige medizinische Versorgung, ein kostenloses Schulsystem für die Kinder, und das soziale Netz,falls was schiefgeht usw. will ich gar nicht erst reden. All das gibt es nicht. Nun kann man sagen: Ich brauche das alles nicht. Wenn Du aber erst mal dort bist, wirst Du schnell feststellen, wie sehr Du diese Dinge vermisst. Also nochmal: Vorsicht bei Deinen Plänen!
Sei nicht blauäugig und denke gut nach, was Du tust. Ich rate Dir, lass´die Finger davon.