Den aber nenne ich nicht einen Weisen, über welchem noch irgend Etwas steht, geschweige gar das Vergnügen. Wenn er nun aber von diesem eingenommen ist, wie wird er der Anstrengung und Gefahr, der Armuth und so vielen Drohungen, die des Menschen Leben umschwirren, Widerstand leisten? wie wird er den Anblick des Todes, wie den des Schmerzes ertragen? wie das Krachen der Welt und eine solche Menge der heftigsten Feinde? etwa als ein von einem [so] weichlichen Gegner Besiegter? Alles, was das Vergnügen ihm anrathen wird, wird er thun. Ei nun, siehst du nicht, wie Vieles dasselbe anrathen wird? »Es kann, sagt man, nichts Schimpfliches anrathen, weil es der Tugend beigesellt ist.« Nun da siehst du abermals, was für ein höchstes Gut das ist, dem ein Wächter von Nöthen, damit es ein Gut sei. (2.) Wie aber wird die Tugend ein Vergnügen beherrschen können, dem sie nachgeht, da das Nachgehen Sache des Gehorchenden, das Beherrschen aber Sache des Gebietenden ist? Stellest du das hinten hin, was gebietet? Ein vortreffliches Amt aber hat bei Euch die Tugend, das Vergnügen vorher zu kosten!
Seneca.