Die Rentenaufschubprämie, die die Ampel-Regierung zur Bekämpfung des Fachkräftemangels plant, ist eine interessante Maßnahme, die jedoch differenziert betrachtet werden muss. Hier sind die wichtigsten Aspekte und eine Bewertung der Pläne:
1. Bewertung der Rentenaufschubprämie:
Die Rentenaufschubprämie ist grundsätzlich ein positives Signal, da sie versucht, ältere Menschen zu motivieren, länger im Arbeitsleben zu bleiben. Dies könnte den akuten Fachkräftemangel zumindest teilweise abmildern. Das Konzept, eine Einmalzahlung als Belohnung für den Aufschub der Rente zu gewähren, könnte für viele attraktiv sein, vor allem für jene, die gesundheitlich in der Lage sind, länger zu arbeiten.
2. Geeignetes Instrument zur Eindämmung des Fachkräftemangels?
Die Prämie könnte ein geeignetes Instrument sein, um bestimmte Gruppen von Arbeitnehmern anzusprechen, insbesondere gutverdienende und gesunde ältere Menschen, die freiwillig länger arbeiten möchten. Allerdings wird die Prämie den Fachkräftemangel allein nicht lösen können. Der demografische Wandel und der Mangel an jungen Fachkräften sind strukturelle Probleme, die nicht allein durch eine Verlängerung der Erwerbszeiten älterer Menschen kompensiert werden können.
3. Alternative Anreize für längeres Arbeiten:
Neben finanziellen Anreizen könnten flexible Arbeitsmodelle, altersgerechte Arbeitsbedingungen und eine gezielte Gesundheitsförderung dazu beitragen, ältere Beschäftigte im Arbeitsleben zu halten. Auch Teilzeitmodelle oder „Brückenjobs“ könnten attraktiv sein, um den Übergang in den Ruhestand zu erleichtern, ohne komplett aus dem Erwerbsleben auszusteigen.
4. Geeignetes Renteneintrittsalter:
Das Renteneintrittsalter ist eine individuelle Frage und sollte stärker an die tatsächliche Arbeitsfähigkeit und Lebensumstände angepasst werden. Ein starres Renteneintrittsalter ist nicht mehr zeitgemäß, da die Arbeitsfähigkeit mit dem Alter stark variiert. Flexibilität und individuelle Wahlmöglichkeiten könnten hier sinnvoller sein als pauschale Vorgaben.
5. Gefahr von Mitnahmeeffekten:
Die Kritik von Anja Piel, dass es zu Mitnahmeeffekten kommen könnte, ist berechtigt. Es besteht die Gefahr, dass die Prämie vor allem jene anspricht, die ohnehin schon im Vorteil sind – finanziell gut gestellte und gesunde Personen. Menschen in körperlich belastenden Berufen oder mit gesundheitlichen Einschränkungen können von dieser Maßnahme kaum profitieren. Diese Ungleichbehandlung könnte den sozialen Zusammenhalt gefährden.
6. Abschaffung der Frührente als Alternative?
Die Forderung von Steffen Kampeter, die Frührente abzuschaffen, ist umstritten. Zwar könnte dies zusätzliche Fachkräfte im Arbeitsmarkt halten, aber es würde auch viele ältere Arbeitnehmer treffen, die aus gesundheitlichen oder anderen Gründen nicht länger arbeiten können. Eine Abschaffung der Frührente könnte soziale Härten verstärken und ist daher keine pauschal sinnvolle Lösung.
Fazit: Die Rentenaufschubprämie kann ein nützliches Instrument sein, um das Arbeitskräfteangebot älterer Menschen zu erhöhen, doch sie ist nur ein Teil der Lösung. Notwendig sind umfassendere Maßnahmen, die auch die Arbeitsbedingungen und den gesundheitlichen Zustand der Arbeitnehmer berücksichtigen. Entscheidend wird sein, flexible und faire Rahmenbedingungen zu schaffen, die es Menschen ermöglichen, so lange wie möglich gesund und motiviert zu arbeiten.