Du gehst von der falschen Annahme aus, dass der Zweck von Lebewesen die Reproduktion ist. Das ist nicht ganz richtig. Richtig hieße es, das Zweck von Lebewesen ist der Fortbestand der Art. Maximale Reproduktion ist nur ein Mechanismus, wie man das sichern kann, es gibt aber auch andere, die wie ich gleich erkläre, genauso dafür sorgen, dass unsere Spezies fortbesteht. Und in diesem Rahmen ist Homosexualität einiger Individuen definitiv nicht von Nachteil und tendenziell von Vorteil.
Jede Spezies hat eine eigen Strategie, die sich herausgestellt und dafür gesorgt hat, dass es sie heute noch gibt. Während Insekten und Fische einfach Hunderte von Eiern und somit Nachkommen in die Welt setzen, um die Chancen zu erhöhen, dass ein paar das Erwachsenenalter erreichen, funktioniert das beim Menschen und den meisten Säugetieren anders.
Dazu darf man allerdings nicht unsere heutige Gesellschaft als natürliche Umgebung betrachten, sondern eher die Affen, die gerade noch in einer Sippe leben, denn das ist der Ursprung unserer natürlichen Entwicklung, unserer Spezies. Dann schauen wir uns mal unsere Spezies an. Wir brauchen 9 Monate, um überhaupt ein Kind in die Welt zu setzen, und sagen wir mal mindestens 15-20 Jahre, um es wirklich überlebensfähig zu machen.
Wie sorgen wir also dafür, dass wir eine Umgebung schaffen, in der die Nachkommen überleben? Na klar - so viel Vermehrung wie möglich, aber irgendwann sind auch alle Weibchen schwanger und es gibt bald mehr Kinder und Schwangere als es Erwachsene gibt, die sich um die Sippe kümmern können.
Es ist also überhaupt nicht notwendig, dass sich ALLE Erwachsenen der Sippe an der Fortpflanzung beteiligen, ein paar (insbesondere der Männchen) reichen aus. Es nämlich viel sinnvoller, noch genügend weitere Erwachsene zu haben, die sich der Sippe zugehörig fühlen, die sie verteidigen und sich kümmern, die aber nicht zwangsläufig selbst noch mehr Nachwuchs produzieren.
Studien zeigen - die Chance auf homosexuelle Nachkommen steigen mit jedem Kind, das eine Frau gebärt. Ist auch logisch. Erst werden die Kinder zur Arterhaltung geboren, und wenn genügend weitere auf die Welt kommen, hat die Natur einen Riegel vorgeschoben, um nach gesicherter Reproduktion für mehr Sicherheit in der Sippe zu sorgen.
Und so stärkte es eine urzeitliche Affen-Menschen-Sippe durchaus, wenn da ein paar Schwule Onkel und Tanten dabei sind, die zusätzlichen Schutz und Fürsorge bieten.
Unsere heutige Version von Zwei Eltern, 4 Großeltern, und viele Kinder wäre damals nicht Überlebensfähig gewesen.
Wenn man also die Frage stellt "Ist homosexualität natürlich" muss man sich unsere Spezies zu einem Zeitpunkt betrachten, wo sie selbst noch "natürlich " war. Und da lassen sich aus meiner Sicht durchaus logische Argumente finden, warum Homosexualität zumindest nicht nachteilig ist.
Aber all das ist akademisch, wir sind heute in einer Zeit, wo man doch bitteschön so weit sein sollte, dass es möglich ist, jedem Menschen zu erlauben zu lieben, wen er lieben will - egal ob das für Außenstehende einen Sinn ergibt und nicht.