Hey,
ich habe mir gerade deine kürzlich gestellten Fragen durchgelesen und wollte dir meinen Rat anbieten. Ob du ihm folgst, ist natürlich deine Entscheidung. (Der folgende Text ist ziemlich lang, also nimm dir einen geeigneten Zeitpunkt, um ihn zu lesen.)
So wie ich es verstanden habe, warst du erstmal auf einer Hauptschule (?) und bist dann auf eine Fachschule gewechselt, die dir aber nicht zusagt. Dir liegt die Fachrichtung nicht so und deswegen hast du keine Motivation, weiterzumachen, was vollkommen verständlich ist.
Erstmal wollte ich dazu sagen, dass es einen Unterschied zwischen Fachhochschulreife und fachgebundener Hochschulreife gibt. Mit ersterem stünden dir alle Studiengänge an Fachhochschulen offen, dass heißt, du müsstest nicht unbedingt in der selben Fachrichtung bleiben. Gegebenenfalls könntest du dir überlegen, einen solchen Abschluss anzustreben.
Jetzt ist dein Plan, zur Bundeswehr zu gehen, wovon ich dir aber dringend abraten möchte. Es ist wie gesagt eine individuelle Entscheidung, aber dennoch würde ich gerne ein paar grundlegende Probleme nennen. Das aktuell wieder mehr in die Bundeswehr investiert wird, sollte sehr beunruhigend sein.
Zahlreiche Kriege und Auseinandersetzungen in der Vergangenheit haben gezeigt, dass dabei nicht nur die "Gegner", sondern auch das eigene Land um Schaden kommen. Allein schon die Ausrüstung kostet Unmengen an Ressourcen und Geld, was der Wirtschaft und Gesellschaft enorm schadet. Der Klimawandel wird dabei völlig außen weg gelassen, die Ressourcenknappheit steht hinten an bei dem Prügeldrang, genauso wie die Inflation.
Stattdessen sollte man Energie und Zeit in die sehr dringenden und realen Probleme im eigenen Land investieren. In der heutigen Gesellschaft fehlt einfach das Wertebewusstsein. Wie erklärt man es sich sonst, dass es vermehrt Obdachlose und Arbeitslose gibt, und gleichzeitig einen riesigen Fachkräftemangel in fast jeder Branche? Die meisten Studiengänge bilden einen nicht mal mehr vernünftig aus. Die Unzufriedenheit in der Bevölkerung wächst, was einen ganz klaren Grund hat. Es wird Zeit, sich endlich um die wichtigen Dinge zu kümmern und sich für Werte wie Frieden, angemessene Bildung und kritisches Denken einzusetzen.
Aber es geht einigen Machthabern eben nur um die Sicherstellung ihrer eigenen Macht. Militarisierung ist nichts Gutes. Verzweifelte junge Menschen (sorry, no front, bin auch verzweifelt haha) werden manipuliert, zu glauben, dass die Bundeswehr heutzutage noch eine Option darstellt, dass sie damit etwas Gutes und Ehrwnwertes für das Land tun können. Klar, es ist komplett eine Welt für sich, man wird ein "harter Mann", es bilden sich starke Freundschaften und ein Gefühl der Relevanz.
Aber wenn du ein Soldat wirst, dann begibst du dich in die Hände des Staates. Es mag für dich wie ein cooles Camp zu erscheinen, wo du dich entfalten kannst. Und vielleicht ist es das auch. Aber du musst bedenken, was du da gerade tust. Selbst wenn du nur als Militärarzt oder Mechantroniker dort einspringst, du unterstützt automatisch das aktive Töten von Menschen. Möchtest du das? Würdest du so weit gehen? Der Name "Wehr" ist nichtmal richtig, denn sobald du zur Waffe greifst und abschießt, hast du geschossen.
Das sind nicht deine Pläne, die du in der Bundeswehr ausführst, sondern die von kranken Menschen die irgendwie eine Führungsrolle bekommen haben und die eigentlich selber Hilfe in ihrem Leben brauchen. Die ganze Brüderlichkeit ist nur dazu da, damit Leute überhaupt noch zur Wehr kommen. Das kannst du auch in jedem Sportteam, einer Band oder so finden, wenn du den Bedarf danach spürst.
Du musst ehrlich darüber nachdenken: Was willst du eigentlich in deinem Leben tun? Du kannst auch bei deinen Hobbys gucken: Was macht dir Spaß? Was ist dir in deinem Leben wichtig? Als Schüler kann die ehrlichste Antwort aus deinem Innersten nicht das Ermorden von Menschen und das Befolgen/Erteilen kopfloser Befehle sein. Du musst auch unterscheiden zwischen deinem Bedürfnis nach Zugehörigkeit und dem, was du wirklich willst. Stell dir einfach mal vor, du wärst allgemein glücklich und optimistisch eingestellt, hättest gute, unterstützende Freunde und die Möglichkeit, alles zu tun, was du willst.
Du hast glaube ich mal erwähnt, dass du überlegt hattest, in den Bereich Gesundheit zu gehen (?) Und als Feldwebel nimmt man ja eine führende, auch lehrende Rolle ein. Du könntest doch zum Beispiel mal überlegen, ob du nicht zum Beispiel Fitness-Coach oder so etwas wie ein Teamleiter in einem Unternehmen werden willst. Oder du könntest auch erstmal überlegen, was für eine Ausbildung sonst für dich infrage käme. Ein paar interessante könnten die zum Notfallsänitäter, Sport- & Fitnesskaufmann oder Sozialmanagement sein. Bei Fachhochschulen könnte man auch in den Bereichen Notfall- und Rettungsmanagement, Public Management oder Sport- und Gesundheitsmanagement gucken.
Ich verstehe, dass du gerade in einer schwierigen Lage steckst. Ich selbst bin 18 und habe letztes Jahr mein Abitur abgeschlossen. Ich habe tatsächlich auch selber Schwierigkeiten damit, jetzt einen Weg zu finden. Aber ich gucke mich einfach noch ein bisschen um, schnuppere gerade in verschiedene Vorlesungen/Kurse rein und nehme mir Zeit, darüber nachzudenken, was für mich stimmiger ist. Es ist echt nicht so leicht, aber ich finde, ich konnte in dieser Zeit schon vieles aussortieren, was ich nicht machen will. Und langsam nähert man sich dann dem an, was einem im Moment am Besten erscheint. Bedenke, dass auch viele noch ein Zweitstudium absolvieren! Nichts ist in Stein gemeißelt, nur weil du es beginnst.
Deine Wahl kann eigentlich ganz banal auch Video Game Development oder so sein, wenn dir das Spaß macht. Aber bitte geh nicht zur Bundeswehr. Da ist sogar die Polizei noch besser (wenn man als Polizist auf die Menschenwürde achtet).
Ich schwinge hier ganz schön lange Reden, aber ich hoffe, du kannst auch für dich etwas dabei mitnehmen. Viele Grüße.