Ich bin für Zoos, schaue ihnen allerdings genau auf die Finger. Ich bin jedoch der Meinung, dass die Diskussionen über Zoos zwischen Befürwortern und Gegnern falsch geführt werden. Und zwar weil die Zoogegner oft nicht objektiv und sachlich, sondern emotionsgeladen oder teilweise sogar aggressiv reagieren. Kritik an Zoos ist vollkommen berechtigt und jeder darf seine eigene Meinung haben. Es gibt viele Zoos, die ihre Tiere scheußlich halten und völlig veraltet sind, aber deshalb alle über einen Kamm zu scheren halte ich für falsch. Meiner Meinung nach informieren sich aber viele Leute sehr einseitig über Zoos und haben deshalb ein falsches Bild von ihnen. Ich liste mal folgend einige Dinge auf, die oft nur sehr einseitig beleuchtet werden.
Tierhaltung
Zoogegner verurteilen für gewöhnlich besonders die Haltung der Tiere in Zoos. Sie argumentieren mit zu kleinen Gehegen, nicht vorhandener Freiheit und Verhaltensanomalien. Geht es nach Tierrechtsorganisationen wie zum Beispiel PETA, kann kein Gehege den Lebensraum der Tiere auch nur im Ansatz nachbilden. Sie bringen Argumente wie „Elefanten wandern in der Natur bis zu 80 Kilometer am Tag“ oder „In der Natur hat das Revier eines Tigers eine Größe von bis zu 100 Quadratkilometern“ und dass die Tiere einen natürlichen Bewegungsdrang haben. Das stimmt auch alles. Allerdings halten Zoos und ihre Befürworter dem das folgende entgegen: dass diese Wanderungen nicht aus Spaß an der Freude geschehen, sondern aus einer Notwendigkeit heraus, zum Beispiel der Nahrungssuche oder der Reproduktion. Elefanten wandern deshalb so weit, weil sie sonst ihre Gebiete kahlfressen würden. Ein weiteres berühmtes Beispiel ist die alljährliche Wanderung zum Okavango-Delta. Unterwegs leiden die Elefanten Durst. Sie müssen diese lange Wanderung auf sich nehmen, um nicht zu verdursten. Und ein Tiger hat so ein großes Revier nicht weil er es will, sondern weil er pro Jahr bis zu 100 große Beutetiere fressen muss, um nicht zu verhungern. Und diese Beute muss erst mal gefunden werden, wozu die Tiere oft viele Kilometer weit streifen müssen. Im Zoo fehlen solche Anreize aber. Tatsächlich haben Beobachtungen in der Natur sogar gezeigt, dass Tiere keine langen Strecken wandern, wenn sie keinen Grund dazu haben. Zoos machen sich dies zunutze. Und was genau bedeutet eigentlich Freiheit? Es bedeutet nicht nur, dass man keine Zäune und Mauern um sich herum hat, sondern auch dass man in seinen Handlungen nicht eingeschränkt ist, sprich: man kann tun und lassen, was immer man will. Genau das ist bei Tieren in freier Wildbahn aber nicht wirklich der Fall aus oben genannten Gründen. Tatsächlich wurde niemals nachgewiesen, ob Tiere überhaupt ein Freiheitsempfinden haben. Was natürlich nicht bedeutet, dass sie keins haben. Aber bewiesen ist es nicht, auch wenn es dank Tierrechtlern gerne anders aussieht. Die meisten Zootiere stammen nicht aus der Wildnis, sondern aus der Zucht in anderen Zoos. Was man nicht kennt, vermisst man auch nicht. Außerdem haben Tiere auch in der Natur ihre festen Orte, wo sie schlafen usw. Und sie haben ihre festen Routinen. Hinzu kommt, dass der Lebensraum der Tiere immer kleiner wird. Ein Eisbär, dem buchstäblich der Lebensraum unter den Füßen wegschmilzt, erlebt keine Freiheit. Ein Löwe, der jagen muss, um zu überleben, erlebt keine Freiheit. Ein Elefant, der Tausende von Kilometern wandern muss, um nicht zu verdursten, erlebt keine Freiheit. Laut PETA gehen Primatologen, also Affenforscher, davon aus, dass Menschenaffen zwischen Freiheit und Gefangenschaft unterscheiden können, dies ist aber bloß eine Vermutung. Bei anderen hochintelligenten Säugetieren wie den Delfinen bezweifelt man es eher. Hinzu kommt, dass es Hinweise darauf gibt, dass die Tiere in Zoos ihr Leben dort nicht als Gefangenschaft wahrnehmen. Dazu sei der folgende Link ans Herz gelegt https://zoos.media/medien-echo/zoo-tiere-gefangenschaft/ Man setzt in Zoos statt auf Quantität auf Qualität. In modernen Zoos bekommen die Tiere weitläufige und abwechslungsreiche Gehege. Ein gutes Beispiel ist da der Opel-Zoo. Zudem hat jedes Tier nicht nur artspezifische, sondern auch individuelle Bedürfnisse, was berücksichtigt wird. Aber was ist mit den Verhaltensanomalien wie dem Wippen bei Elefanten, dem Kacke fressen bei Schimpansen oder dem Kreiswandern bei Raubkatzen? Diese ist laut PETA ein Resultat der Tierhaltung in Zoos. In vielen Zoos kommen solche Anomalien auch vor. Aber dies liegt meist an zu kleinen Gehegen in schlechten Zoos. In größeren Zoos mit größeren Gehegen hingegen merkt man Tieren oft an, dass sie sich wohlfühlen. Verhaltensgestörte oder leidende Tiere würden wohl kaum verspielt umher tollen und anderes. Zum Thema Verhaltensstörungen verlinke ich mal das hier (leider auf Englisch) https://zoospensefull.com/2020/09/14/working-through-stereotypic-behaviour/. Viele Zoogegner meinen zudem, dass Tiere, zum Beispiel Affen, traurig gucken. Das ist aber nur dem Schein nach so und ist eine Schlussfolgerung, die aus einer Vermenschlichung der Tiere herrührt. Affen haben nämlich nicht ganz dieselbe Mimik wie wir Menschen. Der Mensch kommuniziert viel über das Weiße in seinen Augen. Er kommuniziert viel über seine Blickrichtung und teilt so auch seine Stimmung mit. Ein gesenkter Blick zum Beispiel verrät oft, dass wir traurig und so sind. Bei Affen ist es aber anders. Sie, die viel weniger Augenweiß haben, kommunizieren zwar auch über die Blickrichtung, wollen damit aber vermutlich keine Gefühle mitteilen, sondern dem Gegenüber Informationen mitteilen, so wie: „Guck mal, da ist was!“ Ihre Gefühle teilen beispielsweise Schimpansen eher mit dem Maul mit. So bedeutet ein aufgerissenes Maul beispielsweise Wut, Aggression. Kommunikation über die Augen spielt bei Menschenaffen nur eine untergeordnete Rolle. Wenn also einer „traurig guckt“, dann beobachtet er wahrscheinlich in Wahrheit etwas oder hat was entdeckt. Die folgenden Links liefern Interessantes zu diesem Thema: https://zoos.media/medien-echo/was-uns-die-augen-von-menschenaffen-ueber-sie-sagen-koennen-und-was-nicht/ https://www.wissenschaft.de/gesellschaft-psychologie/kontrast-in-den-augen-vielsagende-blicke/. Nichtsdestotrotz können Tiere im Zoo auch leiden, denn Zoo ist nicht gleich Zoo. Man sollte nur einfach nicht pauschalisieren. Und nur weil ein Tier nicht leidet, heißt das nicht, dass das andere auch nicht leidet. Und viele Zoos sind schrecklich, zum Beispiel meiner Meinung nach der Pata-Zoo in Thailand. Kritisieren tue ich auch den Einsatz von Elefantenhaken und die Tötung überschüssiger Jungtiere. Da muss ich den Zoogegnern recht geben! Aber nicht jeder Zoo macht so was.
Expertenmeinungen
Auf beiden Seiten beruft man sich oft auf die Aussagen von Experten. Zoogegner berufen sich oft auf Experten wie zum Beispiel die ganzen Fachreferenten von PETA oder Robert Marc Lehmann. Robert Marc Lehmann ist da durchaus ein interessanter Kerl. Er ist definitiv jemand mit Fachwissen und Expertise. Er hat über 120 Länder bereist und engagiert sich als Tierfilmer, Forschungstaucher, Meeresbiologe und Tierforscher leidenschaftlich im Artenschutz. Und er hat selber mal in einem Aquarium gearbeitet, nämlich war er Abteilungsleiter für Aquarien im Ozeaneum Stralsund. Er hat in dessen Auftrag viele Fische für die Ausstellung dort eingefangen und für den Artenschutz. Später hinterfragte er dies allerdings und wandelte seine Sicht darauf radikal. Heute erkennt er zwar an, dass Zoos Arten vor dem Aussterben gerettet haben, ist aber selber gegen Zoos und beruft sich dabei auf seine Erfahrungen als ehemaliger Abteilungsleiter, sowie auf Studien. Er hat eine riesige Reichweite, weil er berühmt ist. Auf ihn berufen sich sehr viele Zoogegner. Was auch legitim und deren gutes Recht ist. Es sollte aber das folgende beachtet werden: Er ist nicht der einzige Meeresbiologe auf der Welt, nicht der einzige Artenschützer, nicht der einzige, der mal in so was gearbeitet hat, nicht der einzige Taucher und er ist auch nicht der einzige Tierexperte. Es gibt Millionen andere wie ihn und hinzu kommt, dass viele Zoodirektoren selber Tierforscher, Tierärzte, Artenschützer und so sind. Viele Experten sehen es anders als er. Beispiele dazu sind lebende wie beispielsweise Theo Pagel (Direktor des Kölner Zoos), Manfred Niekisch (ehemaliger Leiter des Frankfurter Zoos) und verstorbene wie der „Crocodile Hunter“ Steve Irwin (seine Familie betreibt den Australia Zoo) und der legendäre Bernhard Grzimek, der auch mal den Frankfurter Zoo geleitet hat. Die sind allesamt anderer Meinung als RML. Auch die Experten des WWF sind der Ansicht, dass Zoos zum Artenschutz großes zum beitragen können und befürworten sie daher. Dies zeigt der folgende Link https://www.wwf.de/spenden-helfen/wwf-zoo-kooperationen/interview-zoos-koennen-wichtigen-beitrag-zum-artenschutz-leisten. Robert Marc Lehmann hat beispielsweise auch in einer Talkshow, nämlich 3 nach 9, behauptet, Studien würden besagen, dass Kinder im Durchschnitt dümmer aus Zoos rausgehen würden als wenn sie reingehen. Diese Studie wird es wohl geben, denn er denkt sich das wohl kaum aus. Es gibt allerdings auch Studien, deren Ergebnis anders aussieht. Im Wikipedia-Artikel über Zoos sind diese Studien gelistet. https://de.m.wikipedia.org/wiki/Zoo. Zudem macht Robert Marc Lehmann teils widersprüchliche Angaben, wie in seinem hier thematisierten Video ersichtlich: https://zoos.media/medien-echo/robert-marc-lehmann-leiter-aquarium-europa-groesstes/. Ich zweifle nicht an seiner Expertise für Tiere und Artenschutz aber er wirkt jedenfalls für mich nicht so ganz glaubwürdig. Und nur weil ein Experte sich gegen Zoos ausspricht, heißt das nicht, dass alle Experten Zoos verurteilen. Das gilt auch für die Fachreferenden von PETA. Ebenso ist die Berichterstattung von PETA und RML eher einseitig in meinen Augen, da, so jedenfalls mein Kenntnisstand, immer nur unabhängige Studien herangezogen werden, die deren Bild von Zoos entsprechen, anstatt auch jene unabhängigen Studien mit anderem Ergebnis zu berücksichtigen. Sollte ich falsch liegen, so bitte ich um Entschuldigung. Für eine objektive Sichtweise sollte man in meinen Augen Experten von beiden Seiten heranziehen. Ich zum Beispiel lese mir auch die Argumente von PETA durch und schaue RML, obwohl ich ein Zoobefürworter bin. Ich sag ja auch nicht einfach: „Zoos, Friede, Freude, Eierkuchen.“ Ich hinterfrage immer.
Artenschutz
Zoogegner behaupten oft, Zoos würden nur einen lächerlich kleinen Beitrag zum Artenschutz leisten und man solle lieber in den Artenschutz vor Ort und den Kampf gegen Wilderei investieren. Auf manchen Zoo mag das auch zutreffen, denn es gibt meines Wissens nach durchaus Zoos, die sich in erster Linie um den eigenen Profit sorgen. So eine Einstellung soll glaub ich ein ehemaliger Leiter des Tierparks Berlin oder des Zoos Berlin oder so gehabt haben, ich bin aber nicht mehr sicher. Solche Zoos verurteile ich auch. Aber man sollte da auch nicht pauschalisieren. Zoos haben in Sachen Artenschutz durchaus viel erreicht. Ganze Tierarten wie der Wisent, der Waldrapp, der mesopotamische Damhirsch, die Socorrotaube, die Mhorrgazelle, der Bartgeier und das goldgelbe Löwenäffchen haben nur dank Zoos überlebt. Zoos setzen sich an vielen Orten auf der Welt für den Artenschutz und den Erhalt der Biodiversität ein. Der Frankfurter Zoo zum Beispiel engagiert sich mit der Naturschutz-Organisation ZGF im Wildreservat Bukit Tigapuluh für Orang-Utans auf Sumatra und hat erfolgreich Nashörner, Gazellen, Bartgeier und weitere Arten ausgewildert. Der Opel-Zoo hat Wildkatzen ausgewildert meiner Wissens nach und auch mesopotamische Damhirsche und so. Bernhard Grzimek hat als Artenschutz-Koryphäe beispielsweise auch zur Errichtung des Serengeti-Nationalparks maßgeblich beigetragen. Theo Pagel, der Kölner Zoodirektor, ist ebenfalls ein versierter Artenschützer. Der Wikipedia-Artikel über ihn veranschaulicht dies: https://de.m.wikipedia.org/wiki/Theo_Pagel. Sogar für die IUCN ist er tätig. Sein Zoo ist weltweit im Artenschutz tätig. Im Wikipedia-Artikel über den Kölner Zoo ist das beschrieben. Laut Tierrechtlern sei echter Artenschutz nur das Schützen von Tieren in der freien Natur. Das Lexikon der Biologie definiert Artenschutz aber als alle Maßnahmen in situ (in der Wildnis), also Reservate und so weiter, und ex situ (also außerhalb der Wildnis), wie Genbanken und Zoos, die zum Erhalt einer Art beitragen können. Zoos können natürlich nicht so viele Arten retten wie bereits ausgestorben sind, können aber zum Erhalt der Artenvielfalt beitragen. Selbst Tierarten, die nicht bedroht sind, können so vorsorglich geschützt werden und für den Fall der Fälle hat man sogar Reserve-Populationen. Ob Großkatzen und andere ausgewildert werden können, da scheiden sich die Geister. Einige sind der Meinung, dass es nicht geht, während der VDZ dies anders sieht: https://www.vdz-zoos.org/aktuelles/nachrichten-des-vdz/internationaler-artenschutztag-grosskatzen. Eisbären konnten, wie Tierrechtler anmerken, bislang nicht ausgewildert werden. Das heißt aber nicht, dass es niemals so sein wird und Zoos kümmern sich trotzdem um sie. Ähnlich wie der Bildungsauftrag und die Tierhaltung ist der Beitrag der Zoos zum Artenschutz unter Fachleuten umstritten. Aber für mich scheint er beachtlich. Das muss aber jeder für sich selbst wissen. Einige sind auch der Meinung, dass die Anzahl der Rettungen von Tierarten in keinem Verhältnis zur Aussterberate stehe. Aber ich denke, das trifft nicht nur aus Zoos zu und Zoos haben da einiges geleistet. Da muss sich jeder ein eigenes Bild machen.
Mein Fazit: Man sollte sich objektiv informieren und beide Seiten zu Wort kommen lassen. Ich gebe hier meine Sicht der Dinge wider und rate dazu, in Diskussionen freundlich und sachlich zu bleiben, statt emotional und fies zu werden. Und ich befürworte, dass es Zoos gibt, rate aber dazu, immer zu hinterfragen und sich ne eigene Meinung zu bilden. Im Großen und Ganzen bin ich Pro Zoo, kann aber durchaus auch Zoogegner oft verstehen.