Hi joelgo2,
... eine Notrufbegleitung, bis zur Übergabe an den Helfer vor Ort ... DAS!!, ja das wäre absolut optimal für das gesamte Sicherheits-, Rettungs- und Brandschutzwesen hier in diesem Lande.
Doch die Realität sieht bedauerlicherweise in Deutschland sehr mies aus.
Viele Bundesländer gehen, aus Kostenersparnisgründen immer mehr dazu über, mehrere Notrufannahmestellen in regionaler Nachbarschaft aufzulösen, und zu einer zentralen Leitstelle zu integrieren, ohne dabei auch den notwendigen Personalbestand entsprechend anzugleichen. Beispiel ... wo früher für 10 Ortsvorwahlen 3-5 Annahmestellen (a' 2 Personen rund um die Uhr) vorhanden waren, wird dies heute mit EINER Leitstelle (max. 4 Personen rund um die Uhr) bewältigt. Und die "Notrufe" sind seid früher beileibe nicht weniger geworden (Stichwort Handy).
Jeder Mensch in Deutschland sollte eigentlich die Notrufnummern 110 (Polizei) oder 112 (Rettungs-/Brandschutzdienst) und deren Bedeutung kennen. Doch auch hier ... entfernt sich der Wunschgedanke sehr weit von der bundesdeutschen Realität. Die Notrufnummern "verkommen" immer mehr zu einer "Ich hab da mal ne Frage"-Hotline. Vermutlich weil das Anspruchdenken des Einzelnen immer mehr in den egoistischen Vordergrund rückt, getreu dem Motto ... "Dafür seid ihr doch da! Ich kann und will das nicht, ihr müßt das machen!" Eine neuzeitliche Unselbständigkeit und Bequemlichkeit, die meistens vor der eigenen Courage und der eigenen Aktivität vorgeschoben wird.
Aus eigener Erfahrung läßt sich für den Polizeibereich z. Bsp. sagen, dass in einem 12 Stundenschichtdienst auf einer mit vier Arbeitsplätzen besetzten kleinen hessischen Leitstelle der Polizei die Notrufnummer 110 pro Stunde bis zu 10 x pro Arbeitsplatz klingeln kann (manchmal weniger, manchmal mehr). Das sind durchschnittlich 40 Notrufe pro Stunde und 480 pro Schicht. Von diesen 480 Notrufen sind höchstens 10 Notrufe, "echte Notrufe für die Polizei" und verlangen höchste Konzentration und professionelle polizeiliche Unterstützung (z. Bsp. ich verfolge grade einen Einbrecher, einen Ladendieb, einen Schläger, einen Taschendieb; oder ich sehe grade jemanden einbrechen, eine Oma berauben; oder es ruft jemand an, der beabsichtigt, von der Brücke zu springen, usw.). Eine weitere Vielzahl von Notrufen über die 110 lassen sich aufteilen in medizinische Notfälle, die dann sofort an die Rettungsleitstelle weitergeleitet werden und somit eine Notrufleitung der Polizei kurzfristig "bockieren". Einige Notrufe lassen sich aufteilen in allgemeine Anfragen im polizeilichen oder zivilen Bereich (z. Bsp. sind meine Hühnereier von der Dioxinsache auch betroffen?, usw.). Diese werden mit dem Hinweis, dass dies keine Notfallmeldung ist, und es andere Stellen gibt, die hierüber Auskunft geben können, sofort beendet. Ein nicht unerheblicher Anteil der Notrufe sind Spass- und Testanrufe, die in "vorsätzlichen Fällen" immer angezeigt werden, und deren Anrufer mit einer Geldstrafe rechnen kann.
Jedes Notrufklingeln muss und wird von den Mitarbeitern in einer Leitstelle als "immer ernst" eingestuft. Die damit verbundene Kommunikation mit dem Notrufteilnehmer ist aufgrund der "zu erwartenen Masse an Notrufmeldungen" deshalb in der Regel auf ein notwendiges Abfragemaß (die wichtigen W's, siehe z. Bsp. http://www.muenchen.de/Stadtleben/Gesundheit_Umwelt/notrufsammlung/162145/index.html#richtig) beschränkt, weil es ja meistens zeitgleich auf einem weiteren Apparat klingeln kann. Rein vom gesamten Ablauf läßt sich daher sagen, dass für eine "Notrufbegleitung" einfach das hierzu erforderliche Personal fehlt, selten am Willen der einzelnen Menschen auf der Leitstelle, die den Notruf entgegennehmen.
Eine weitere Frage bei der "Notrufbegleitung" stelle ich mir hier besonders ... wie ist das Verhalten des Disponenten straf- und zivilrechtlich zu bewerten, wenn er unbewußt oder fahrlässig falsche Handlungs-/Anweisungen an den "unbedarften Menschen am anderen Ende" gibt, und der Notfallpatient stirbt vor Eintreffen des Rettungsdienstes. Für den Tod eines Menschen evtl. mitverantwortlich zu sein ... diese Erfahrung möchte ich weder erleben, noch jemanden wünschen.
Natürlich ... es macht auch mich nachdenklich, dass die völlig überforderte Mutter den Tod ihres Mannes hautnah miterleben mußte und bedauerlicherweise nicht "begleitet" wurde. Doch verstehe es nicht falsch, und ohne diesen Anruf zu bewerten ... in einem solchen "begleitenden Notruf" brauchst Du zwei Disponenten. Einer, der das Gespräch führt, der andere, der im Hintergrund den Rettungsdienst beauftragt, die ersten medizinischen Erkenntnisse mitteilt, gegebenenfalls nachschauen muss, wo der nächste Notarzt aktiviert werden kann, welches Krankenhaus für eine Überstellung gegebenenfalls in Frage kommt, usw. usw. Desweiteren braucht der "begleitende" Disponent am Telefon vielleicht die eine oder andere zeichensprachliche "Unterstützung medizinischerer Tipps", weil deren Suche nach einer Lösung/Antwort im Handbuch oder Internet, oder den eigenen Gehirnwindungen sich momentan als schwierig erweisen kann.
Vielleicht konnte ich Dir mit meiner Antwort ein wenig Einblick verschaffen in den Aufgabenbereich einer Notrufannahmestelle. Sicherlich kann dies woanders anders sein, als wie von mir geschildert. Aber diese wenigen Fälle werden auch bald alle zentralisiert sein ... Dank einer Politik, die sich der Globalität und der Kostenreduzierung verschrieben hat und auch künftig verschreiben wird, um damit den sicherheits-, rettungs- und branschutzrelevanten Dienstleistungsbereich auf ein Optimum zu straffen. Wer hier am Ende auf der Strecke bleibt ... ist immer der Mensch, der in seiner Not die Notrufnummer wählt.
IdS
MrDirekt