Guten Abend,
ich selbst bin in früher Jugend mit Soziopathie diagnostiziert worden. Ich muss zugeben, dass ich mich durchgehend in meiner Jugend nie verliebt habe und auch niemandem sagen wollte/konnte, dass ich ihn liebe, nicht einmal meiner Mutter, weil es eben auch nicht wahr war und ich keine Lust dazu hatte, ihr jedes Mal etwas vorzuspielen. Dennoch bin ich momentan in einer glücklichen Beziehung in der ich definitiv sagen würde, dass ich mein Gegenüber ernsthaft liebe. Ob ich das auch immer so zeigen kann ist eine andere Frage, aber generell würde ich sagen führen wir eine normale und sehr innige Beziehung.
Ich gebe zu, dass ich in der Theorie keine Hemmungen hätte einen Partner zu betrügen, aber wenn ich mich für etwas, in diesem Falle für jemanden, entschieden habe, dann bleibt es dabei auch, ich kann nicht auf mehreren Hochzeiten gleichzeitig tanzen. Außerdem sehe ich eine Zukunft mit dieser Person, Affären einzugehen wäre also zeitintensiv, unfair und unnötig, wenn ich doch so schon mehr habe als ich mir eigentlich erträumt hätte.
Jeder Mensch liebt natürlich individuell, jeder hat eine eigene Vorstellung wie man anderen Menschen gegenüber seine Liebe ausdrückt, für manche mag es beispielsweise eher körperlich sein, andere bevorzugen emotionale Nähe oder etwas ganz anderes. Daher könnte man sich jetzt fragen, ob mein Verständnis von Liebe mit dem Standard der Gesellschaft übereinstimmt. Innerhalb der Beziehung war es mir jedoch von Anfang an wichtig genau darüber erst einmal zu sprechen. Ich habe zwar kein Problem damit anderen vor den Kopf zu stoßen, jedoch besitze ich genug Vernunft um klar zu verstehen, dass irgendwo die Grenze ist und der Spaß dort aufhört. Mal hier und da nicht immer die Wahrheit zu sagen, andere abblitzen lassen wenn sie mir zu aufdringlich werden oder andere zu hintergehen sind die einen Dinge, aber mit wahren Gefühlen spielt man nicht. Ich bin nicht stolz auf die Dinge die ich dem ein oder anderen wahrscheinlich schon angetan habe, keine Frage, aber ein schlechtes Gewissen habe ich trotzdem nicht.
Gegenüber meinem Partner bin ich jedoch, meiner Meinung nach, sehr verständnisvoll und unterstützte diesen wo es eben geht. Dass das manchmal anstrengend ist bleibt dabei nicht aus. Natürlich ist dies auch in anderen "normalen" Beziehungen so, aber manchmal fällt es mir alleine schon schwer den typischen Smalltalk zu führen. Gerade wenn ich eigentlich meine Ruhe haben möchte und für 5 Minuten mal nichts mit anderen Menschen zu tun haben will. Man findet jedoch auch dafür wie in jeder anderen Beziehung Kompromisse und Lösungen, schließlich habe ich bereits recht früh mitgeteilt, dass ich klare soziopathische Tendenzen zeige und diese, selbst wenn ich das wollte, auch nicht abstellen könnte.
Generell kann ich hier ja nur für mich und meine Erfahrungen sprechen, andere Soziopathen sind wohlmöglich nicht in der Lage ernsthafte Beziehungen zu führen. Persönlich würde ich sagen, dass ich mich selbst recht gut unter Kontrolle habe, wer dies nicht hat, geht eventuell fremd oder weist den Partner ab. Gefühle überhaupt erst einmal zuzulassen und diese quasi kennenzulernen war für mich der größte Aufwand, ich spreche meinem Partner dort den höchsten Respekt zu, dass dieser Geduld mit mir hatte und mich nicht fallen lassen hat, einfach war es mit Sicherheit nicht.
Zusammenfassend würde ich eine solche Beziehung niemals als unmöglich oder unliebevoll bezeichnen, aber es ist verdammt anstrengend. Für beide Seiten.
Lg, JakeJoker