Ich denke, an dieser Entwicklung ist auch der Staat selbst teilweise Schuld. Immer mehr Menschen haben heute den Eindruck, Demokratie bestünde darin, alle vier Jahre ein Kreuz auf einen Zettel zu malen und Menschen für Wahlversprechen zu wählen, die kurze Zeit später schon niemanden mehr interessieren.
Man kann sich nicht ewig auf dem Modell von 1949 ausruhen, die Demokratie muss sich weiterentwickeln. Ein erstes Beispiel, wie so etwas aussehen könnte, gab es während der Wendezeit in der DDR und im Ostblock generell, als sich z.B. mit den "Runden Tischen" so etwas wie basisdemokratische Strukturen zu entwickeln begannen. Politiker und ganz normale Bürger, Vereins-, Gewerkschafts- und Kirchenmitglieder setzten sich zusammen und diskutierten über die lokale Politik und sogar über Verfassungsreformen.
Heute hat man bisweilen den Eindruck, man habe es mit einer Aristokraten-Demokratie zu tun, die ein Stück weit "von oben herunter" zu regieren versucht.
Gleichzeitig muss man in Zeiten der Polarisierung und des Populismus auch aufpassen, die Bühne nicht allzu sehr in die Hände extremistischer Elemente zu geben.
Sicher ist: die Demokratie steht auch heute vor Herausforderungen, und sie muss einmal mehr unter Beweis stellen, ob sie auch im 21. Jahrhundert das "am wenigsten schlechte" (Winston Churchill) Regierungssystem für uns ist.