Da kann ich eine Geschichte erzählen von einer Novembernacht vor ein paar Jahren. Es kommt keine Fahne vor, aber als Antwort auf Deine Frage beleuchtet es doch eine Facette der Sache:
Auf dem Rådhusplads in Kopenhagen stand ich einmal spätabends am Eingang zum Strøg vor einem Pølserwagen im Gespräch mit einem dän. Bekannten (einem Lehrer) und dem schwarzafrikanischen Wurstverkäufer. Vom Strøg her kam ein Student hermarschiert, rechts und links zwei junge Frauen untergehakt, der Junge im weißen Jackett ohne Jacke oder Mantel, obwohl es eine recht kalte Nacht war. Er kaufte mit weltmännischer Geste eine klassische Røde Pølse und eine Schokomilch, die er in einem Zug hinunterstürzte. Während er danach die Wurst aß, deutete er mit dem Hals der leeren Schokomilchflasche auf die Girls und sagte kauend zu meinem Bekannten, dem Wurstmann und mir: „Die zwei hier verzehren nichts, die koksen lieber“. Alle lachten. Der Student wirkte angetrunken, die Erklärung lieferte er selbst: erst waren sie im Kino und dann in einer Bar. „Wo seid ihr her?“ fragte er uns. „Aus Jütland“, behauptete mein Bekannter aus Jux, obwohl der Lehrer Erz-Kopenhagener ist, und ich zeigte, als der Student ihn begriffsstutzig anschaute, auf die Leuchtreklame der Zeitung JYLLANDS-Posten hoch an der Hausfaçade über und und sagte: „Von da“.
„Jütland — da war ich noch nie!“ war die Antwort. Und zu den Mädchen großspurig: „Jütland, kennt ihr das?“ Und er fügte, an mich gerichtet, hinzu: „Und du bist aus Deutschland! Wir Dänen“, dozierte er, „ sind …“ - jetzt wandte er sich an meinen Bekannten: „Jütländer, pass auf, da lernst Du was! … Wir Dänen sind zwar ein komisches Volk, essen rotgefärbte Wurst und trinken kalten Kakao dazu …“ - „Ja, du!“ lachte eins der Mädchen, das sich inzwischen eine Zugarette angesteckt hatte - „Aber“, fuhr er fort, „bei uns, angefangen mit den Frauen, ist alles schöner, besser und größer als in Deutschland!“
Der Lehrer grummelte trocken in seinen Bart: „Ja, und am allergrößten ist unser Minderwertigkeitskomplex“.
Der Student hakte die beiden Damen unter und zog über den Platz in Richtung Tivoli und Hauptbahnhof ab. Er drehte sich nochmal um und winkte uns zu:
“Grüß mir die deutschen Frauen!“ Dann fing er laut das Fleetwood-Mac-Lied an zu singen: „Black Magic Woman, I got a black Magic Woman …“
Der Schwarze in der Wurstbude grinste: „Crazy“.