Wo ist denn deiner Meinung nach der Unterschied zwischen Sprachwandel und Sprachverrohung?
Also in einigen Beispielen hier fällt mir auf, dass "unnötige" (weil ohnehin leicht hinzudenkbare) Wörter weggelassen wurden:
"Lass(t) (uns) ma(l) (in) (die) Stadt gehen"
"Ich war (in) (der) Schule gestern"
"(Es) läuft bei dir" (Gerade in diesem Fall ist es sogar sinnvoll, das Subjekt wegzulassen. So wird ausgedrückt, dass es allgemein bei dem Angesprochenen "läuft", er also ganz allgemein auf dem richtigen Pfad unterwegs ist...).
----> Man kann das einerseits als Verrohung bewerten, aber erst einmal ist es ja nur eine recht ökonomische Verkürzung der Sätze, was ich vor dem Hintergrund, dass die Sätze verständlich bleiben und auch ohne Präpositionen und Objekte immer noch alle wichtigen Nuancen abdecken, erstmal nicht negativ finde.
Im Falle von "Isso, Alter!" handelt es sich einfach nur um eine Bekräftigung der Aussage "Isso, Alter!" = "Du, wirklich!".
Also in diesen Fällen und in den Fällen von "Ich schieb' voll den Hunger" oder "Musst du Knopf drücken" sehe ich eher einen Sprachwandel und nicht unbedingt eine Sprachverrohung, weil aus meiner Sicht zwischen "Ich schieb' voll den Hunger" und "Ich bin sehr hungrig"/"Ich habe großen Hunger" keine Bedeutungsnuancen verloren gehen..... Lediglich die Formulierung "Hunger SCHIEBEN" bewertest du als negativ und deswegen bist du der Meinung, es handle sich um eine Verrohung - oder?
Viel Spaß beim Googlen von "Gammelfleischparty", "Spargeltarzan" und "Alpha-Kevin". Das sind aus meiner Sicht ziemlich witzige Neologismen, wofür man der Jugendsprache eigentlich sogar dankbar sein kann.
Ich spreche mich somit also gegen deine Unterstellung aus, Jugendsprache sei eine Verrohung der Standardsprache.
Und nun zur Standardsprache: In der Regel können Sprecher von Jugendsprache bei Bedarf (also Schule, Uni, Ausbildung, Vorgesetzte, wichtige Briefe und Mails, Bewerbungen, etc.) in die "akzeptierte" Standardsprache wechseln (der linguistische Fachbegriff dafür ist codeswitching....). Ich kann das zum Beispiel auch ganz gut und auch die meisten Leute, mit denen ich befreundet bin (deswegen schreibe ich hier ja auch so wie ich schreibe - und nicht etwa anders... denn mir ist ja bekannt, wie dein Verhältnis zur Jugendsprache ist.... ;-) ).
Wichtig ist aber trotzdem, dass wir kein sprachliches Auseinanderbrechen der Gesellschaft haben (-> also dass dann zwei Gruppen von Sprechern entstehen würden - die "Standarddeutschsprecher" und die "Kiezdeutschsprecher"). Aber wenn eine Gesellschaft auseinanderbricht, liegt das - denke ich - nicht vorwiegend an der Sprache/am Soziolekt.
Also ich finde das Phänomen jetzt nicht so erschreckend (mag aber auch an meinem Alter - 20 - liegen....). Und was richtig und falsch ist, ist ja auch immer Konvention.